Herne. . Die Heitkamp Unternehmensgruppe wird die erste sogenannte Lego-Brücke Deutschlands bauen. Das Pilotprojekt bietet zahlreiche Herausforderungen.
- In den Niederlanden wird die Fertigteil-Technik bereits eingesetzt
- Bei der Produktion der Beton-Fertigteile kommt es auf eine Genauigkeit von Millimetern an
- Heitkamp verspricht sich bei einer erfolgreichen Realisierung einen Wettbewerbsvorteil
„Lasst uns Deutschland reparieren.“ Mit diesem griffigen Satz gab Noch-Bauminister Michael Groschek Ende April in Dorsten den Startschuss für eine neue Art des Brückenbaus: In den kommenden Jahren sollen mehrere Brücken gebaut werden, die aus Fertigteilen bestehen. Das populäre Schlagwort dafür war schnell gefunden: Lego-Brücken. Doch was sich ein wenig nach Spielerei im Kinderzimmer anhört, ist technisches Neuland. Und die Wanne-Eickeler Heitkamp Unternehmensgruppe wird mit ihrer Sparte Brückenbau dieses Neuland zuerst betreten. In Hagen baut Heitkamp ab Sommer die erste Brücke dieser Art in Deutschland.
In den Niederlanden wird diese Fertigteil-Technik bereits eingesetzt. Nachdem Groschek die Ergebnisse im Nachbarland besichtigt hatte, entschloss er sich, sie auch in NRW auszuprobieren.
Fast 200 Beton-Fertigteile müssen ineinanderpassen
„Es ist eine tolle Aufgabe, aber sie erfordert viel Respekt und vor allem Genauigkeit“, sagen Heitkamp-Geschäftsführer Jörg Kranz und der Technische Leiter Thorsten Balder. Die Ingenieure müssen den Brückenbau völlig neu denken, weil es ganz andere Erfordernisse in der Planung, Fertigung und der Logistik gibt. Allein die Zahlen geben einen kleinen Eindruck von der Herausforderung: Für die Brücke Hammacher Straße über die A46 in Hagen entstehen fast 200 Fertig-Betonteile mit insgesamt 1800 Tonnen, hinzu kommen vier Stahlträger mit einer Länge von je 40 Metern, die die A46 überspannen werden.
Das Besondere: Bei der Produktion der Betonteile liegt die Toleranz für Abweichungen gerade mal im Millimeterbereich. „Draußen auf der Baustelle können sie nichts mehr korrigieren“, sagt Balder. Heitkamp wird deshalb einen Mitarbeiter einsetzen, der den Fertigungsprozess überwacht. Millimeterarbeit ist auch bei der Montage unerlässlich. Weicht die Position der Fundamente nur einen Hauch ab, passt der Rest nicht mehr. Hier bietet sich durchaus der Legosteinvergleich an: Die passen deshalb so gut ineinander, weil sie die exakt gleichen Abmessungen aufweisen. Man spürt: Wenn man dieses Projekt mit Lego vergleicht, dann mit Technic und nicht mit Duplo für Kleinkinder (mit diesen Steinen entstand die Brücke für das Foto).
Ein gigantischer Markt könnte sich öffnen
Die zweite große Herausforderung bildet die Logistik. Alle Brückenteile müssen produziert sein, bevor der Bau beginnt. Die Reihenfolge des Transports muss geplant, vor Ort muss genau festgelegt werden, wo welches Bauteil lagert. Balder zieht den Vergleich zum Uhrmacherhandwerk, wo es auch darum geht, dass ein Rädchen reibungslos ins andere greift. Heitkamp kann in dieser Hinsicht diverse Referenzen vorweisen. Für die Sanierung von Start- und Landebahnen an verschiedenen Flughäfen in Deutschland musste eine perfekte Logistikkette für den Asphalt geknüpft werden.
Die Vorbereitungen sind in vollem Gang, bei Heitkamp steigt die Spannung. Bei der erfolgreichen Realisierung des Pilotprojekts „versprechen wir uns einen Wettbewerbsvorteil“, sagt Jörg Kranz. Und bei der Zahl der maroden Brücken öffne sich womöglich ein gigantischer Markt.
>> BAUZEIT SOLL HALBIERT WERDEN
Von rund 10.000 Brücken, für die Straßen.NRW zuständig ist, müssen in Zukunft Tausende verstärkt oder ersetzt werden. Gut 500 sind bereits statisch berechnet worden, Ergebnis: 284 müssen neu gebaut werden. Allerdings, so Straßen.NRW: Keine droht einzustürzen.
Ein Ziel der Fertigbauweise: Der sonst übliche Zeitraum von 200 bis 250 Tagen für den Bau einer Brücke soll auf etwa 100 halbiert werden. Dadurch wird auch die Zahl der Sperrungen verringert.
Unklar ist die Lebensdauer der Lego-Brücken. Da diese Technik in den Niederlanden auch noch nicht so lange eingesetzt wird, gibt es keine Erfahrungswerte.