Der intensive Apotheken-Rabattkampf in Herne treibt teilweise skurrile Blüten. Ein Kunde erhielt nach einem heftigen Streit Hausverbot.
- Auslöser für das Hausverbot waren Bonus-Taler, die eigentlich der Kundenbindung dienen sollen
- Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe hat den außergewöhnlichen Fall zu Prüfung vorliegen
- Die Verbraucherzentrale sieht möglicherweise unlauteren Wettbewerb
Nur ein Missverständnis, verbraucherfeindliches Verhalten oder sogar ein Verstoß gegen geltendes Recht, den sogenannten Kontrahierungszwang? Der Rabattkampf der Herner Apotheken hat offenbar eine weitere Blüte getrieben.
Was war geschehen? Ein Kunde schilderte im Gespräch mit der WAZ-Redaktion, dass er nach einem heftigen Streit mit Mitarbeitern einer Apotheke in der Herner Innenstadt sogar Hausverbot erteilt bekommen habe. Auslöser war offenbar eine heftige Diskussion um sogenannte Rabatt-Taler. Der Herner Kunde habe zu viele verschreibungsfreie Produkte erworben, dies sei geschäftsschädigend, und man mache mit ihm Verlust, da er keine Rezepte einreiche, ließ der Inhaber gegenüber der WAZ verlauten. Als der Kunde empört reagiert und mit der Verbraucherzentrale gedroht habe, habe man sich persönlich bedroht gefühlt und ihm das Hausverbot erteilt.
Eine widersprüchliche Situation - denn die ausgegebenen Bonus-Taler dienen ja eigentlich der Kundenbindung. Und nun wird ein Kunde wegen zu großer Treue bestraft? Zum Hintergrund: In Herne, vor allem in der Innenstadt, tobt seit einiger Zeit ein intensiver Wettbewerb, der mit einer Vielzahl von Rabatten geführt wird. In dieser Beziehung sei der Preiskampf in Herne einmalig, erklärt Michael Schmitz, Sprecher der Apothekerkammer Westfalen-Lippe. Der Auslöser liegt im Jahr 2004: Da der Gesetzgeber mehr Wettbewerb in der Apothekenlandschaft haben wollte, fielen die Preisbeschränkungen für freiverkäufliche – also nicht rezeptpflichtige – Arzneimittel, etwa Kopfschmerz- oder Grippetabletten. Apotheker werben seitdem mit Rabatten bis zu 40 Prozent um Kunden.
Beratung soll an erster Stelle stehen
Veronika Hensing, Leiterin der Verbraucherzentrale in Herne, sieht im speziellen Fall einen möglichen Tatbestand des unlauteren Wettbewerbs: „Ob nun ein zwischenmenschliches Problem vorliegt oder nicht, so oder so muss ein Händler seine Werbeaussagen erfüllen, sprich Herausgabe der Taler, andernfalls ist es ein Lockvogelangebot.“
Der oben geschilderte Fall liegt nun der Apothekerkammer Westfalen zur Prüfung vor, eine Stellungnahme steht noch aus. Michael Schmitz verweist auch darauf, dass eine Apotheke etwa im Notdienst stets verpflichtet ist, Kunden mit einem Rezept die benötigten Medikamente auszuhändigen (Kontrahierungszwang). In diesem Falle wäre ein Hausverbot rechtswidrig. Unabhängig vom geschilderten Fall sieht er für seine Zunft gewisse Grenzen, was den Wettbewerbsgedanken betrifft: „In erster Linie übt man als Apotheker einen Heilberuf aus, die Beratung steht an erster Stelle.“ In diesem Zusammenhang rät der Sprecher Rabattjägern bei aller Sparsamkeit zur Vernunft, eine gute Versorgung solle auch dem Patienten wichtig sein.