Herne. . Michael Eilebrecht hat viele Rückschläge verkraften müssen. Warum er sich auf die Wahl freut, obwohl die Piraten aus dem Landtag fliegen könnten.

  • Michael Eilebrecht tritt bei der Landtagswahl als Direktkandidat für die Herner Piratenpartei an
  • Obwohl seine Chancen gering sind, ist der 53-Jährige optimistisch
  • Wenn seine Partei aus dem Landtag fliegen sollte, möchte er trotzdem weiter Politik machen

Dieser Mann ist wohl Optimist. Was sich Michael Eilebrecht, Direktkandidat der Piraten, von der Landtagswahl erwartet? „55 Prozent der Stimmen, Direktmandat.“ Er lacht.

So richtig überzeugt scheint der Außenseiter-Kandidat dann doch nicht zu sein. „Wenn man ehrlich ist, es sieht bescheiden aus“, gibt er zu. Die minimale Chance, das Direktmandat zu erringen und die drohende Gefahr, gleich ganz aus dem Landtag zu fliegen – all das scheint den Mann im Hollister-Shirt aber nicht zu beunruhigen.

SPD-Parteibuch als Opelaner

Michael Eilebrecht musste früh lernen, mit Rückschlägen umzugehen. Beruflich und privat. 20 Jahre hat er bei Opel in Bochum am Band gearbeitet, war dort Vertrauensmann und Vertrauenskörperleiter der IG Metall. Schon damals habe er Politik gemacht. „Früher war’s Betriebspolitik, heute ist es ein größerer Rahmen.“

Mit Eintritt in die IG Metall bekommt Eilebrecht das SPD-Parteibuch in die Hand gedrückt. „Heute käme das nicht mehr infrage“, sagt der 53-Jährige im Wanner Piraten-Büro. In Pappkartons stapeln sich Wahlkampfflyer. Die Piraten stecken in der heißen Wahlkampf-Phase.

Frau stirbt an Leukämie

Der gebürtige Wanner erzählt von früher. Damals, bei Opel, sei die Welt noch in Ordnung gewesen. Michael Eilebrecht setzt sich für die Arbeiter ein, arbeitet am Fließband, gründet eine Familie. Dann stirbt 2001 seine Frau. Leukämie.

Der Politiker schluckt, schaut auf den Boden. „Auf einmal war ich alleinerziehender Vater mit zwei kleinen Kindern.“ Er arbeitet trotzdem weiter im Schichtdienst, das Umfeld hilft. Doch lange geht das nicht gut. Eilebrecht kündigt den Opel-Job, zieht mit der Familie nach Witten, arbeitet dort als selbstständiger Netzwerktechniker. „Die Kinder brauchten eine neue Umgebung.“ Erst zehn Jahre später wird er nach Wanne-Eickel zurückkehren. „Das ist halt meine Heimat.“

Frührentner nach Operation

Kurz danach muss Eilebrecht operiert werden. Zwei Wirbel sollen versteift werden, der Eingriff geht schief. Michael Eilebrecht ist seitdem berufsunfähig. „Das zu verarbeiten, da habe ich lange für gebraucht.“ Einen Kilometer kann der 53-Jährige heute am Stück laufen. Es geht nicht mehr alles so, wie er will. Das hat er erst lernen müssen.

Der Frührentner hat nach der Operation viel Zeit. Sucht sich eine Partei, die zum ihm passt – und landet bei den Piraten. Seinen Parteieintritt verkündet er mit den Worten: „Ich will den Laden aufmischen.“ Ob er das getan hat, will er heute im Parteibüro umgeben von Flyern, Fähnchen und orangenen Kugelschreibern nicht beurteilen. „Aber verändert haben wir uns ganz sicher.“

Er will Kinderarmut bekämpfen

Ihm liege vor allem die Bekämpfung der Kinderarmut am Herzen. „Als alleinerziehender Vater hat man es leichter. Frauen rutschen schnell in die Armut ab.“ Als so genannter Mitläufer macht er Behördengänge mit, hilft beim Ausfüllen von Anträgen, vermittelt. „Ich sehe viel Armut. Das macht betroffen.“ Erfahrungen, die ihn bestärken, etwa für ein bedingungsloses Grundeinkommen zu kämpfen.

Jetzt heißt es aber erst einmal: Kämpfen um die Plätze im Landtag. Michael Eilebrecht gibt sich schon wieder optimistisch. „Wir haben im Landtag gut gearbeitet, genügend Anträge gestellt.“ Allein die Außenwirkung sei oft schwierig gewesen. Bei den Bürgern sei da häufig nicht viel angekommen. Trotzdem: „Ich gehe schon davon aus, dass wir reinkommen.“

Allergisch gegen Cannbis-Geruch

Michael Eilebrecht im Parteibüro der Piraten.
Michael Eilebrecht im Parteibüro der Piraten. © Joachim Hänisch

Wenn ich mich nicht mit Politik beschäftige, dann. . .

. . . unternehme ich etwas mit meiner Freundin. Außerdem lese ich viel. Besonders gerne Anwaltsromane und Science-Fiction. Ab und zu zocke ich an der Spielekonsole. Ansonsten verbringe ich gerne Zeit mit meiner Familie.

Wenn die Piraten aus dem Landtag fliegen, dann. . .

. . .mache ich trotzdem weiter. Wir sind ja weiter in der Stadt vertreten, das ist unser gallisches Dorf – ganz egal, wie es in der großen Politik aussieht.

Richtig oder falsch: Als alleinerziehender Vater hat man es schwer.

Es ist nicht leicht gewesen. Trotzdem haben es Frauen deutlich schwerer. Als Mann wird dir viel Hilfe angeboten, man ist etwas Besonderes. Ich konnte dank meiner Familie trotz allem normal arbeiten gehen. Das ist bei Frauen nur sehr selten so.

Die Legalisierung von Cannabis, wie es die Piraten fordern, halte ich für. . .

. . .richtig. Das ist kein Teufelszeug, längst nicht so schlimm wie Alkohol. Für mich ist das nichts, ich bin allergisch gegen Knoblauch- und Cannabis-Geruch. Trotzdem halte ich Alkohol für deutlich gefährlicher.

Mein größter politischer Erfolg war. . .

. . .als ich einer Familie helfen konnte, an ihr Hartz-IV-Geld zu kommen. Sie waren abgerutscht vom eigenen Haus bis zur Obdachlosigkeit. Als ich den fertigen Bescheid hatte, war ich einfach nur froh.

Zur Person: Ehemaliger Vertrauensmann bei Opel

>Michael Eilebrecht ist am 18. April 1964 in Röhlinghausen geboren. Er ist verwitwet, hat zwei erwachsene Kinder (23 und 29) und ein zehnmonatiges Enkelkind.

>Seit sieben Jahren ist er berufsunfähig, vorher arbeitete er als Kfz-Mechaniker und als selbstständiger Netzwerktechniker. 20 Jahre arbeitete Eilebrecht bei Opel in Bochum, war dort auch Vertrauensmann und Vertrauenskörperleiter der IG Metall.

>Während seiner Opel-Zeit war er in der SPD, 2012 trat er in die Herner Piratenpartei ein. Er ist Mitglied der Bezirksvertretung Eickel und als sachkundiger Bürger in Herne Mitglied im Umwelt- und Schulausschuss.