Herne. . Die Ladenschlusszeiten werden in der Herner Innenstadt unterschiedlich umgesetzt. Den gesetzlichen Rahmen bis 20 Uhr schöpft kaum ein Händler aus.

  • Vor 20 Jahren trat die letzte große Änderung des Ladenschlussgesetzes in Kraft
  • Bei vielen Menschen haben sich die Einkaufsgewohnheiten wenig geändert
  • Für die Ladeninhaber ist die Branche und der Standort entscheidend, wie lange sie öffnen

Es gab mal einen Witz, der heute nicht mehr funktionieren würde: „Warum stehen Studenten um sechs Uhr auf? Weil um halb sieben die Geschäfte schließen!“ Erstens haben Studenten längst einen prallvollen Stundenplan, zweitens hat der Begriff Ladenschluss mit dem Wachstum des Internets ein großes Stück seiner Bedeutung verloren hat. Doch für den stationären Handel gilt er nach wie vor. Am 1. November 1996 - also vor 20 Jahren - trat die letzte große Änderung des Ladenschlussgesetzes in Kraft. Fortan konnten Geschäfte von 6 bis 20 Uhr öffnen, samstags bis 16 Uhr.

Die WAZ hat eine stichprobenartige Bestandsaufnahme der Öffnungszeiten in der Herner Innenstadt gemacht.

Viele Menschen haben ihre Einkaufsgewohnheiten beibehalten

Schon nach wenigen Blicken auf die Öffnungszeiten offenbart sich: Weder schöpfen die Geschäfte den gesetzlichen Rahmen von 20 Uhr am Abend aus, noch kann man von einer einheitlichen Ladenschlusszeit sprechen. Egal ob Filialist oder inhabergeführtes Geschäft, egal welche Branche: Die Türen schließen sich zu unterschiedlichen Zeiten: Während die Modekette H&M bis 19 Uhr öffnet, schließt die Kette Bonita, ebenfalls aus der Textilbranche, bereits um 18.30 Uhr. Zu den ganz wenigen Geschäften, in denen bis 20 Uhr das Licht brennt, gehört Woolworth. Zwar ist auch dort die Kundenfrequenz in der letzten Stunde relativ gering - da die anderen Läden bereits geschlossen haben, ist das kein Wunder -, doch ein früherer Ladenschluss kommt auf Grund des Mietvertrages mit dem City-Center nicht in Frage, heißt es.

Der Personalaufwand ist für den Umsatz in der Zeit bis 20 Uhr zu hoch

20 Uhr - dann ist Heiko Lettau längst im Feierabend. Der Inhaber von Lederwaren Droste schließt zu jener Uhrzeit, die Jahrzehnte lang der Fixpunkt war: 18.30 Uhr. „Die Innenstadt leert sich ab halb sieben relativ schnell“, schildert Lettau seine Wahrnehmung. Ab 19 Uhr lasse die Kundenfrequenz sehr stark nach. Auch er habe auch mal probiert, bis um 20 Uhr zu öffnen, doch der Personalaufwand sei für den Umsatz, den man in dieser Zeit machen kann, deutlich zu hoch. „Die Einkaufsgewohnheiten haben sich gar nicht so stark geändert. Bis 18.30 Uhr kommt jeder zurecht“, meint Lettau.

Die Einzelhändler diskutierten vor 20 Jahren über den Sinn der Verlängerung

Dass gewisse Einkaufsgewohnheiten beibehalten werden, ist auch die Beobachtung von Elisabeth Röttsches, Vorsitzende des Einzelhandelsverbands und Inhaberin der Buchhandlung Koethers & Röttsches. Sie erinnert sich, dass es vor 20 Jahren Diskussionen um den Sinn der längeren Öffnungszeiten gegeben hat. Bereits direkt nach der Änderung hätten längst nicht alle Händler mitgemacht. Röttsches selbst befürwortet die Lockerung, auch wenn sie selbst um 18.30 Uhr schließt. „Wir haben es bis 19 Uhr probiert, doch das lief nicht.“

So sah die Fußgängerzone der Bahnhofstraße kurz nach ihrer Eröffnung aus.
So sah die Fußgängerzone der Bahnhofstraße kurz nach ihrer Eröffnung aus. © Waz

Röttsches ist sich der uneinheitlichen Öffnungszeiten bewusst, doch es müsse jeder nach Branche und Standort individuell entscheiden, welche Öffnungszeiten für ihn sinnvoll sind.

Vor 40 Jahren wurde die Fußgängerzone eingeweiht

Neben der letzten großen Änderung des Ladenschlussgesetzes 1996 gibt es noch ein „rundes“ Datum: 20 Jahre zuvor, am 1. Oktober 1976, wurde in Herne die Fußgängerzone eingeweiht.

Den Impuls für das Aussperren des Autoverkehrs lieferte die hohe Belastung auf der Bahnhofstraße. 1965 wurde mit dem Bau des Westrings begonnen, um die Hauptverkehrsachse zu entlasten. Ab Oktober 1970 waren Fahrzeuge dann ausgesperrt. Ab 1973 plante eine „Arbeitsgruppe Fußgängerzone“ an der Zukunft des Einkaufens. Die Grenzen von damals sind noch heute gültig: vom Bahnhof im Norden bis zur Kreuzkirche im Süden. Der erste Teilabschnitt - von der Fabrik- bis zur Vinckestraße - war bereits 1974 vollendet. Auf den rund 30 000 Quadratmetern der Fußgängerzone gab es Bänke, neue Lampen, Blumenkübel und Pavillons. Die Kosten für den Umbau betrugen damals rund drei Millionen Mark.

Als der damalige Bundesjustizminister Hans-Jochen Vogel im Rahmen des Bundestagswahlkampfs Herne besuchte, sagte er, dass ihn die Fußgängerzone und die Fassaden auf der Bahnhofstraße streckenweise ein wenig an München erinnerten.