Herne. . Theater Kohlenpott feierte eine bejubelte Premiere in den Flottmann-Hallen. Ernsthafte Frage witzig verpackt.
Mit einem temporeichen Stück Musiktheater hat sich das Theater Kohlenpott in neue Gefilde vorgewagt. „Ich bin Jerry“ verbindet ein jugendrelevantes Thema - Vertrauen - mit Musik und Witz zu einem mitreißenden Bühnengeschehen. Das Premierenpublikum am Samstag in den Flottmann-Hallen jubelte.
Sänger, Rapper und Schauspieler
„Ich bin Jerry.“ Diese scheinbar eindeutige Aussage zerfällt im Laufe der 70 kurzweiligen Minuten immer mehr in ein komplexes Spiel mit Identitäten und Haltungen. Jerome Vathayil - bekannt als Sänger aus den Bands Susanne Blech und Sola Plexus und hier erstmals Songschreiber und Darsteller - ist Jerry. „Weil du mich liebst, hab ich Vertraun“, singt er und „Wenn wir beide schweben, wird keiner verletzt“. Klar, dass sich seine Freunde über den verliebten Jerry lustig machen und seine Gewissheit zu zerstören versuchen. Warum ist denn die Freundin nicht da? „Ich würde anrufen“, sagt einer und schon rutscht die Geschichte in die nächste Szene, ein Telefonat zwischen Freund und Freundin.
Musik, Songs und gesprochene Texte greifen ineinander. Geschickt haben Frank Hörner und Manuel Moser mit dem Musiker Sebastian Maier eine Szenenfolge entwickelt, die immer wieder einen Haken schlägt. Das funktioniert, indem Jerrys Mitspieler mit einem forschen „Ich bin Jerry“ ihre Gegenentwürfe in den Raum stellen. Frisch und frech, fällt besonders Kohlenpott-Neuling Sibel Polat auf. Manuel Mosers Jerry ist ein Kontrollfreak, Zeynep Topal gibt das harmlos-liebe Mädchen. Jerome Vathayils Spiel lebt aus Musikalität und Körperlichkeit. Sein Bandkollege Dennis Brzoska bearbeitet vor allem das Schlagzeug und sorgt hin und wieder für einen Knalleffekt.
Die minimalistische Bühnenausstattung besteht aus einem Podest mit drei zu öffnenden Klappen, ergänzt durch aufblasbare Accessoires wie den voluminösen Anzug, den Sibel im Song „Komm bei Mama zu Hause und ess dich satt“ trägt. Da geht es um den Rückzugsort Elternhaus. Vertrauen in die Eltern, die beste Freundin, die Polizei, Misstrauen gegenüber allem Fremden - das Thema hat viele Facetten. „Keine Liebe ohne Vertrauen, keine Hoffnung ohne Vertrauen“, singt Jerry am Ende. Die Lösung oder „unrealistisch“ wie die anderen im Nachspiel rufen? „Ich bin Jerry“ macht Spaß. Seine Ernsthaftigkeit büßt das Stück bei allem Witz nicht ein.