Herne. . Teffen sich ein Chirurg, ein Abteilungsleiter und ein Dachdecker kurz nach 6 in der Kita ...: ein Besuch in der Eickeler St. Elisabeth-Einrichtung.
- In der 24-Stunden-Serie besuchen wir für eine Stunde ausgewählte Herner Orte
- Heute: von 6 bis 7 Uhr in der Kita St. Elisabeth in Eickel
- Die ersten Kinder werden bereits um 5.30 Uhr gebracht
Verschlafen umklammern Marlene, Joleen und Ben die Beine ihrer Väter. Draußen ist es duster, die Sonne vermutlich noch in China. Dr. Martin Jazra (39), Christian Ohm (34) und André Tilse (35) ergeht es etwas besser. Sie kennen es nicht anders. Um sieben beginnt täglich ihre Arbeit. Ihre Kinder sind weit davon entfernt. Mit drei Jahren hat man noch andere Dinge im Kopf: Schlafen zum Beispiel.
Man könnte die Szene auch so erzählen: Treffen sich ein Chirurg, ein Abteilungsleiter und ein Dachdecker und in der Kita. So fängt kein Witz an, das ist Alltag in der Kindertagesstätte der St. Elisabeth-Gruppe am Solbad 10 in Eickel. Kinder zur Kita bringen ist Männersache. „Man trifft hier vor allem Männer. Das ist kein Zufall“, sagt der Wanne-Eickeler Christian Ohm. Er muss jeden Abend nach Schwelm, ist Leiter einer Rechnungsabteilung. „Gott sei dank macht die Kita schon so früh auf. Wir wohnen direkt in der Nähe. Das war für uns ein riesiges Glück.“ Jazra lebt in Bochum und arbeitet im St. Anna-Hospital. Die Kita liegt auf dem Weg. Papa fährt, das Töchterchen Marlene schlummert auf dem Rücksitz. „Teilweise ist es schwer, sie wach zu kriegen“, sagt der 39-Jährige Oberarzt und schmunzelt. „Da kann es auch mal passieren, dass sie im Schlafanzug im Auto sitzt.“
Im August des vergangenen Jahres eröffnete die St. Elisabeth-Gruppe, zu der auch das Marien Hospital gehört, eine Kindertagesstätte in dem historischen Gebäude. 108 Sprösslinge bis sechs Jahre haben auf zwei Etagen Platz. 16 Stunden am Tag können sie betreut werden. So lange bleibt natürlich keiner. „Wir haben eine Mutter, die im Einzelhandel arbeitet, die ihr Kind um 5.30 Uhr hier absetzt“, erzählt Kita-Leiterin Wilma Osuji. Die extremen Öffnungszeiten, findet sie, werden der Anforderung gerecht, „Beruf und Kind zu vereinen“. Alle Kinder, die frühmorgens in die Kita gebracht werden, haben Eltern, die beide berufstätig seien. Die meisten Mütter arbeiteten im Krankenhaus.
Individuelle Betreuung
„Das ist unsere Ärztinnen-Gruppe“, sagt Osuji, als sie zum „Libellentümpel“ geht. Die Kita ist in Flügel unterteilt, die wieder in Gruppen gefächert sind. Vor der Tür hängen kleine Jäckchen in pink und rosa, Kastanien liegen auf der Ablage.Die Küche ist noch leer, Schalen stehen für das Frühstück bereit. Auf dem Arm hat eine Erzieherin ein blondes Mädchen. Reden möchte es zu dieser Uhrzeit nicht. Der Tag ist noch lang genug.
Zu den Kernzeiten herrscht auf den Gängen Trubel. Morgens ist es ruhig – und ganz persönlich. „Zwischen sechs und acht Uhr haben wir kein Programm. Manche sind sehr müde und schlafen. Die Erzieherinnen schauen dann, welche individuellen Wünsche sie haben“, sagt die Leiterin. Die Wünsche eines kleinen Menschen lassen sich noch leicht zusammenfassen: Spielen, Essen, Schlafen. Letzteres kommt in der Kita nicht zu kurz. Osuji öffnet die Tür zum Schlafzimmer. Kinderbetten stehen hier nebeneinander, Schlafsäcke liegen über dem Gitter, in der Ecke ein großer Schlafbereich mit Matratzen, daneben eine Prinzessinnen-Couch unter angenehm dämmrigen Licht, das Zimmer ist in bunten, vertrauten Farben gehalten. Kind müsste man sein.
In einem anderen Raum haben es sich Marlene, Joleen und Ben gemütlich gemacht. Joleen sitzt auf einer Spielebene und strahlt übers ganze Gesicht. „Wir spielen Theater!“, ruft die Dreijährige Wilma Osuji zu. Ben nickt eifrig.
Theaterproben vor sieben Uhr. Marlene will sich derweil inspirieren lassen und hat es sich auf dem Schoss von Erzieherin Julia mit einem Bilderbuch bequem gemacht. Ein Kind gebe es, sagt die Erzieherin, das sitze morgens einfach im Dunkeln. „Alles okay, ich will nur hier sitzen“, sagt es dann. Die Vorlieben der Kinder sind so vielfältig wie die Kinder selbst.
Die Kita versucht, allen Wünschen gerecht zu werden, wie ein Luxushotel. In der oberen Etage gibt es einen Chemieraum, einen Theaterraum, ein Zimmer fürs Türme bauen, Turnhallen. Und ein Schwimmbad. Drei Erzieherinnen haben bereits das DLRG-Abzeichen in Silber gemacht, demnächst wollen sie das Seepferdchen selbst vergeben können, berichtet Osuji. „Viele Eltern haben keine Zeit, nach der Kita noch zum Schwimmunterricht zu gehen.“ Zweimal in der Woche werde ein Schwimmkurs angeboten. Früher gehörte das Schwimmbecken dem Rheumazentrum an, heute planschen hier Kinder in bunten Schwimmflügeln.
Mit dem Licht, das allmählich Eickels Straßenzüge erhellt, strömt auch das Leben in die Kita. Bis 21 Uhr. Dann sind für acht Stunden die Lichter aus.