Herne. . Der Umbau der Königin-Luisen-Schule wird mindestens 1,3 Millionen Euro teurer als erwartet. Die Politik kritisiert die Planung der Stadt.

  • Umbau der Königin-Luisen-Schule wird mindestens 1,3 Millionen Euro teurer als geplant
  • Bei Planung wurden unter anderem Telefonanlage und Geräte für Großküche vergessen
  • Politik kritisiert Verwaltung und spricht von Schlamperei; Stadt weist dies zurück

Wenn die öffentliche Hand baut oder saniert, ist das nicht selten mit extremen Kostensteigerungen verbunden. Die Königin-Luisen-Schule in Bickern ist zwar nicht vergleichbar mit dem Berliner Flughafen oder der Hamburger Elbphilharmonie, doch schon allein die Begleiterscheinungen der teuren Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes bringt die Herner Politik auf die Palme.

Die reinen Zahlen: Für den Umbau der ehemaligen Hauptschule in Bickern für die bisherige Kindertagesstätte an der Michaelstraße und die Erziehungsberatung der Stadt hatte die Verwaltung beziehungsweise ein beauftragter Architekt zunächst 6,023 Millionen Euro eingeplant. Mittlerweile musste die Stadt bereits dreimal nachbessern; die aktuellen Kosten liegen bei rund 7,36 Millionen Euro.

Schlamperei oder Überlastung

Als „sehr, sehr, sehr ärgerlich“ bezeichnete Grünen-Fraktions-Chef Thomas Reinke jüngst im Rat die Umstände der (bisher) dreimaligen Kostensteigerung. Er kritisierte unter anderem, dass in den Planungen für die Königin-Luisen-Schule zunächst keine Telefonanlage und kein Internetanschluss vorgesehen gewesen seien. Nach Angaben der Stadt fielen für die Leitungsverlegung und Anschlussarbeiten rund 70 000 Euro zusätzlich an.

Auch die Linke-Stadtverordnete Veronika Buszewski konnte nur staunen: „Wie man eine Großküche ohne Gerätschaften planen kann, ist mir unbegreiflich.“ Laut Stadt seien bei der Ausschreibung der Küche für die Verpflegung von 100 Kindern erforderliche Geräte wie Konvektomaten sowie Kühl- und Tiefkühlschränke „nicht geplant“ gewesen. Kostenpunkt: 25 000 Euro.

Weitere Mehrausgaben seien unter anderem durch höhere Brandschutzkosten und ein erforderliches Schließanlagensystem angefallen. Der Hauptanteil der Kostensteigerungen sei auf Maler- und Putzarbeiten zurückzuführen. So habe sich der Innenputz in großen Flächen bei der Spachtelung der Wände abgelöst.

Verwaltung weist Vorwürfe zurück

Doch auch hier meldete die Politik Zweifel an. Tenor: Bei einer seriösen Vorplanung seien solche Schäden frühzeitig zu erkennen. Die Linke stellte die Frage in den Raum, ob es sich hier um Schlamperei oder Überlastung handele. Buszewski brachte noch eine dritte Variante ins Spiel: Hat die Stadt die Kosten mit Blick auf die Darstellung im Haushalt zunächst bewusst zu niedrig angesetzt?

Dies weist die Stadt auf Anfrage der WAZ zurück. Es habe sich weder um Schlamperei oder Überlastung noch um „Haushaltstricks“ gehandelt, erklärt Stadtsprecher Christoph Hüsken. Vielmehr sei ein Umbau eines denkmalgeschützten Gebäudes stets mit „hohen Risikopositionen“ verbunden.

Kita zog am 7. November ein

Es gibt aber auch Erfreuliches zu berichten: Die Kindertagesstätte Michaelstraße ist bereits am 7. November in die Schule umgezogen. Aufgrund der Erweiterung des Angebots - unter anderem gibt es eine zusätzliche eine Gruppe für Kinder unter drei Jahren - sei die Zahl der Mitarbeiterinnen von 14 auf 25 aufgestockt worden, so die Stadt.

Ende Februar/Ende März werde dann auch die Familien- und Schulberatungsstelle mit 25 Mitarbeitern von der Wanner Ludwigstraße in die Schule umziehen. „Die Feier für die Eröffnung ist im Frühjahr 2017 geplant“, erklärt Christoph Hüsken.

>>> STELLUNGNAHME DER STADT

Die Stellungnahme der Stadt auf die Anfrage der WAZ im Wortlaut: „Das externe Architekturbüro Wallmeier und Stummbillig war vom Gebäudemanagement Herne (GMH) unter anderen beauftragt, eine Kostenberechnung nach DIN 276 für den Förderantrag zu erstellen. Diese Kostenberechnung (vom 29.08.2014) erfolgte auf Basis der Entwurfsplanung. Dabei waren die Gesamtkosten für die Umnutzung der ehemaligen Königin-Luisen-Schule als zukünftige Nutzung für eine Kindertagesstätte (Kita) mit Familienzentrum im Erdgeschoss, 1. Obergeschoss und in Teilen des Untergeschosses, sowie für die Familien- und Schulberatungsstelle des Fachbereichs Kinder – Jugend – Familie (FB 42) im 2. Obergeschoss und dem Dachgeschoss, ermittelt worden. Die Kosten umfassten notwendige und sinnvolle bauliche Maßnahmen-Kosten am Objekt, die unabhängig von der Nutzung zwingend erforderlich waren, um die gravierendsten vorhandenen baulichen Mängel zu beseitigen und den Bestand langfristig zu sichern und die Nutzbarkeit herzustellen.

Darüber hinaus wurden die Kosten für die Einrichtung der Kita sowie für die Familien- und Schulberatungsstelle errechnet. Diese beinhalten auch die speziellen baulichen Maßnahmen an der Gebäudestruktur (z. B. neue, spezielle Sanitärräume für die Kita), den Abbruch des alten Schulpavillons sowie des Hausmeisterhauses. Zur Erstellung der Kostenberechnung lagen noch keine detaillierten Untersuchungen zum tatsächlich vorhandenen Bestand, in Abweichung zum baulich genehmigten Bestand vor. Der Zuwendungsbescheid (Förderung) wurde am 14.11.2014 erteilt. In den Monaten bis zum Baubeginn am 22.09.2015 wurden die verschiedenen Gewerke ausgeschrieben und es fand eine erste Überprüfung der Kostenberechnung statt.

Es wurde bereits im Juni / Juli 2015 eine Mehrbedarf von 430.500 € ermittelt. Diese Mehrkosten resultierten in erster Linie aus Maßnahmen deren Erfordernis erst nach Untersuchung der vorhandenen Bausubstanz sichtbar wurde. Dazu gehörten z. B. Kosten für die Sanierung der gesamten Mauerwerksfassade und zur Schadstoffsanierung. Während der Bauzeit sind weitere Kostensteigerungen aufgetreten. Im Mai 2016 waren zusätzliche Finanzmittel in Höhe von 286.000 € und im August 2016 noch einmal in Höhe von 376.000 € erforderlich.

Diese Mehrkosten sind begründet durch zusätzliche Arbeiten, wie z.B.: • Abbruch von während der Bauzeit vorgefundener Zwischendecken • schließen von vorgefundenen Schächten, Hohlräumen und Fensternischen
• Erneuerung einer Gaube, von Kehl- und Gratsparren wegen Holzfäule • brandschutztechnische Behandlung von vorgefundenen Stahlträgern • Anpassungsmaßnahmen am alten Dachtragwerk an die statisch erforderliche Konstruktion
• weitere Maßnahmen zum Schutz der hochwertig ausgestatteten Räume im Untergeschoss gegen eindringendes Wasser und Feuchtigkeitsschutz
• Sanierung von mangelhaften Putz (Putz löste sich in großen Flächen bei der Spachtelung der Wände).

Die zuvor aufgeführten Punkte waren zum Zeitpunkt der ersten Kostenberechnung vom 29.08.2014 nicht erkennbar und konnten somit vom Architekturbüro auch nicht in die Kostenberechnung nach DIN 276 einfließen. Die Position für unvorhersehbare Maßnahmen konnte die zahlreichen zusätzlichen Maßnahmen, die zu den Kostensteigerungen führten, nicht auffangen. Zusätzlich kamen im August 2016 noch Kosten für die erforderlichen Arbeiten für den Telefon- und IT-Anschluss des Gebäudes (Anschluss an das städtische IT-Netz) hinzu, die in der ersten Kostenberechnung von Wallmeier und Stummbillig auch nicht berücksichtigt waren.

Auch führten erhöhte Ausgaben für die Einrichtung / Ausstattung der Kita zur letzten Kostensteigerung. Die Stadt Herne hat in Abstimmung mit dem Fördermittelgeber einen Antrag auf Erhöhung der Fördermittel gestellt. Dieser wird bei der Bezirksregierung zurzeit geprüft. Ob und in welcher Höhe es gegebenenfalls noch zu einer Auszahlung von zusätzlichen Fördermitteln kommt, ist noch nicht bekannt.

Gemäß dem aktuellen Bauzeitenplan werden bis Ende Januar 2017 die restlichen Arbeiten im 2. Obergeschoss und dem Dachgeschoss abgeschlossen sein. Witterungsbedingt kann es bei den Außenanlagen zu einem späteren Abschluss der Arbeiten kommen, dies kann leider nicht beeinflusst werden. Der Kita-Betrieb ist am 07.11.2016 von der Kita Michaelstraße in die Räumlichkeiten der ehemaligen Königin-Luisen-Schule gewechselt. Die Kindertageseinrichtung hat erstmals auch Kinder im Alter von 0-3 Jahren aufgenommen. Die Medien wurden noch nicht informiert, da sich diese Kinder noch in der Eingewöhnung befinden. Auch die übrigen Kinder sollten sich erst in die neue Kindertageseinrichtung einfühlen und sich zurechtfinden. Durch die Aufstockung der Gruppenzahl arbeiten nun 25 Erzieher in Voll- und Teilzeit am neuen Standort (gegenüber 14 an der Michaelstraße). Hinzu kommen noch eine Sprachkitakraft und eine Berufspraktikantin.

Die Feier für die Eröffnung ist im Frühjahr 2017 geplant. Zu diesem Termin wird dann auch die Familien- und Schulberatungsstelle vom FB 42 in ihre neuen Räume eingezogen sein. Diese Mitarbeiten arbeiten zurzeit noch in den Räumen in der Ludwigstraße 14. Insgesamt werden 25 Mitarbeiter / innen Ende Februar / Anfang März 2017 umziehen.“