Herne. Khaled Zaour arbeitet in einer Herner Apotheke, hat eine eigene Wohnung und spricht deutsch. Warum seine Familie trotzdem in Syrien bleiben muss.
Nein, auf den Sessel der Chefin möchte er sich nicht setzen. Khaled Zaour schüttelt den Kopf und zieht sich im Hinterraum der Bahnhofsapotheke in Herne-Mitte einen kleinen Hocker heran. Der Syrer hat dort nach langer Flucht Arbeit gefunden – seine Frau und die beiden kleinen Kinder müssen weiter im Bürgerkriegsgebiet in Syrien ausharren.
Khaled Zaour macht sich Sorgen um sie – und versteht die deutschen Gesetze nicht. „Ich habe Arbeit, eine Wohnung, bekomme kein Geld vom Staat und spreche deutsch. Warum darf ich meine Familie nicht nachholen?“
Monate vergehen bis zum Antrag auf Familiennachzug
Rückblick: In Sueda, etwa 110 Kilometer von Damaskus entfernt, hatte Khaled Zaour ein Haus und eine eigene Apotheke. Im September 2015 flieht der Syrer wegen des Krieges aus seiner Heimat. 22 Tage ist er unterwegs, er verliert einen Freund im Mittelmeer, wird geschlagen und beklaut. Schließlich kommt er in Koblenz bei einem Bekannten, einem Zahnarzt, an. Khaled meldet sich beim Ausländeramt, kommt nach Wanne-Eickel.
Monate sind inzwischen vergangen, als er den Antrag auf Familiennachzug stellen kann. Seine Frau Majd (34) und die beiden Söhne Aos (6) und Shaes (4) sind weiter in Syrien. Die Kinder gehen nicht zur Schule – zu gefährlich. Seine Frau, sie ist Schauspielerin, kann sowieso nicht mehr arbeiten. „Das dürfen die Islamisten nicht wissen“, sagt Zaour.
Der 46-Jährige stellt den Antrag, da ist ein neues Gesetz der Bundesregierung gerade in Kraft getreten. Zwei Jahre müssen Flüchtlinge mit dem Status „subsidiär schutzberechtigt“ jetzt warten, bis sie ihre Familie nachholen dürfen.
Enttäuschung beim Ausländeramt
Beim Ausländeramt habe man ihm Hoffnung gemacht, sagt Khaled Zaour. Wenn er Arbeit finde, die Sprache lerne und sich gut integriere – dann könne es auch schneller gehen. Der Familienvater glaubt dem Ausländeramt. Er macht seiner Frau Hoffnung, dass sie bald nachkommen könne.
Die beiden Söhne wollen immer häufiger am Telefon nicht mit ihrem Papa sprechen, erzählt Khaled Zaour und schluckt. „Ich kann das gut verstehen. Sie wissen nicht, warum ihr Papa weggegangen ist.“
Alle paar Wochen steht Khaled Zaour jetzt beim Ausländeramt. „Vielleicht tut sich ja doch etwas.“ Doch auf die schlaflosen Nächte davor folgt nur Ernüchterung. Nichts zu machen, heißt es. Der Syrer solle weiter abwarten. Der 46-Jährige ist enttäuscht. „Und ich dachte, wenn man hier arbeitet, dann ist alles möglich.“
Ausländeramt kann nicht nach Ermessen handeln
Ausländer mit anerkanntem ausländischen Hochschulabschluss und einem Einkommen können die so genannte „Blaue Karte EU“ bekommen, heißt es von der Stadt. Diese hätte den Familiennachzug ermöglicht. Khaled Zaour ist als Syrer allerdings „subsidiär schutzberechtigt“.
Seit dem 17. März 2016 müssen die „subsidiär Schutzberechtigen“ eine Frist von zwei Jahren beim Familiennachzug beachten. „Ein behördliches Ermessen besteht nicht“, heißt es von der Stadt weiter. Irrtümer und Fehler seien beim Ausländeramt allerdings nicht ausgeschlossen. Dieses würden jedoch in der Regel unverzüglich ausgeräumt.