Herne. . Für Kinder gibt es immer weniger Flächen zum Spielen. Spielplätze sind Treffpunkte, Lernorte und Inspirationsquellen. So sieht es für Herne aus.

Mit dem neuen Spielplatz „Auf der Insel“ in Herne-Mitte hat die Stadt wieder einen modernen Rückzugsort für Kinder und Jugendliche geschaffen. Ein wichtiges Thema, denn „Spielorte für Kinder werden immer seltener“, sagt Nuray Sülü, die als Kinderanwältin Bibi Buntstrumpf im Stadtgebiet wirkt. Spielorte sind, trotz digitalen Zeitalters mit Computer und Smartphones, immer noch ein wichtiges Thema. Denn Spielplätze sind auch Orte des Lernens und des Austausches. Und die werden immer seltener.

Bis 2010 habe es für jeden politischen Stadtbezirk etwa 25 000 Euro pro Jahr für die Gestaltung von Spielplätzen gegeben, so Sülü. Seit 2010 sei dann, aufgrund der knappen Haushaltskassen, die städtische Finanzierung auf Null gesetzt worden. „Seitdem können wir Spielplätze nur noch durch Fördergelder umgestalten“, beklagt sich die Kinderanwältin.

So könnten in der Regel auf Spielplätzen nur noch Ersatzbeschaffungen, also maximal der Austausch von kaputten Spielgeräte-Teilen erfolgen. „Wenn aber ein ganzes Spielgerät kaputt geht, gibt es keine Garantie, dass es dafür auch ein neues gibt.“

Spielplätze ohne Spielgeräte

Im Stadtgebiet gäbe es viele Spielflächen, die eine Modernisierung mittlerweile nötig hätten. „Es gibt Spielplätze, da wurde in den vergangenen zehn bis 15 Jahren nichts gemacht, außer die Grünpflege“, erzählt Nuray Sülü. Ein Beispiel dafür sei der Spielplatz an der Berninghausstraße. „Hier weist nur noch ein Schild am Eingang darauf hin, dass die Fläche ein Spielplatz sein soll.“ Spielgeräte – Fehlanzeige. „Das ist sehr schade, denn im angrenzenden Hochhaus wohnen viele Kinder, die gerne einen Ort zum Spielen hätten.“

Denn Spielen gehört zur kindlichen Natur. Wo früher Felder und Wiesen waren, auf denen sich Kinder austoben konnten, stehen heute ganze Häuserzüge. „Auch Hinter- oder Garagenhöfe sind heute nicht mehr zum Spielen geeignet. Das haben viele Hausbesitzer nicht mehr gern.“ Die Gesellschaft und die Akzeptanz für Kinder habe sich geändert. Das Spielverhalten der Kinder hingegen nicht.

„Wenn wir einen Spielplatz umgestalten, entscheiden die Kinder, was sie gerne an Geräten haben möchten. Und da ist kaum ein Unterschied zu früher zu erkennen“, berichtet Nuray Sülü aus der Praxis. Schaukeln, Rutschen, Klettern: das sei auch heute noch immer gerne gesehen. „Die Grundelemente sind geblieben, auch wenn sich die Form und die Materialien der Spielgeräte im Laufe der Zeit geändert haben.“

Materialien-Mix im Trend

Während in den 1970er-Jahren Metall das vorherrschende Material an Kletterstangen und Rutschen gewesen sei, würde man heute viele Holz und Naturmaterialien verwenden. „Ein Mix aus Holz- und Metallmaterialien verleiht den Spielplätzen heute eine viel wärmere Atmosphäre als die kalten Spielgeräte von damals. Und auch der Look ist besser“, meint die Kinderanwältin. Besonders beliebt seien Themenspielplätze, wie der Spielplatz am Hölkeskampring mit einem Piratenschiff. Auch Inklusion sei ein Thema. „In Herne gestalten wir heute die Spielplätze so, dass auch Kinder mit Behinderung Geräte benutzen können.“ Allerdings weist die Kinderanwältin auch darauf hin, dass schwerstbehinderte Kinder einen Spielplatz nie benutzen würden, auch wenn er inklusiv wäre. Das allseits beliebte Schaukelnetz sei ein Gerät, beidem alle Kinder auf ihre Kosten kämen. „Daran erfreuen sich auch noch Jugendliche.“

Altersgerechte Spielgestaltung

Denn je älter die Kinder werden, desto weniger wollen sie sich austoben, erklärt Nuray Sülü. „Jugendlichen wollen vor allem chillen. Sie suchen einen Rückzugsort, wo sie zum einen sicher, zum anderen in Ruhe reden und abhängen können.“ Die offenen Jugendeinrichtungen seien dafür heutzutage kaum noch eine Alternative: „Jugendliche wollen sich draußen treffen und sich nicht zu Angeboten verpflichten. Doch von diesen Rückzugsräumen gibt es in der Stadt einfach zu wenige.“ So werden Schulhöfe beispielsweise nach Unterrichtsschluss abgesperrt. Zum Verweilen bleiben nur die Spielplätze. Doch die sind meist der Spielort von Kindern. „Deshalb gestalten wir Spielplätze heute altersübergreifend für Kinder und Jugendliche.“

Als Positivbeispiel nennt Nuray Sülü den neu gestalteten Spielplatz am Hölkeskampring. Hier gibt es Spielgeräte für Kinder, aber auch eine Parcoursanlage für Jugendliche. „Bevor wir in die Planung gehen, befragen wir die Kinder aus der Umgebung, was sie sich wünschen. Sie bestimmen, wie der Spielplatz später aussehen soll.“

Dabei wird zuerst der Ist-Zustand aufgenommen: Was fehlt? Was ist gut? Und was ist schlecht? Dann dürfen die Kinder ihre Wünsche äußern. „Wenn die Kinder über ihre Wünsche nachdenken, merken sie schnell, was funktioniert. Ein Kind wollte zum Beispiel ein Karussell. Das geht leider nicht, denn ein Karussell braucht Strom“, berichtet Nuray Sülü aus ihrer Praxisarbeit. Nachdem die Wünsche geäußert wurden, wird ein Modell aus Pappmaché und Pfeifenreinigern gebaut, dass dann nach Absprache mit Stadtgrün den politischen Gremien vorgestellt wird. Passt alles ins Budget, wird der Spielplatz so gebaut. „Änderungen sprechen wir mit den Kindern immer ab.“

Ein positives Beispiel

Dieses Verfahren sei durchaus positiv zu sehen, so Sülü. „Dass Kinder in unserer Stadt so mitbestimmen dürfen, ist nicht selbstverständlich. Aber es wird gut angenommen, und wir kommen zu einer guten Lösung für alle Parteien.“ Allerdings gäbe es auch immer noch Nachholbedarf. „Mit mehr finanzieller Unterstützung könnten wir auch viel mehr schaffen und in die wenige Freizeit, die Kinder heute noch haben, investieren.“