Herne. . In Deutschland erleiden pro Jahr über 300 000 Menschen einen Herzinfarkt. WAZ-Redakteur Tobias Bolsmann hat sich am Marien Hospital testen lassen.

  • Alle wichtigen Tests zum Zustand des Herzens lassen sich in einer Stunde erledigen
  • Die Kardiologie am Marien Hospital Herne feiert das 20-jährige Bestehen mit einem Aktionstag
  • Professor Hans-Joachim Trappe appelliert: Wer Schmerzen spürt, sollte keine Zeit verlieren

Was macht ein Herner, wenn er Schmerzen in der Brust spürt? Erstmal einen Schnaps trinken. Und wenn die Schmerzen nicht nachlassen? Die Tochter anrufen und das Fenster aufmachen. Und wenn das nicht hilft? Noch einen Schnaps trinken.

Immer wenn Professor Hans-Joachim Trappe, Direktor der Kardiologie am Marien Hospital Herne, den Menschen eindringlich vor Augen führen will, dass man bei Brustschmerzen keine Zeit verlieren und sofort ärztliche Hilfe holen sollte, erzählt er diese kleine Geschichte. In Deutschland erleiden über 300 000 Menschen jährlich einen Herzinfarkt. Deshalb wurde der November zum Herzmonat ausgerufen, um mit Aktionen auf die Gefahr aufmerksam zu machen. Im Marien Hospital ist der November in diesem Jahr eine besondere Herzensangelegenheit, die Kardiologie feiert ihr 20-jähriges Bestehen (siehe Infokasten).

Wer Probleme mit der „Pumpe“ hat, sollte nicht zögern, sich checken zu lassen. „Im Grunde sind wir Handwerker“, sagt Trappe. „Mit drei Untersuchungen können wir in einer halben Stunde feststellen, ob alles in Ordnung ist.“ WAZ-Redakteur Tobias Bolsmann hat sich dem Herz-TÜV unterzogen.

Ein Ultraschall erlaubt den Experten einen detaillierten Blick ins Herz

Probleme, so viel sei vorausgeschickt, hatte ich bislang keine. Ich war am Tag zuvor noch eine halbe Stunde joggen, ohne wirklich aus der Puste gewesen zu sein. Aber vielleicht bin ich ja Opfer meiner Einbildung: Nachdem ich vor einigen Wochen den Termin vereinbart hatte, hatte ich das Gefühl, als ob mir mein Herz manchmal bis zum Hals schlägt, doch dazu später...

Belastungs-EKG: Ina Manka, medizinische Fachangestellte, löst nach dem Ende der „Radtour“ die Kabel. Tobias Bolsmann ist aus der Puste, erholt sich aber schnell.
Belastungs-EKG: Ina Manka, medizinische Fachangestellte, löst nach dem Ende der „Radtour“ die Kabel. Tobias Bolsmann ist aus der Puste, erholt sich aber schnell. © Ralph Bodemer

Zu meiner Überraschung beginnt die Untersuchung gar nicht am Herzen, sondern eine Etage höher. Assistenzärtin Kathrin Grunewald macht eine Ultraschalluntersuchung an meinen Halsschlagadern. Ultraschall? Kenne ich. Von den Schwangerschaftsuntersuchungen meiner Ehefrau. Diesmal klebt das glasige Gel an meinem Hals. Den Druck des Untersuchungskopfes nehme ich wahr, doch unangenehm ist er nicht. Mit dem Ultraschall können Ablagerungen und Verkalkungen der Blutgefäße im frühen Stadium entdeckt werden. Nach zehn Minuten hat Grunewald die Untersuchung beendet und ich gehe zum...

...nächsten Ultraschall - genauer gesagt zu einer Doppler-Echokardiografie: Oberärztin Irini Maria Breker klebt mir zwei Elektroden auf den Rücken und beginnt zu „schallen“. Auf dem Bildschirm sieht sie die Blutflüsse innerhalb meines Herzens, Herzklappenfehler oder angeborene Herzfehler könnte sie erkennen. Apropos erkennen. Als sie mir die Aufnahmen von meinem „Motor“ zeigt, erkenne ich in etwa so viel wie bei den Aufnahmen bei der Schwangerschaftsuntersuchungen - wenig. Mit ein wenig Erläuterung habe ich eine Ahnung, was ich sehe. Da Irini Maria Breker entspannt schaut, habe ich eine Ahnung, dass ihr als Expertin gefällt, was sie sieht.

Das Belastungs-EKG mit dem Zimmerfahrrad liefert wichtige Erkenntnisse

An der dritten Station muss ich ran und auf dem Zimmerfahrrad in die Pedale treten - Belastungs-EKG! Das fällt mir als 51-Jährigem, der ein- bis zweimal in der Woche Sport treibt, nicht besonders schwer. Ich fahre quasi auf gerader Strecke los, doch der Schwierigkeitsgrad steigert sich. Man könnte es vielleicht so beschreiben: Zunächst leisten die Pedale so viel Widerstand, als ginge es den Gysenberg hoch, dann auf einen Hügel im Hochsauerland. Die Bergetappe einer Tour de France lasse ich aus, die Viertelstunde ist vorher vorüber. Ja, ich bin aus der Puste, aber ich erhole mich auch schnell.

Professor Hans-Joachim Trappe: „Wer Schmerzen spürt, sollte 112 wählen.“

Untersuchung beendet - doch es gibt eine kleine „Zugabe“. Ich werde für ein Langzeit-EKG verkabelt, um meine Herztätigkeit an einem normalen Tag zu messen. Rhythmusstörungen, Herzrasen oder Stolperer zeichnet das kleine Gerät auf.

Ach ja, die Stolperer. Die habe ich tatsächlich, bestätigt mir Professor Hans-Joachim Trappe bei der Auswertung der Ergebnisse am nächsten Tag. Doch sie seien normal, das Herz sei keine Maschine. Trappe gibt mir die TÜV-Plakette, die Untersuchungen haben keine Auffälligkeiten ergeben.

Trappe weist erneut mit Nachdruck darauf hin, dass es eine Tücke gibt: Wenn Menschen, die etwas spüren, nicht kommen. „Die Mentalität ist ja, dass man niemandem zur Last fallen will“, aber das sei falsch. Sein Appell: „Wer länger als fünf Minuten einen richtigen Schmerz fühlt, sollte sofort die 112 wählen.“

>> AKTIONSTAG BIETET BESUCHERN FACHVORTRÄGE

Unter dem Titel „Herz unter Stress - Aktuelles aus der Herzmedizin“ lädt das Marien Hospital Herne, Hölkeskampring 40, am Mittwoch, 16. November, von 15 bis 19 Uhr zum kostenlosen Aktionstag für Patienten, Angehörige und Interessierte. Mit diesem Aktionstag feiert die Medizinische Klinik II auch ihr 20-jähriges Bestehen. Von 15 bis 17 Uhr wird ein Rahmenprogramm angeboten, bei dem sich unter anderem die Herzsportgruppe am Marien Hospital vorstellt oder Dr. Holger Wißuwa (Feuerwehr) Reanimation für Laien demonstriert. Die AOK bietet eine Gesundheitsstraße und Blutdruckmessung an. V on 17 bis 19 Uhr gibt es Fachvorträge zu Bluthochdruck, Herzinfarkt, Herzschwäche oder Rhythmusstörungen. Ab 17.15 wird eine Live-Herzkatheter-Untersuchung präsentiert, um 18.20 Uhr heißt es „Patienten fragen - Experten antworten.“