herne. . Christopher Krogull lebt erst seit 2015 in Herne und ist schon Linke-Landtagskandidat. Er scheut sich nicht, seiner Partei zu widersprechen.

  • Linke-Landtagskandidat Christopher Krogull lebt erst seit eineinhalb Jahren in Herne
  • Jura-Student will frischen Wind in Wahlkampf bringen, macht sich bisher aber eher rar
  • 24-Jähriger lehnt Radikalopposition ab und will linke Inhalte in einer Koalition durchsetzen

Zwei amtierende Landtagsabgeordnete, zwei Stadtverordnete, ein Bezirksverordneter, ein früherer Bundestagskandidat – gute alte Bekannte werden bei der Landtagswahl am 14. Mai ins Rennen ums Herner Direktmandat gehen. Der Linke-Kandidat ist die große Ausnahme: Christopher Krogull ist in Herne der Neue. Nicht nur in politischer Hinsicht.

Erst seit eineinhalb Jahren lebt der gebürtige Oberfranke in Herne, konkret: in Altenhöfen. Die Turbo-Karriere des Langstreckenläufers - er tritt im September im Berlin zu seinem ersten Marathon an - hat natürlich zunächst mal mit der sehr dünnen Personaldecke der Linkspartei zu tun.

Kandidat lehnt Radikalopposition ab

Krogull lässt im Gespräch aber keinen Zweifel daran, dass er große Lust auf diese Aufgabe hat und sich nicht als Verlegenheitskandidat sieht: „Es ist für einen Kreisverband auch sehr positiv, wenn ein junger Kandidat frischen Wind mitbringt.“

Im eigenen Landesverband spürt er dagegen Gegenwind. Krogull ist NRW-Sprecher der Linke-Vereinigung „Forum Demokratischer Sozialismus“. Sie seien mit ihrer „reformerischen Haltung“ parteiintern auf Landesebene klar in der Minderheit, im Bund jedoch stark, betont er.

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Radikalopposition lehne er ab. Da die Linke in absehbarer Zeit keine Mehrheiten haben werde, müsse das Ziel sein, möglichst viele Inhalte umzusetzen. „Und das geht nur in einer Koalition.“ Rot-Rot-Grün könnte laut Krogull aber schon daran scheitern, dass die Linke nicht in den Düsseldorfer Landtag einzieht: „Es wird knapp.“

Krogull fordert Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9

Turbo-Abi? Das komme auf den Einzelfall an, sagt Linke-Kandidat Christopher Krogull und fordert eine Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9. A
Turbo-Abi? Das komme auf den Einzelfall an, sagt Linke-Kandidat Christopher Krogull und fordert eine Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9. A © Franziska Kraufmann, dpa

Auch beim wichtigen Wahlkampfthema Bildung schwimmt er in der Landes-Linken gegen den Strom, indem er eine Verteufelung des Turbo-Abis ablehnt. „Es muss eine Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 geben. Jeder Mensch lernt anders“, sagt er und ist damit nicht weit entfernt von der (aktuellen) SPD-Position. Er sei als Abiturient mit G 8 gut klar gekommen. Harsche Kritik übt er dagegen daran, dass im Land viel zu wenig in Bildung investiert werde, was sich auch in Herne stark niederschlage. In der NRW-Hochschulpolitik sieht er ebenfalls große Defizite.

Auf deutliche Distanz zu den Sozialdemokraten geht Krogull auch beim Thema „Soziale Gerechtigkeit“. Die aktuellen Forderungen der SPD in Land und Bund seien unglaubwürdig, weil die Partei ja auf beiden Ebenen in der Regierungsverantwortung sei. Und auch die Flüchtlingspolitik in NRW hält er für falsch. Die bestehende Infrastruktur sollte für eine menschenwürdige Unterbringung genutzt werden. Stattdessen würden viele Einrichtungen aufgegeben.

Im Wahlkampf bisher kaum präsent

Als weiteren Wahlkampfschwerpunkt benennt er die Gleichstellungspolitik und den Kampf gegen die Ausgrenzung von Minderheiten. Die Gleichstellung von Mann und Frau sei ihm wichtig, ebenso die Öffnung der Ehe.

Apropos Wahlkampf: In Herne macht sich Krogull bisher eher rar – sowohl bei Diskussionen als auch auf Plakaten taucht er nicht auf. „Wir warten auf die Lieferung der Plakate“, sagt er. Und für die Teilnahme an Podiumsdiskussionen fehle ihm die Zeit, weil er zur Finanzierung des Studiums jobben müsse. Bei der traditionellen VHS-Diskussion am 2. Mai will er aber auf jeden Fall dabei sein.

Sahra Wagenknecht und der rechte Rand

Eine rot-rot-grüne Koalition nach der Landtagswahl am 14. Mai halte ich für ...

Krogull: ... unwahrscheinlich, aber wünschenswert.

Was ich in Nordrhein-Westfalen sofort ändern würde:

Vieles. Die erste Maßnahme wäre aber wohl eine Verbesserung der Mobilität für Menschen, die kein Auto besitzen.

Richtig oder falsch? Die Linke-Spitzenpolitikerin Sahra Wagenknecht fischt mit ihren Äußerungen bisweilen am rechten Rand.

Richtig!

Als Zugezogener finde ich in meiner Wahlheimat Herne besonders gut:

Dass alles sehr nah beieinander liegt und gut erreichbar ist.

In Herne finde ich besonders schlecht:

Das Fehlen einer alternativen Jugendkultur.

>> INFO: Zur Person

Christopher Krogull ist in Oberfranken geboren und im Ostallgäu aufgewachsen.

Nach dem Abitur hat er ein halbes Jahr an einem Hilfsprojekt der Feuerwehr Hamburg in Tansania teilgenommen.

Er studiert in Bochum Jura, Schwerpunkt Kriminalwissenschaften. Während des Studiums arbeitete er für 18 Monate in einer Duisburger Asylunterkunft. Ehrenamtlich ist er im Sanitätsdienst beim ASB aktiv.

Krogull ist verheiratet und hat einen Hund, den Dackel-Jack-Russell-Mischling Lexi.