Herne. . Die Stadt will die Feuerwehr fit machen für die Zukunft: Der Entwurf für einen neuen Brandschutzbedarfsplan listet Ziele auf - und Baustellen.

  • Stadt will Brandschutz in Herne verbessern: Neuer Bedarfsplan gibt verbindliche Ziele für die Zukunft vor
  • Zentraler Punkt: Neubau von Feuerwachen im Bereich des Güterbahnhofs Horsthausen und der Zeche Pluto
  • Stärkung der Freiwilligen Feuerwehr und Gründung einer Kinderfeuerwehr sind weitere Ziele

Die Herner Feuerwehr soll und muss leistungsfähiger werden. Dieses Ziel wird mit dem neuen Brandschutzbedarfsplan angestrebt. Eine zentrale Forderung ist der Bau von zwei neuen Hauptwachen. Diese könnten im Bereich des Güterbahnhofs Horsthausen (Herne) und der ehemaligen Zeche Pluto (Wanne) errichtet werden, wie aus dem Bedarfsplan hervorgeht.

Auslaufmodell: Die Feuerwache an der Sodinger Straße soll durch einen Neubau an einem geeigneteren Standort ersetzt werden.
Auslaufmodell: Die Feuerwache an der Sodinger Straße soll durch einen Neubau an einem geeigneteren Standort ersetzt werden. © Winfried Labus, Archiv

Wie berichtet, sind die in den 60er-Jahren errichteten bisherigen Feuerwachen an der Sodinger Straße in Herne und Stöckstraße in Wanne marode, zu klein und erfüllen auch sonst nicht mehr die funktionalen Anforderungen. Mit den beiden neuen Standorten soll auch eine bessere Gebietsabdeckung erreicht werden. Die Verwaltung will zurzeit öffentlich nicht zu den möglichen neuen Standorten der geplanten Hauptwachen Stellung nehmen, weil es sich bei den beiden ins Auge gefassten Flächen um private Grundstücke handelt.

Feuerwehr erfüllt Qualitätsstandards zurzeit nicht

Der Neubau der Wachen soll auch zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Feuerwehr beitragen. Hintergrund: Die aktuellen Qualitätskriterien sehen unter anderem vor, dass für eine Menschenrettung die ersten zehn Einsatzkräfte innerhalb von acht Minuten nach Alarmierung am Einsatzort sein sollen. Nach weiteren fünf Minuten müssen mindestens 16 Einsatzkräfte vor Ort sein. Nach dem aktuellen Berechnungsschlüssel werden diese Ziele in Herne jedoch weit verfehlt.

So liegt der sogenannte Erreichungsgrad zurzeit bei nur 26,3 Prozent. Angestrebt wird ein Zielerreichungsgrad von 80 Prozent. Nicht zuletzt durch die Lage der beiden Feuerwachen Sodinger Straße und Stöckstraße sei ein solches Schutzziel derzeit nicht zu erreichen, heißt es im Bedarfsplan.

Neben dem angestrebten Neubau der Feuerwachen werden in der Vorlage der Stadt weitere Baustellen und Ziele benannt. Einige Beispiele.

Gebäude

Erheblichen Handlungsbedarf sieht der von der Stadt für die Erstellung des Bedarfsplan hinzugezogene Gutachter auch für die Gerätehäuser der Freiwilligen Feuerwehr. Das gilt insbesondere für das baulich abgängige Gerätehaus Mitte an der Germanenstraße, dessen schlechter Zustand bereits im Brandschutzbedarfsplan von 2002 Thema war. Neue Standorte sollen auch geprüft werden für die Gerätehäuser Ost (Castroper Straße), West (Stöckstraße), Eickel (Edmund-Weber-Straße) und Röhlinghausen (Plutostraße). Laut Bedarfsplan sollten die Kräfte langfristig nur noch an vier Standorten gebündelt werde – zwei reine Standorte für die Freiwillige Feuerwehr und zwei gemeinsame Standorte für Berufs- und Freiwillige Feuerwehr.

Freiwillige Feuerwehr

181 aktive Mitglieder hat die Freiwillige Feuerwehr in Herne zurzeit. „Dies stellt im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung einen sehr geringen Wert dar“, heißt es im Entwurf des neuen Brandschutzbedarfsplans. Anzustreben sei deshalb eine „deutliche Erhöhung“ der aktiven Feuerwehrangehörigen. Darüber hinaus sei darüber nachzudenken, nach dem Vorbild anderer Kommunen neben der Jugendfeuerwehr (aktuell 84 Mitglieder) in Herne auch eine Kinderfeuerwehr ins Leben zu rufen.

Röhlinghausen

Aufgrund der teilweisen schlechten verkehrlichen Anbindung von Röhlinghausen strebt die Stadt zur Sicherung des Brandschutzes eine Zusammenarbeit mit der Gelsenkirchener Feuerwehr an. In ersten Gesprächen habe die Nachbarstadt die Bereitschaft für ein solches Modell signalisiert, so die Herner Verwaltung.

So geht es nun weiter

Nach dem ersten Aufschlag am Dienstag, 21. Februar, im Hauptausschuss (16 Uhr im Rathaus Herne, Sitzungszimmer 214; der Bedarfsplan ist der neunte Punkt auf der Tagesordnung) soll der Rat den Brandschutzbedarfsplan in der nächsten Sitzung am 28. Februar beschließen. Gleichzeitig soll die Verwaltung beauftragt werden, geeignete Grundstücke für Neubauten zu erwerben, Gespräche mit Gelsenkirchen über eine Zusammenarbeit in Röhlinghausen zu führen und ein Konzept zur Stärkung der Freiwilligen Feuerwehr zu erstellen.

Und das sagt der Stadtfeuerwehrverband

Die WAZ hat Arne Begrich, Vorsitzender des Stadtfeuerwehrverbandes, zum Entwurf eines neuen Brandschutzbedarfsplans befragt.

War die Aufstellung eines Brandschutzbedarfsplans überfällig?

Arne Begrich ist Vorsitzender des Herner Stadtfeuerwehrverbandes.
Arne Begrich ist Vorsitzender des Herner Stadtfeuerwehrverbandes. © Rainer Raffalski

Arne Begrich: Mit dem neuen am 1. Januar 2016 in Kraft getretenen BHKG NRW sind die Gemeinden verpflichtet, den Brandschutzbedarfsplan alle fünf Jahre fortzuschreiben. Denn mit den Jahren ändern sich sowohl die Gefahrenpotenziale, wie auch der Zustand der Gefahrenabwehr. Der bisherige Brandschutzbedarfsplan ist über zehn Jahre alt; die Stadt hat richtigerweise schon vor 2016 mit den Vorbereitungen für einen neuen Brandschutzbedarfsplan begonnen.

Ist die Analyse der aktuellen Situation der Feuerwehr aus ihrer Sicht treffend?

Begrich: Die Stadt hat sich zur Erstellung des nun vorliegenden Brandschutzbedarfsplanentwurfs eines hierauf spezialisierten Gutachterbüros bedient, wie es heutzutage üblich ist. Der Stadtfeuerwehrverband Herne e.V. begrüßt als Förderer des Brandschutzes in Herne dieses Vorgehen. Denn eine solche systematische und detaillierte Analyse der zu begegnenden Gefahrenpotenziale einerseits sowie des Zustandes und des Veränderungsbedarfes der Gefahrenabwehr ermöglicht es, die notwendigen Maßnahmen zu ermitteln und zu beschließen, damit eine effektive und objektiv dem Schutzbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger entsprechende Feuerwehr vorgehalten werden kann.

Viele Missstände waren ja bekannt. Welcher Punkt im Bedarfsplan hat sie trotzdem überrascht?

Begrich: Dass Handlungsbedarf in personeller, taktischer, standort- und ausrüstungstechnischer Hinsicht besteht, ist nicht überraschend. Beispielsweise auf den dringend erforderlichen Ersatz des Gerätehauses der Freiwilligen Feuerwehr an der Germanenstraße oder die inzwischen beschlossene Beschaffung neuer Löschfahrzeuge haben wir bereits hingewiesen. Auch der Modernisierungsbedarf der beiden Berufsfeuerwehrwachen ist bekannt. Interessante Details enthalten die neu ermittelten und aufbereiteten empirischen und statistischen Informationen im Brandschutzbedarfsplanentwurf; besonders überraschend war hier sicherlich der ermittelte niedrige Schutzzielerreichungsgrad von nur noch 26,3%, der nun verbessert werden muss.

Haben sie die Sorge, dass die Behebung der angesprochenen Defizite zu lange dauern könnte?

Begrich: Die Vorhaltung einer den örtlichen Verhältnissen entsprechenden leistungsfähigen Feuerwehr ist Pflichtaufgabe der Gemeinde nach BHKG NRW. Die Mitglieder des Stadtfeuerwehrverbandes sind zuversichtlich, dass die Stadt hierfür die erforderlichen Mittel bereitstellen wird, zumal im Dialog mit der Kommunalpolitik der entsprechende politische Wille signalisiert wurde. Es wurden zudem erste Maßnahmen sehr zügig getroffen, etwa die Anpassung des Stellenplans 2017, die Ausschreibung mehrerer Löschfahrzeuge für BF und FF und Änderung des Alarmierungskonzeptes der Freiwilligen Feuerwehr.

Als ein Ziel wird Stärkung der Freiwilligen Feuerwehr ausgegeben. was sagen sie dazu?

Begrich: Die Stärkung der Freiwilligen Feuerwehr ist wichtig. Denn es können nicht alle Tätigkeiten ausschließlich mit beruflichen Kräften abgedeckt werden, beispielsweise bei großen Einsatzlagen. Die Freiwillige Feuerwehr hat derzeit nur circa 180 Mitglieder; sie muss personell verstärkt werden. Hierzu müssen weitere Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt motiviert werden. Die Möglichkeit der Vermeidung des Wehrdienstes ist als Einstiegsanreiz weggefallen und muss kompensiert werden. Zudem muss die Freiwillige Feuerwehr taktisch, standort- und ausrüstungstechnisch gestärkt werden. Dazu bedarf es eines attraktiven und zukunftsfesten Konzeptes. Die Stärkung der FF sollte z.B. auch bei der Umsetzung der Standortvorschläge in besonderem Maße berücksichtigt werden; wir begrüßen, dass der Beschlussvorschlag vorsieht, umgehend die erforderlichen Maßnahmen einzuleiten, um den Bau eines „Gerätehauses Mitte“ realisieren zu können.

Und was sagen sie zu den räumlichen Vorschlägen im Entwurf zum Brandschutzbedarfsplan?

Begrich: Die Untersuchungen zu den Hilfsfristen bestätigen die Notwendigkeit des Betriebs mindestens zweier Berufsfeuerwehrstandorte. Auch bestätigt der Brandschutzbedarfsplanentwurf, dass mehrere Standorte der Freiwilligen Feuerwehr im Stadtgebiet erforderlich sind, die im Alarmierungsfall durch die Mitglieder der FF schnell zur Herstellung der Einsatzbereitschaft erreicht werden können. Zwei gemeinsame Standorte von BF und FF können Synergien, insbesondere beim Einsatz von Sonderfahrzeugen und -einheiten schaffen.