Herne. . Das Archäologie-Museum bietet Multimedia-Führungen für Gehörlose und Hörgeschädigte an. Mehr als 50 Geräte stehen zur Ausleihe bereit.
Ein Steg führt durch die Dauerausstellung des Archäologie-Museums: rechts und links alte Gräber, altertümliche Brunnen, Holzkisten mit Steinkeilen oder auch Mammutknochen. Der Besucher kann auch Höhlen von Steinzeit-Menschen erkunden. Multimedia-Führer machen diese Museums-Erfahrung noch anschaulicher - jetzt auch für gehörlose und hörgeschädigte Besucher. Das Archäologie-Museum hat die Inbetriebnahme von 50 Geräten in Smartphone-Größe und fünf Tablets eingeweiht - alle mit Videos in Gebärdensprache bespielt.
Das Museum hatte bereits Führungen für Gehörlose angeboten. „Ein Mehrwert für die Besucher ist es auch, allein durch die Ausstellung gehen zu können und die Möglichkeit zu haben, sich in das zu vertiefen, was einen wirklich interessiert“, erläutert Museumspädagoge Michael Lagers.
Jede Ausstellungsstation in Gebärdensprache
Martin Ruhmann, Seelsorger der Gehörlosengemeinde der Evangelischen Kirche in Herne, ist mit einem Dutzend seiner Gemeindemitglieder zur Einweihung der Multimedia-Geräte gekommen. „Es gab schon immer den Wunsch, dass ein tolles Museum wie das in Herne auch für Gehörlose zugänglich gemacht wird“, sagt der Seelsorger.
Nun ist dieser Wunsch Wirklichkeit geworden: Multimedia-Geräte in der Größe eines Smartphones und Tablets sind mit Filmen in Gehörlosensprache bespielt und können vorab an der Museumskasse gegen Pfand, zum Beispiel einen Personalausweis, ausgeliehen werden. In einem leicht zu bedienenden Menü kann gewählt werden zwischen Deutsch und Gebärdensprache, im weiteren Verlauf wiederum zwischen einer chronologischen Führung durch die gesamte Dauerausstellung oder der Wahl einzelner Exponaten anhand von Nummern.
Herner Gehörlose heißen Besucher im Begrüßungsvideo willkommen
Jedem Ausstellungsstück ist eine Nummer zugeordnet. Rote Symbole auf dem Fußboden und an den Ausstellungsstücken verweisen auf Nummern. Diese tippt der Besucher auf dem Multimedia-Guide ein. In einem Video erklärt dann ein Moderator in Gebärdensprache die entsprechende Station. Gleichzeitig läuft eine Tonspur, so dass jeder Besucher – ob hörgeschädigt oder nicht – den Multimedia-Guide nutzen kann. „Viele Besucher ohne Hörschädigung nutzen den Guide auch, um die Gebärdensprache kennenzulernen“, sagt Ruhmann. Der Multimedia-Guide ist das Ergebnis einer Kooperation des Archäologie-Museums mit dem Forum Inklusion Herne, ein Treffpunkt für Herner mit und ohne Behinderung.
Multimedia-Guides bald auch in leichter Sprache
Von der Idee bis zur Verwirklichung dauerte es zwei Jahre. „Es war eine Herausforderung, archäologische Begriffe in die Gebärdensprache zu übersetzen“, sagt Josef Mühlenbrock. Das Museum verfügte bereits über die Geräte. Es mussten Videos in Gebärdensprache gedreht werden. Das übernahm ein Berliner Übersetzungsunternehmen.
Herner Gehörlose und Hörgeschädigte waren auch an dem Gesamtprojekt beteiligt. „Für sie war das ein besonders schönes Projekt“, erläutert Seelsorger Ruhmann. Denn mehrere Herner Gehörlose wirkten an einem Begrüßungsvideo mit, das im Foyer des Museums auf einem Bildschirm durchgehend läuft. Das Projekt kostete 6000 Euro, finanziert durch die Aktion Mensch und das Forum Inklusion Herne.
„Das Forum konnte einzelne Projekte bereits verwirklichen. Dazu gehört die Alltagsbegleitung und auch Sport ohne Grenzen“, sagt Eszter Gábor, Leiterin des Forum Inklusion Herne. Seelsorger Ruhmann ist auch aktiv im Forum. In Kooperation mit dem Archäologie-Museum werden außerdem Videos in leicht verständlicher Sprache erarbeitet. So können auch Menschen mit Leseschwäche oder welche, die gerade noch Deutsch lernen, die Dauerausstellung selbständiger erfahren.
>>> ANLAUFSTELLEN FÜR HÖRGESCHÄDIGTE HERNER
Das Diakonische Werk Herne bietet eine Gehörlosengemeinde mit zahlreichen Interessengruppen, Beratungen und Veranstaltungen für hörgeschädigte Menschen. Ansprechpartner: Martin Ruhmann, m.ruhmann@diakonie-herne.de.
Bei Problemen am Arbeitsplatz hilft der Integrationsfachdienst Bochum-Herne, Westring 26, 44787 Bochum. Ansprechpartnerin für das Thema Berufssicherung ist Jutta Gröning, jutta.groening@ifd-westfalen.de, sowie Astrid Eich, astrid.eich@ifd-westfalen.de. Für das Thema Übergang von der Schule in den Beruf können sich betroffene Hörgeschädigte an Nicole Kotzke, nicole.kotzke@ifd-westfalen.de, wenden.