Wie sicher ist Afghanistan? Über diese Frage, die durch die Abschiebungen von afghanischen Asylbewerbern in die Schlagzeilen gekommen ist, informierte Friederike Stahlmann vom Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung am Freitagabend in einem kenntnisreichen Vortrag im Stadtteilzentrum Pluto in Wanne. Gastgeber war das Eine-Welt-Zentrum.

Wie sicher ist Afghanistan? Über diese Frage, die durch die Abschiebungen von afghanischen Asylbewerbern in die Schlagzeilen gekommen ist, informierte Friederike Stahlmann vom Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung am Freitagabend in einem kenntnisreichen Vortrag im Stadtteilzentrum Pluto in Wanne. Gastgeber war das Eine-Welt-Zentrum.

Friederike Stahlmann hat in Afghanistan geforscht und ist mit der Situation vor Ort vertraut. Nach einem Abriss über die Entwicklung des Kriegsgeschehens in Afghanistan seit Ende der 70er-Jahre schilderte sie in einem flammenden Appell für Menschenrechte die Probleme, mit denen abgeschobene Asylbewerber nach ihrer Rückkehr konfrontiert sind.

Alte Machtstrukturen

Ein Kernproblem ist nach Stahlmanns Erkenntnissen die Tatsache, dass nach dem Sturz des Talibanregimes 2001 die Parteiführer der Bürgerkriegszeit der 1990er-Jahre in Regierungsämter der neuen islamischen Republik Afghanistan gelangten. So blieben alte Machtstrukturen erhalten. Nach dem Abzug der UN-Truppen sind die Taliban zurückgekehrt und kontrollieren weite Teile des Landes, die Regierung ist kaum handlungsfähig, und staatliche Strukturen und Polizei genießen aufgrund von Korruption wenig Vertrauen in der Bevölkerung. Diese Korruption ist aber auch eine Folge von Erpressungen, denen sich Amtsträger, Polizisten und ganz normale Leute ausgesetzt sehen. „Wenn du Angst hast, dass dein Kind entführt wird, kooperierst du eben mit den Taliban,“ kommentiert Stahlmann die Problematik.

Abgeschobene Asylbewerber treffen also auf keine staatlichen Strukturen, die ihnen bei einem Neuanfang helfen könnten, sondern bringen durch ihre Rückkehr ihre Familien in Gefahr, als Kollaborateure von Landesflüchtigen selbst zur Zielscheibe zu werden. Und durch die Terrorattacken der Taliban auf Alltagsziele wie Märkte, Schulen, Bushaltestellen und Krankenhäuser sei die Angst allgegenwärtig.

Taliban als letzter Ausweg

Die Arbeitslosigkeit ist hoch, Wohnraum und medizinische Versorgung sind fast unerschwinglich, ebenso der Kauf von Land für eine Existenz als Bauer. Vielen Rückkehrern bleibe als Option nur, bei einer Bande der Kriegsherren anzuheuern – oder den Taliban.