Herne. . Auch Herner Tankstellenpächter werden zu Supermarktbetreibern: Ein Besuch an der Aral-Station an der Holsterhauser Straße in Herne.
- An vielen Aral-Tankstellen in Deutschland werden nun kleine Supermärkte „Rewe to go“ aufgebaut
- Damit werden Tankstellenpächter auch zu Supermarktbetreibern, die frische Produkte im Angebot haben
- Größte Herausforderung sei nun die tägliche Kontrolle des Mindesthaltbarkeitsdatums, sagt ein Pächter
Das war früher ein beliebter Beitrag in den Medien - auch für die Herner WAZ-Redaktion: Kann man sich an einer Tankstelle auf die Schnelle ein Festtagsmahl - sei es zu Weihnachten oder Ostern - zusammenstellen? Das Ergebnis war meist Konservenkost. Das hat sich deutlich geändert. Ein Grund ist das Supermarkt-Konzept, das Aral, der deutsche Tankstellen-Marktführer, gemeinsam mit dem Handelsriesen Rewe auf den Weg gebracht hat: Rewe to go. Auch an der Station an der Holsterhauser Straße - gegenüber der Gräffstraße - wird diese ungewöhnliche Kombination seit einigen Wochen angeboten.
Bei näherer Betrachtung ist diese Symbiose gar nicht so ungewöhnlich: Allein vom Verkauf von Kraftstoffen könnten Tankstellen schon seit Jahren nicht mehr leben. Dazu sind die Margen viel zu gering. Deshalb haben sie die Stationen längst zu einer Art Gemischtwarenladen gewandelt. Neben Getränken und Snacks sind Autozubehör, eine große Auswahl Zeitschriften - und einige Lebensmittel im Angebot.
Doch gerade das Geschäft mit den Lebensmitteln ist unter Druck geraten, seit die Ladenöffnungszeiten ausgeweitet wurden und Lebensmittelmärkte bis 22 Uhr geöffnet haben. Außerdem hätten die Menschen immer weniger Zeit, sagte Rainer Kraus, der bei Aral für das sogenannte Convenience verantwortlich ist, bereits im vergangenen Jahr im Gespräch mit der WAZ. Sie planten ihren Einkauf nicht mehr für die ganze Woche, sondern tendierten zum bedarfsgerechten Einkauf für das Abendessen.
„Heiße Theke“ wurde aufgebaut
Dirk Schulz, Pächter der Tankstelle an der Holsterhauser Straße, hat mit der Umstellung quasi eine zweite Aufgabe übernommen: Der 52-Jährige ist nun auch Supermarktbetreiber. Weit über 1000 Produkte stehen nun in den Regalen, dafür habe anderes weichen müssen, die Zeitschriftenauswahl habe er beispielsweise reduziert, berichtet er. Mit der Umstellung finden Kunden nun frisches Obst, frische Salate, Nudeln sowie die dazu passenden Soßen. In einer Kühltheke lagert frisches Hackfleisch, auch Hygieneartikel gehören zum Sortiment. Komplett neu ist eine „heiße Theke“, in der unter anderem Fleischkäse und Minutenschnitzel angeboten werden. Und die Sushi-Päckchen seien ab dem ersten Tag gefragt. Man stellt fest: Ein „Feststagsmenü von der Tanke“ käme nicht mehr aus Dosen.
„Wir mussten sehr viel lernen“, beschreibt Schulz die Umstellung. Die größte Herausforderung sei nun die tägliche Kontrolle des Mindesthaltbarkeitsdatums. Das sei bei dem alten Sortiment mehr oder weniger zu vernachlässigen gewesen, nun gebe es Artikel, die drei Tage haltbar sind. Die Preisgestaltung liegen in Schulz’ eigener Verantwortung. Er habe sich andere Lebensmittelhändler, aber auch Tankstellen angesehen - und die Preise nun in einer Spanne zwischen einem großen Rewe und Tankstellenpreisen angesiedelt.
Positives Fazit nach zwei Monaten
Nach mehr als zwei Monaten zieht Dirk Schulz ein positives Fazit. Die Nachfrage steige, mit den höheren Temperaturen laufe auch Grillgut sehr gut. Er stelle fest, dass die Kunden gerade auch die Abendstunden nutzten für ihren Einkauf. Es gebe inzwischen sogar Stammkunden, die bei ihm vorbeischauten, statt zum großen Lebensmittelmarkt zu fahren. Schulz hat den Vorteil, dass sich in unmittelbarer Nähe keinen Mitbewerber befindet. So hat er teilweise die Funktion des Nahversorgers übernommen.
>> WEITERE INFORMATIONEN: Rewe to go
Aral will bundesweit rund 1000 Stationen mit Rewe-to-go-Filialen ausstatten. Im Durchschnitt umfasst das Sortiment 1400 Artikel – große Rewe-Standorte haben bis zu 50 000 Produkte.
Die Verkaufsfläche für Rewe to go beträgt 95 Quadratmeter. Die Tankstelle an der Holsterhauser Straße ist die einzige mit diesem Konzept in Herne, weil sie den Größenanforderungen entspricht.