Herne. . Die Feuerwehr an der Sodinger Straße ist auch nachts besetzt. Obwohl es Schlafmöglichkeiten gibt: Ein Auge macht dort kaum jemand zu.
- Für den Ernstfall gibt es auf der Wache an der Sodinger Straße einen 24-Stunden-Dienst
- Ein Aufenthaltsraum, sowie Betten sollen den Bereitschaftsdienst angenehmer machen
- Der Zusammenhalt unter den Kollegen ist groß; sie sind wie eine zweite Familie
Feuerwehrmann Sebastian Lohrengel hat sein Bettzeug auf die Matratze geworfen. Auf dem Nachttisch stehen Tupperdosen, vor dem Bett die Stiefel. Nachtruhe. Solange, bis der Gong die Stille durchbricht, Licht den Raum flutet und die Ansage erklingt. Einsatz, raus in die Nacht, wieder zu Bett gehen, schlafen. Lohrengel ist 37, er kann das. Die älteren Kollegen wie Guido Schiller und Marco Diesing treffen sich in der Küche auf einen Kaffee und quatschen.
Bei den „alten Hasen“ braucht es den Gong nicht mehr, sagt Brandrat Diesing. „Viele von uns werden in ihren Kojen schon wach, wenn die Relais im Schaltkasten angehen.“ Angewohnheiten, die sich auch zu Haus bemerkbar machen. Feuerwehrmänner haben einen leichten Schlaf.
Wer denkt, dass ein Feuerwehrmann bei einer 24-Stunden-Schicht im Schlaf Geld verdient, liegt falsch. Man habe höchstens mal die Augen zu, sagt Schiller. Jetzt um Mitternacht herrscht Ruhe auf der Wache. Die Flure liegen im Dunkeln, während oben, in der Leitstelle, zwei Männer vor dem Rechner sitzen und die Notrufe entgegennehmen.
Kollegen werden zur Familie
Nicht immer ist das Leben der Feuerwehrmänner aufregend. Typisch ist etwa ein angebrannter Topf auf der Herdplatte. Manchmal aber, da werden sie gefordert. Zum Beispiel, als das Bergmannsheil brannte. „Das Ereignis hat uns komplett gefordert“, erinnert sich Diesing. Die Feuerwehr Herne war mit einer großen Zahl in Bochum und unterstützte die Einsatzkräfte.
Den Menschen zu helfen ist ein Motiv für die Arbeit als Feuerwehrmann. „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“, sagt etwa Guido Schiller. „Es hat mir immer Spaß gemacht, anderen Leuten zu helfen.“
Der Weg dahin ist nicht leicht. In der Ausbildung verdient ein Feuerwehrmann 100 bis 1100 Euro. „Eine Familie kann man damit nicht ernähren“, sagt Schiller. Gleichzeitig ist der Beruf des Feuerwehrmanns zeitintensiv. 48 Stunden arbeiten die Männer und Frauen wöchentlich, mehr als in vielen anderen Berufsgruppen. Gleichzeitig verbringen sie zwei bis drei ganze Tage in der Woche auf der Wache.
Aufenthaltsraum als Mittelpunkt
„Die Feuerwehr ist wie eine zweite Familie“, sagt Schiller, während er im Aufenthaltsraum steht. Hier gibt es eine Küche und einen großen Tisch, an dem die Feuerwehrleute jeden Abend gemeinsam essen. Sie wären keine Meisterköche, aber „ein gutes Menü kriegen wir schon hin“. Im Aufenthaltsraum wird viel geredet, über Einsätze, aber auch über Privates. Einsatzleiter Diesing kann hier die Stimmung ablesen. „Wenn ich hereinkomme und jeder isst für sich, weiß ich, dass etwas passiert ist.“
Ortswechsel. Diesing, Schiller und Lohrengel zeigen das Wohnzimmer.
Große schwarze Sessel, ein Flachbildfernseher an der Wand, in der Ecke ein Tannenbaum. Auf dem Fernsehtisch liegen Fernbedienungen. „Wir haben für Sky zusammengeschmissen. Jeder zahlt einen Euro. Daran sieht man auch wieder den Zusammenhalt“, stellt Schiller fest, der sich in einen Sessel fallen gelassen hat. Zeit über ein unerfreuliches Thema zu reden. Derzeit wird viel über die zunehmende Respektlosigkeit gegenüber Einsatzkräften gesprochen. „Früher waren die Menschen respektvoller“, findet Schiller. Diesing meint: „Es ist ein Thema, aber wenn man die Zahlen sieht, ist es doch nicht so groß.“
Manche Einsätze sind besonders
Ein Danke würden sie trotzdem gerne öfter hören. Zuletzt bekam Diesing eine E-Mail. Vor gut einem Jahr rettete die Feuerwehr vier Jugendlichen in einem verunglückten Auto das Leben. Allen ginge es wieder gut, schrieb der Verfasser, und bedankte sich für die Hilfe, „Sowas freut uns alle“, sagt Diesing. Guido Schiller hat mal einem Mann zwei Euro geliehen, damit er vom Krankenhaus mit dem Bus nach Hause fahren konnte. Seine Frau hatte einen Herzinfarkt erlitten. „Am nächsten Tag lag bei mir ein Brief mit einer Karte, den zwei Euro und einem Lotto-Schein. Das werde ich nie vergessen.“ Die Kollegen gehen ins Bett, und auch Diesing wird sich gleich hinlegen. Wer weiß, wie lange er heute schlafen wird. Wenn er überhaupt schläft.