Herne. . In unserer Serie haben wir auch den Erotikfachhandel an der Dorstener Straße besucht. Das Internet stellt keine Bedrohung dar.

  • Kunden des Erotik-Shops an der Dorstener Straße sind zwischen 18 und 75 Jahre alt
  • Internet nützt dem Geschäft, sagt eine Verkäuferin, weil die Menschen offener geworden sind
  • App-gesteuerte Liebes-Spielzeuge liegen derzeit im Trend - und sind nicht billig

Früher haben die Menschen Hefte unter der Ladentheke gekauft. Das weiß ich, Jahrgang 1991, aus den Filmen. Dann kam das Internet, das Rad drehte sich ein bisschen schneller. Heute kommen Werbungen für Liebes-Spielzeug in den Pausen der Blockbuster. Alles sofort im Internet bestellbar.

Geschäfte gibt es natürlich auch noch. Wenn man in Herne von der Autobahn 42 fährt, steht da sogleich ein Schild. Man muss dem Pfeil nur folgen, um zum Ego24-Erotikfachhandel zu kommen. Das mache ich heute mal, an einem ziemlich gewöhnlichen Donnerstagnachmittag um 16 Uhr.

Ich habe Schlimmeres erwartet. Obskure Ledermasken aus einem Dalí-Traum, Gummipuppen mit aufgeblasenen Brüsten, Ketten, Peitschen. Aber das Geschäft an der Dorstener ist wie jedes andere. Von der Decke rieseln Chart-Songs, aufgeräumte, unauffällige Regale, Sitzecken, Zeitschriftenständer. Hinter der Ladentheke strahlen die Mitarbeiterinnen Karina Borsutzki und Michaela Purz.

„Für mich ist das ganz normal“

„Für mich persönlich ist es nicht anders als bei H&M zu arbeiten. Oder Käse zu verkaufen“, sagt Michaela Purz aus Herne. Wenn ein Kunde hereinkommt, wird er beraten, geht gemeinsam mit der 44-Jährigen zur Theke und bezahlt. Nur das Produkt ist ein anderes. Gerade legt ein unauffälliger Mann mittleren Alters die Nachbildung eines männlichen Geschlechts auf den Tisch - ungefähr die größte Größe, die sie hier verkaufen, wie ich später erfahre. Purz lässt sich nichts anmerken. „Für mich ist das ganz normal.“

Das mag an der Kundschaft liegen. In Krimis sind es die Verlorenen, die Einzelgänger, die in solche Läden gehen. In Herne komme jeder durch die Ladentür, sagt Borsutzki: „Von 18 bis 75, alleine oder als Pärchen.“ Das Internet habe - anders als man denkt – eine positive Wirkung. Die Menschen seien offener geworden. Spürbar mehr Pärchen kämen in das Geschäft, um sich neue Anregungen für ihr Liebesleben zu holen. „Oft kommen auch Frauen, die ihren Partner überraschen wollen“, sagt Michaela Purz. Dessous und Spielzeug seien besonders gefragt. Was allgemein für den Einzelhandel gelte, sei auch für den Erotikfachhandel die Kernkompetenz: der Service.

Shop mit „Produkten zum Anfassen“

„Die Kunden lassen sich gerne beraten. Man kann die Produkte eben hier auch anfassen“, sagt Borsutzki. Anfangs hätten die Kunden noch Hemmungen, aber mit der Zeit würden die sich lösen. „Es gibt keine blöden Fragen“, versichert die 29-Jährige dann immer den Kunden. „Man kann hier alles fragen.“ Es gebe Kunden, die sich nur hier über ihre sexuellen Bedürfnisse unterhalten könnten.

„Steck den Finger mal rein“, sagt Verkäuferin Karina Borsutzki, als wir vor einem vibrierenden und sich erwärmenden Hintern ohne Beine stehen. Hat auch seinen Preis: 900 Euro. Dazu kann man noch eine 3D-Brille kaufen. Der Fortschritt der Technik ist auch in der Erotik-Branche ein großes Thema. App-gesteuerte Spielzeuge sind jetzt ganz neu, für 250 Euro nicht gerade nebenbei gekauft. Der Umgang mit den Produkten müsse gelernt sein, sagt die Dattelnerin. Manche kämen wieder, um zu fragen, wie das klappe.

Dass viele Menschen im 21. Jahrhundert einen lockereren Umgang mit dem Thema Sex haben, ist für Verkäuferin Karina Borsutzki keine Überraschung. „Es gehört einfach zum Leben dazu. Ich bin froh, dass sie etwas ausprobieren.“ In ihrer Familie wüsste jeder, wo sie arbeite und habe keine Probleme damit. Michaela Purz hat ihrem 14-Jährigen Sohn erklärt, wo sie ihr Geld verdiene. „Ich habe ihn auch gefragt, ob das für ihn okay ist.“ Sie habe ihm nur sagen müssen, dass er sie nicht auf der Arbeit besuchen dürfe.

Die Dattelnerin Karina Borsutzki möchte ihren Job auf keinen Fall eintauschen. Der Umgang sei netter, man sei schneller beim Du. „Im Großen und Ganzen macht das hier mehr Spaß.“

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Der Erotikfachhandel ist räumlich getrennt vom Erlebnisbereich. Hier gibt es mehrere Kinos, in denen pornografische Filme laufen und mehrere spezielle Räume. Nur durch eine Schranke erhält man Zutritt.

Kunden des Shops können den Erlebnisbereich nicht einsehen. Um ihn zu betreten, müssen sie zwölf Euro Eintritt zahlen.

Ego24-Erotikfachhandel: Dorstener Straße 253.