Werden Arbeitslosenzahlen veröffentlicht, gibt es stets Kritik: Sie seien in Wahrheit höher. Zum Gesamtbild gehört die Unterbeschäftigung.

  • Die Arbeitslosenzahl allein beschreibt nur einen kleinen Teil des Arbeitsmarktes
  • Unterbeschäftigt sind auch Menschen, die Qualifizierungsmaßnahmen absolvieren
  • In Herne lag die Unterbeschäftigung im April bei 13 642 Personen

Pünktlich zur Monatswende veröffentlicht die Agentur für Arbeit die aktuellen Arbeitsmarktdaten. Für Herne hatte die Agentur zuletzt stets relativ gute Nachrichten. Die Zahl der Arbeitslosen ist gesunken. Die psychologisch wichtige Marke von 10 000 ist deutlich entfernt. Doch so pünktlich die Zahlen kommen, so pünktlich kommt auch die Kritik an ihnen. Sie würden nicht das Gesamtbild zeigen Höchste Zeit also für eine Erläuterung der Zahlen und Begriffe.

„Arbeitslosigkeit ist im Alltag und bei der Verwendung in der Öffentlichkeit ein vielschichtiger Begriff“, sagt Regine Schmalhorst, Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit in Herne und Bochum. Im Sozialgesetzbuch III heißt es sinngemäß: „Arbeitslos ist, wer vorübergehend keine Arbeit hat, eine versicherungspflichtige Beschäftigung sucht, dem Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht und sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat.“

Teilnahme an Maßnahmen

Doch die Arbeitslosenzahl beschreibe nur einen kleinen Teil des Arbeitsmarktes, so Schmalhorst. Und dies mag der Grund sein, dass die Veröffentlichung der Arbeitslosenzahlen jene Kritik hervorruft. Ein wichtiger Teil des Arbeitsmarktes ist die Unterbeschäftigung. Die Arbeitsagentur veröffentlicht auch diese Zahlen monatlich. „Die Unterbeschäftigung geht über die Arbeitslosenzahlen hinaus und ermöglicht damit mehr Transparenz“, so Schmalhorst.

Die Unterbeschäftigung gibt auch über diejenigen Menschen Auskunft, denen zwar ein regulärer Arbeitsplatz fehlt, die aber aus verschiedenen Gründen nicht als Arbeitslose erfasst werden. Unterbeschäftigt sind: Arbeitslose, Teilnehmer an bestimmten Maßnahmen und Personen mit Sonderstatus. Alle erhalten entsprechende finanzielle Leistungen, damit sie ihren Lebensunterhalt weiterhin bestreiten können.

Das können zum Beispiel Personen sein, die sich in einer Umschulung befinden. Der Arbeitsmarkt habe sich stark gewandelt, so Schmalhorst, und viele Menschen fänden ohne weitere Qualifikation keine neue Anstellung. Da diese Menschen kurz oder langfristig dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung stehen sollen, werden sie in der Unterbeschäftigung mitgezählt. Weil sie in erster Linie ihre Ausbildung oder Zusatzqualifikation aber nicht unterbrechen sollen, sondern erfolgreich abschließen sollen, gelten sie zum Zeitpunkt der Qualifikation nicht als arbeitslos.

Für Herne ergibt sich dann folgendes vollständiges Bild: Im April lag die Arbeitslosigkeit in Herne bei 9417 Personen (die WAZ berichtete), die Unterbeschäftigung lag jedoch bei 13 642 Personen. Das heißt, sie lag um insgesamt 4225 Personen höher.

Gegenüber dem Vorjahr ist die Arbeitslosigkeit in Herne um 429 Personen gesunken, die Unterbeschäftigung wiederum ist um 784 Personen gestiegen. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt hat sich aber nicht verschlechtert. Hauptgrund für den Anstieg in der Unterbeschäftigung: Insbesondere für geflüchtete Menschen wurden Maßnahmen gegenüber dem Vorjahr ausgeweitet.