Herne. . Das Lukas-Hospiz in Herne feiert an diesem Samstag seinen zehnten Geburtstag. Die WAZ sprach dazu mit Mitbegründer Prof. Alexander Sturm.

2007 hat an der Jean-Vogel-Straße im Herner Süden das Lukas-Hospiz eröffnet. Prof. Dr. Alexander Sturm (87) hat als damaliger Vorsitzender des Fördervereins - heute Ehrenvorsitzender - unermüdlich für den Bau geworben. WAZ-Redakteurin Ute Eickenbusch blickte mit ihm zurück und nach vorn.

Das Lukas-Hospiz genießt in Herne einen hervorragenden Ruf. Worauf führen Sie das zurück?

Das Hospiz ist eine komplette stationäre Einrichtung für Sterbende, mit zehn Einzelzimmern und zusätzlich fünf „Angehörigenzimmern“. Wir haben eine großzügige Personalausstattung und gut ausgebildete Leute, eine gute Betreuung durch die Hospizleiterin Anneli Wallbaum und den Geschäftsführer Gisbert Fulland, die ehrenamtlichen Helfer und Helferinnen und die gute finanzielle Ausstattung durch den Förderverein.

Kann man ein Gelingen planen?

Ich habe mir Hospize angesehen in Berlin und in München und dann gemeinsam mit Herrn Fulland geplant. Unsere Vision war: ein gutes betreutes Sterben ohne Schmerzen, wenn es geht, in Gegenwart von Familie und Freunden. Wichtig ist, dass die Menschen nicht apathisch da liegen. Sie können sich mit ihren Angehörigen aussprechen, sie können nachdenken und wenn sie wollen, auch beten. 85 Prozent der Patienten wollen sich am Schluss ihres Lebens auch religiös versöhnt sehen.

An der Jean-Vogel-Vogel-Straße in Herne-Süd liegt das Lukas-Hospiz.
An der Jean-Vogel-Vogel-Straße in Herne-Süd liegt das Lukas-Hospiz. © Stefan Kuhn

Sie haben 45 Jahre als Mediziner gearbeitet. Folgte Ihr Wunsch nach einem Hospizes der Einsicht, dass in der Versorgung etwas fehlte?

Ja. Ich war Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin. Da habe ich gesehen, wie schwer gutes Sterben ist. Man stirbt auch auf der Intensivstation, aber das ist nicht immer ein gutes Sterben.

Haben Sie immer daran geglaubt, dass Sie das Hospiz realisieren können?

Ja, das habe ich. Wir haben den Förderverein von 0 auf damals 1025 Mitglieder aufgebaut. Heute sind es um die 1000 Mitglieder. Ich habe über 100 Vorträge gehalten, vor zehn wie vor 200 Zuhörern. Das war die Basis. Dazu kamen großzügige Spenden, auch aus der Herner Wirtschaft, und daraufhin auch von der öffentlichen Hand. Das Hospiz hat 2,24 Mio. Euro gekostet, einschließlich Inneneinrichtung. 850 000 € hat der Förderverein dazugegeben.

Wieviele Gäste haben Sie in den zehn Jahren aufgenommen?

Wir betreuen konstant rund 170 bis 175 Sterbende im Jahr. Die Liegezeit war früher 25 Tage, heute 17 bis 18 Tage. Die Anmeldungen sind frühzeitig, aber bis die Gäste aufgenommen werden, vergeht einige Zeit. Die Krankenhäuser versuchen immer wieder, noch zu heilen. Das Alter der im Hospiz Sterbenden ist sehr unterschiedlich.

Gibt es Wartezeiten?

Die Wartezeiten liegen bei fünf bis 20 Tagen. Sie sind länger geworden, möglicherweise, weil das hospizliche Sterben heute von den Menschen besser angenommen wird. Im Hospiz erwartet sie das betreute Sterben ohne Schmerzen. Das Wort betreut ist wichtig. Das heißt nicht nur „gestreichelt“, sondern in jeder Beziehung „versorgt“.

Es gibt ja auch ambulante hospizliche Möglichkeiten in Herne.

Ja, unsere Mitglieder unterstützen finanziell den Ambulanten Hospiz- und Palliativdienst, denn Patienten aus Altenheimen werden in der Regel nicht ins Hospiz aufgenommen. Die ambulante Versorgung dort und zu Hause ist eine wichtige Ergänzung. Es besteht eine enge, gute Zusammenarbeit.

Aber mit Etablierung der ambulanten Dienste lässt die Nachfrage nach dem Hospiz nicht nach?

Nein. Der Ambulante Hospizdienst betreut um die 100 Patienten pro Jahr. In Herne sind im vergangenen Jahr 2130 Menschen verstorben, davon im Hospiz im Jahresdurchschnitt 175. Im Krankenhaus sterben 35 bis 40 Prozent, in Alten- und Pflegeheimen bis zu 40 Prozent und zu Hause 20 bis 30 Prozent. Ziel ist es nicht, dass alle Menschen im Hospiz sterben, sondern die hospizliche Betreuung überall einzuführen, auch zu Hause und in Altenpflegeheimen

Brauchen wir mehr Hospizplätze?

Ja sicherlich. Ich hoffe, dass ich im Hospiz sterben kann oder in den Armen meiner Frau. Wenn man niemanden zur Betreuung hat, dann kommt nur das Hospiz in Frage. Erweitern kann man aber das Herner Hospiz nicht, das ist baulich und grundstücksrechtlich nicht möglich. In Witten soll ein weiteres Hospiz gebaut werden.

Wenn Sie sich zu Ihrem gestrigen Geburtstag wünschen dürften ....

... wünsche ich mir eine weitere Verbreitung der hospizlichen Betreuung in Alten- und Pflegeheimen. Voraussetzungen sind die Ausbildung des Personals und natürlich die räumlichen Bedingungen. Jeder Mensch hat den Wunsch nach einem guten Sterben, begleitet von den Menschen, die ihm nahe stehen, fachlich und menschlich kompetent betreut.

Schreitet die Hospiz-Palliativversorgung nicht voran?

Wir haben zu wenig in Hospiz- und Palliativbetreuung ausgebildete Ärzte in Herne. Das ist noch ein schwieriges Thema. Ich hatte schon einmal Pläne für eine telemedizinische Betreuung, per Telefon oder Skype. Das ist noch nicht ausdiskutiert.

Apropos Finanzen: Das Hospiz hat immer wieder höhere Tagessätze gefordert. Wie ist die momentane Situation?

Der jetzige Vorstand hat neu verhandelt und erreicht, dass die Kosten in einem höheren Maße von den Krankenkassen übernommen worden sind. Der Tagessatz ist deutlich besser geworden und liegt jetzt bei 309,24 Euro. Aber wir zahlen als Förderverein immer noch deutlich mehr als den gesetzlich vorgeschriebenen Eigenanteil von fünf Prozent, nämlich um die 20 Prozent, das sind im Jahr etwa 200 000 Euro, die die GmbH und der Verein übernehmen.

Wie bekommen Sie als Förderverein ihr Geld zusammen?

Über Mitgliedsbeiträge und regelmäßige Spenden. Wenn ich oder Andere einen Vortrag halten, wird hinterher oft gespendet. Es gibt relativ viele Spenden anstelle von Kränzen für Menschen die verstorben sind; auch Spenden bei Geburtstagen und Goldenen Hochzeiten, die Radsportgemeinschaft macht viel, es gibt auch Frauen die stricken oder einen Bastelkreis.

Hat sich das Hospiz in den zehn Jahren weiter entwickelt?

Ja, die hospizliche Medizin und Betreuung haben sich deutlich verbessert, auch durch eine Unterstützung durch den Förderverein. Das Ambiente ist das gleiche geblieben, aber die Verlaufsbeobachtung, die Betreuung ist medizinisch besser geworden.

>>WEITERE INFORMATIONEN.

Prof. Dr. Alexander Sturm war 45 Jahre als Internist beruflich aktiv, darunter von 1970 bis 1996 als Direktor der Medizinischen Klinik am Marienhospital Herne, danach bis 2000 Ärztlicher Direktor.

2002 gründete er den Förderverein Lukas-Hospiz, dessen Vorsitzender er lange Jahre war.

Gleichzeitig studierte er Theologie und übernahm später einen Lehrauftrag an der Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität. Bis zu seinem 82. Lebensjahr hielt er Vorlesungen zum Thema: „Wie wollen wir sterben?“. Zum gleichen Thema verfasste er eine Publikation, die der Förderverein 2016 im Selbstverlag herausgegeben hat.

Das Lukas-Hospiz öffnet zum zehnjährigen Bestehen heute von 12.30 bis 18 Uhr seine Türen (Jean-Vogel-Straße 43).