Herne. . Mit einem Video im Internet appellieren Feuerwehrmänner an die Vernunft der Mitbürger. Auch die Herner Feuerwehr macht mit.

Das Blaulicht flackert, das Martinshorn ertönt, Feuerwehrleute stürzen aus dem Einsatzfahrzeug, sie sind auf eine Party gerufen worden. Dort liegt ein Betrunkener auf der Tanzfläche und ist bewusstlos. „Warum kommen Sie jetzt erst, Sie haben doch eh keine Ahnung!“ Statt eines Dankeschöns ernten die Helfer Pöbeleien. Ein Szenario, das genau so passiert und keine Seltenheit sei, bedauert Feuerwehrmann Guido Schiller.

Zunehmende Bedrohung

Beunruhigt verfolgt die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft (DFeuG) NRW die Berichterstattung über zunehmende Bedrohungen und Angriffe auf Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst. Mit dem Clip im Netz „Respekt- Ja, bitte!“ wolle man für mehr Respekt in der Bevölkerung werben.

In dem Kurzfilm berichten eine Feuerwehrfrau und Feuerwehrmänner, was sie erlebt haben. Mitglieder des Landeskabinetts und des Landtags appellieren zudem an die Vernunft und fordern mehr Respekt gegenüber Rettungskräften. Das Video wurde bereits in den ersten Tagen über 500 000 Mal angeklickt und wird in den Medien entsprechend beworben.

Tägliche Pöbeleien und Gaffer

Guido Schiller und sein Kollege von der Wanner Wache, Herold Klaus, sehen sich täglich Pöbeleien ausgesetzt. Nicht nur die Leute von der Feuerwehr seien Behinderungen und Beschimpfungen ausgesetzt, auch Polizisten und Krankenpersonal hätten damit zu kämpfen. Eine weiteres großes und bekanntes Problem seien die Gaffer. Auch in Herne treibt Neugier die Menschen zu den Einsatzorten und behindert Rettungsaktionen.

Die Macher des YouTube-Videos wandten sich an Feuerwehrleute aus ganz NRW, die selbst schon einmal Opfer von Anfeindungen oder gar Gewalt wurden. So auch Guido Schiller, der 2014 dabei war, als ein privates Auto bewusst gegen ein Fahrzeug der Feuerwehr fuhr und ihn dabei verletzte. „Ich habe von diesem Beruf schon als Kind geträumt und nach der Attacke habe ich mir gesagt: Jetzt erst recht!“, erklärt der 46-jährige. Seine Kinder wollten dem Vater früher nacheifern, jetzt streben sie inzwischen andere Berufe an, die sicherer sind.

Klassische Tugenden gehen verloren

Die beiden Feuerwehrmänner sehen in der Problematik ein gesellschaftliches Phänomen. Die Leute würden immer egoistischer und hätten die klassischen Werte vergessen, meint Herold Klaus. „Solidarität und Respekt - das waren doch mal Tugenden des Ruhrgebietes. Wo sind die nur geblieben?“, fragt sich Schiller. Für ihn und seine Kollegen sei jeder Mensch gleich, Diskriminierung gebe es nicht. Ein farbiger Kollege aus Dortmund sei aufgrund seiner Hautfarbe wüst beschimpft worden.

An der Produktion des Videos habe er gerne mitgewirkt, um ein Zeichen zu setzen. Der Herner hofft, dass sich die User Gedanken machen und, dass es potenzielle Täter erreiche, bevor sie etwas aushecken oder im Affekt überreagieren: „Diejenigen, die an Silvester mit Feuerwerkskörpern auf uns werfen, könnten schnell auch selbst Opfer werden und einen Böller abbekommen.“

Die Feuerwehrleute hoffen, dass das YouTube-Video Wirkung zeigen wird. Und dies in allen Schichten der Bevölkerung. Denn Angreifer seien keineswegs nur Leute aus bildungsfremden Kreisen. Vor allem in der Gruppe würden die meisten prekären Situationen entstehen oder unter Alkoholeinfluss.

An Silvester sind die beiden Feuerwehrleute im Stadtgebiet im Einsatz, und sie sind froh, dass der Clip rechtzeitig vor dem Jahreswechsel ins Netz gekommen ist.