HCR, Bogestra und Vestische appellieren in einer neuen Initiative an ihre Fahrgäste, Rücksicht zu nehmen auf ihre Mitfahrer. Lautes Musikhören und das Verzehren von Speisen und Getränken ist nun verboten.
In Deutschland gibt es fast nichts, was nicht geregelt ist. Aber wer weiß schon, dass die - jetzt kommt's, im herrlichen Bürokratendeutsch - „Verordnung über die allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Omnibusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen” auch den Gebrauch von „Tonwiedergabegeräten” in Bussen, Straßen- und U-Bahnen untersagt? Sie tut es - und die heimischen Verkehrsunternehmen Straßenbahn Herne-Castrop Rauxel (HCR), Bogestra und Vestische machen sich unter anderem dies zunutze für eine neue Kampagne gegen Lärm und Müll in ihren Fahrzeugen. Die Verkehrsunternehmen im östlichen Ruhrgebiet haben sich zusammen zu dieser Kampagne entschlossen, die mit Plakaten, Aufklebern und Handzetteln bei den Fahrgästen darum werben soll, in Sachen Lärm und Müll Rücksicht zu nehmen auf Mitfahrer. Den Anlass, diesbezüglich aktiv zu werden, haben Kundenbefragungen in Dortmund und Bochum gegeben. Hier hatten Fahrgäste laute MP3-Player- oder Handy-Musik und Verunreinigungen in den Bussen und Bahnen moniert. Ab sofort gilt deshalb im öffentlichen Personennahverkehr der beteiligten Unternehmen: Der Verzehr von Speisen und Getränken ist ebenso verboten wie das zunehmend als Ärgernis empfundene Abspielen lauter Musik, bei dem zumeist Jugend(gruppen) auffallen, etwa wenn sie sich untereinander die neuesten Klingeltöne vorspielen. „Wir wollen aber nicht päpstlicher sein als der Papst”, sagt HCR-Geschäftsführer Wolfgang Neige. Musikhören über Kopfhörer bleibt erlaubt, wenn denn nicht doch lautes Gedudel in den Fahrgastraum dringt. Beim Durchsetzen der neuen Regeln setzen die Verkehrsbetriebe zunächst auf die Einsicht der Fahrgäste, wenn sie von Fahrern oder anderem Personal - etwa den Kundenbetreuern der Bogestra - auf ihr Fehlverhalten aufmerksam gemacht werden. „In 90 % der Fälle wird das so sein”, glaubt HCR-Fahrdienstleiter Dirk Person. Helfe die freundliche Ansprache beziehungsweise Ermahnung nicht, so Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann im Einklang mit der HCR, könne die ultima ratio der Gebrauch des Hausrechts sein. Will heißen: Wer nicht hören will, muss zu Fuß gehen. Bei Renitenten kann gar die Polizei eingeschaltet werden. Soweit freilich wollen es die Verkehrsunternehmen nicht treiben. Man wolle mit der nun startenden Kampagne vielmehr die gebotene Rücksichtnahme auf andere Fahrgäste „ins Bewusstsein bringen”, so HCR-Chef Neige. Beim Herner ÖPNV-Dienstleister Nummer eins ist das Müllproblem nach eigener Auskunft übrigens nicht das ganz große Problem. Seit zwei Jahren dürfen Fahrgäste - außer im drubbeligen Schülerverkehr - nur durch den Vordereingang in die Busse steigen. Und da sitzen die Fahrer, die angehalten sind, Speisen und Getränke nicht mit reinkommen zu lassen.
In den U- und Straßenbahnen der Bogestra ist die Kontrolle da schwieriger. Aber auch hier gebe es Möglichkeiten, die Wagen sauberzuhalten, so Sprecher Kollmann. Wenn gerade keiner der mittlerweile 325 Kundenbetreuer da sei, könne jeder Fahrgast über die installierten Sprechzellen Kontakt mit dem Fahrer aufnehmen - „der kümmert sich und es wird reagiert”, verspricht der Bogestra-Mann.