Herne. . Die Franks lebten mit drei Kindern in Sodingen. Auf der Bühne zeichnen die Schüler am Auschwitz-Gedenktag Stationen ihrer Verfolgung nach.

  • Louis und Julie Frank lebten mit drei Kindern an der Mont-Cenis-Straße in Sodingen
  • Eltern und Tochter Ruth gehörten 1942 zu den ersten Deportierten Richtung Riga
  • Sieben Schüler der Gesamtschule Sodingen haben ihre Geschichte recherchiert

Nur ein paar Häuser weiter haben sie in Sodingen an der Mont-Cenis-Straße 251 gewohnt: Louis und Julie Frank mit ihren drei Kindern. Ihr Leben änderte sich dramatisch, als die Nationalsozialisten 1933 die Macht übernahmen. Die jüdische Familie wurde auseinandergerissen, die Eltern und ihre Tochter Ruth wurden deportiert und starben 1942 und 1944 in Konzentrationslagern. Schüler der Sodinger Gesamtschule Mont-Cenis haben das Schicksal der Familie Frank recherchiert und ihre Geschichte zu einer szenischen Erzählung verdichtet. Am Freitag präsentieren sie sie im Kulturzentrum, zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.

Erste Deportation 1942 von Dortmund aus

Der 27. Januar - für die Schülerinnen und Schüler des Grundkurses Geschichte in der Jahrgangsstufe 11 vermutlich bisher ein Datum, dem sie allenfalls im Geschichtsunterricht begegnet sind. 1945 wurde an diesem Tag das Konzentrationslager Auschwitz befreit. Seit 1996 gilt der Tag als offizieller Gedenktag. Dass an einem 27. Januar auch der erste Transport mit jüdischen Menschen den Dortmunder Hauptbahnhof verließ, erfuhren die Jugendlichen erst im Zuge ihrer Recherchen. 1942 war das, und Ruth Frank war unter den Deportierten.

Tom und Jan, zwei 18-Jährige, sitzen bei der Probe in der Gesamtschul-Aula ein paar Meter vor der Reihe ihrer fünf Mitspieler und zählen mit verteilten Rollen die Fakten auf. 41 Deportierte stammten aus Herne. 29 fanden den Tod. Zug um Zug berichten die beiden Schüler, was sie herausgefunden haben im Stadtarchiv und bei ihren Erkundungen in Sodingen. Ganz nah sind die Geschehnisse in den letzten Wochen an sie herangerückt. „Wir haben alte Adressbücher durchgeschaut und Zeitungen“, berichtet Tom. Deportationslisten fanden sie im Internet. Auch das Franksche Haus in Sodingen schauten sie sich an und fragten Menschen auf der Straße und in einem Altenheim, ob sie sich an die Familie erinnerten. „Wir wurden sehr oft zurückgewiesen“, sagt Jan. Lediglich ein erst vor zehn Jahren zugezogener Mann ließ sich auf ein Gespräch mit den Jugendlichen ein.

Sound-Collage mit Musik und O-Tönen

Seine Aussagen finden sich teilweise in der Sound-Collage wieder, die Tim Müller, sonst Regieassistent beim WDR, aus Gesprächen, Schlagern, jüdischen Liedern und O-Tönen zusammengeschnitten hat. Sie umrahmen die Textpassagen. Am Freitag werden zusätzlich Bild-Projektionen die Szenen begleiten. Auch ein Gespräch mit Dan Frank wird zu hören sein, einem Enkelsohn des Ehepaars Frank. Sein Vater Kurt, ein Bruder Ruths, war 1939 nach Palästina ausgewandert. Dan (79) lebt in Israel, die Jugendlichen befragten in per Skype.

Die Initiatoren Céline Spieker und Ralf Piorr geben Regieanweisungen.
Die Initiatoren Céline Spieker und Ralf Piorr geben Regieanweisungen. © Ralph Bodemer

Erarbeitet hat die Szenen mit den Gesamtschülern der Herner Historiker Ralf Piorr, ein Kenner der Geschichte der Juden in Herne, zusammen mit deren Lehrerin Céline Spieker. Sie hat festgestellt, dass ihre Schüler über den „lokalgeschichtlichen Zugriff“ gut den Bogen spannen konnten zum Gesamtzusammenhang. „Das Feedback wird auch ein anderes, weil das Geschehen plastisch wird“, sagt sie. Ralf Piorr hofft darüber hinaus auf Nachhaltigkeit: Er möchte mit den Schülern in Sodingen eine seiner Erinnerungstafeln aufstellen.

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Die Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus beginnt am Freitag, 27. Januar, um 12 Uhr im großen Saal des Kulturzentrums.

Die Feier wird jedes Jahr von einer anderen Schülergruppe inhaltlich gestaltet.

Der Beitrag der Sodinger Gesamtschüler wird von der Big Band der Schule umrahmt, Ingo Marmulla leitet sie.