Wanne-Eickel/Herne. . Oft spielen die Amateurtheater auf dem Niveau vergleichbarer Profibühnen. Die WAZ sprach mit Klaus Mahlberg von der „Komödie am Park“.
Vertreter von über 150 Mitgliedsbühnen, aus Politik und Kultur waren am vergangenen Wochenende zu Gast bei der Feier zum 60. Geburtstag des Amateurtheaterverbandes NRW in Eickel. Organisiert hatte die aufwendige Veranstaltung die Volksbühne Körner (Komödie am Park). Mit deren Vorsitzendem und dem langjährigen Justiziar des Amateurtheaterverbandes NRW, Klaus Mahlberg aus Eickel, sprach WAZ-Redakteurin Gabriele Heimeier.
Was macht die Faszination des Amateurtheaters aus?
Mahlberg: Es kommen dort Akteure aus den unterschiedlichsten Bereichen zusammen, die sich mit Texten von Künstlern auseinandersetzen, ihnen mit Worten, Bewegung und ganz persönlichem Ausdruck Geltung verschaffen. Das ist eine unheimlich spannende Sache, weil man Abstand zum Alltag bekommt, vieles auch mit ganz anderen Augen sieht. Allein schon die Diskussionen über die Stücke sind spannend. Es lässt sich mit keinem Geld bezahlen, welche menschlichen und persönlichen Erfahrungen und Entwicklungen man bei der gemeinsamen Arbeit an den Stücken macht.
In Herne, insbesondere in Wanne-Eickel, gibt es eine sehr lebendige Amateurtheaterszene . . .
. . . Ja, das ist richtig. Außer der Volksbühne Körner gibt es in Wanne-Eickel die Fidele Horst, Theater Lampenfieber und das Theater im Volkshaus, in Herne das kleine theater an der Neustraße. Von der Bühne Shamrock habe ich allerdings seit Jahren nichts gehört, ich glaube, die machen gar nichts mehr. Wir können uns im Ruhrgebiet insgesamt glücklich schätzen, dass wir eine so lebendige Theaterszene haben.
Es gibt hier aber auch jede Menge hochkarätiger Profi-Theater, vom Schauspielhaus Bochum, übers Grillo in Essen, dem Theater an der Ruhr in Mülheim und so weiter. Fühlt man sich angesichts dieser Konkurrenz als Amateurtheater ernst genommen?
Für die Volksbühne Körner kann ich das uneingeschränkt mit einem Ja beantworten. Das liegt aber auch an unserem Anspruch, professionelles Theater zu zeigen, obwohl wir Amateure sind. Ob das immer und überall gelingt, ist die Frage. Allein in NRW gibt es 170 bis 180 Bühnen. Das ist enorm viel, aber die Qualität ist zugegebenermaßen sehr unterschiedlich. Ich bin viel unterwegs und sehe mir Aufführungen von Amateur- und Profitheatern an; deshalb habe ich einen relativ guten Überblick.
Die Volksbühne Körner ist früher im Saalbau aufgetreten. Nachdem Christian Stratmann dort den Mondpalast gegründet hat, ging das nicht mehr. Sind Sie noch traurig darüber?
Unter künstlerischen Aspekten ist es ein großes Geschenk, jetzt in der „Komödie am Park“ an der Hauptstraße spielen zu können. Die Nähe zum Publikum ist viel größer, die Besucher sitzen direkt dran. Das ist eine tolle Atmosphäre und macht für beide Seiten - die Zuschauer und die Akteure - den Kick aus. Nein, ich bin nicht mehr traurig.
Zieht Amateurtheater denn noch Publikum?
Ja, doch, es kommen auch immer wieder Leute, die vorher noch nicht da waren. Häufig bringen sie beim nächsten Besuch noch weitere neue Gäste mit. Auch am Sonntag, als wir als Beitrag zu dem Verbandstag abends bei uns in der Komödie das Stück „Achterbahn“ gespielt haben, waren viele neue Gesichter da. Woran wir arbeiten müssen, ist die öffentliche Wahrnehmung. Wir müssen auf uns aufmerksam machen, dass wir uns mit vergleichbaren Profi-Theatern absolut messen können. Ein Besucher, der das erste Mal hier war, hat mir mal gesagt: ,Ich brauche nicht mehr zur Komödie nach Köln oder Düsseldorf zu fahren, ich komme jetzt hierher.’ Ich gebe mir zum Beispiel unglaubliche Mühe mit der Stückauswahl. Wir haben auch Stücke im Programm, die erst seit drei, vier Jahren gespielt werden. Dass wir die Rechte dafür von den Theaterverlagen bekommen, ist auch eine große Anerkennung unserer Arbeit.
Bekommen Sie Unterstützung von öffentlicher Seite?
Ja, etwas, aber davon kann man keine Sprünge machen. Man schaut da schon mit Interesse, wenn es an anderen Stellen deutlich fünfstellige Beträge gibt. Es geht aber gar nicht mal ums Geld. Ich würde mir wünschen, dass in der Politik mehr wahrgenommen wird, was wir Amateurtheater in der Stadt für die Kultur tun. Allein die Volksbühne Körner gibt jedes Jahr fast 50 Vorstellungen. Aber selbst von den Kulturverantwortlichen lässt sich kaum bis nie jemand blicken. Man muss sich fragen, ob sie überhaupt wissen, was sie in der Stadt haben.
Was tut denn der Amateurtheaterverband für seine Mitglieder?
Durch den Verband haben wir einen regen Austausch der Bühnen untereinander und einen Austausch über künstlerische Aspekte. Zudem gibt es Gruppenversicherungen, was nicht unwichtig ist. Durch die Mitgliedschaft im Landesverband ist man automatisch auch im Bundesverband. Das ist eine tolle Sache, denn er organisiert zum Beispiel internationale Auftritte, unterstützt Kontakte zu ausländischen Bühnen bis hin nach Südafrika, organisiert große Theatertreffen. Und der NRW-Verband bietet viele Fortbildungen an, etwa 20 Lehrgänge im Jahr, zu allen Themen, die das Theater betreffen. Das reicht von der Sprachbildung bis zum Kostüme nähen, vom professionellen Theater-Make-up bis zur Beleuchtung, zum Ton, zur Geschäftsführung.
Wie beurteilen Sie die Zukunft des Amateurtheaters?
Das ist sehr schwierig. Es sind junge Leute da, die spielen wollen und auch können, aber sie sind durch Studium und Beruf oft nur eingeschränkt verfügbar - sowohl für Proben als auch für Aufführungen. Häufig gibt es für junge Leute in Komödien auch nicht viele Rollen. Das Publikum ist schon da - wir erreichen auch die 30- bis 40-Jährigen, die oft ganz begeistert sind nach dem ersten Besuch und wiederkommen. Aber das Pflänzchen ,Publikum’ muss man schon pflegen.
Zur Person
Klaus Mahlberg (57) spielt seit 49 Jahren Theater und stand am 6. Dezember 1967 erstmals im Wanner Saalbau auf der Bühne.
Seit 2001 ist er Vorsitzender der Volksbühne Körner, die aber fast nur noch unter dem Namen „Komödie am Park“ firmiert.
Drei Jahre lang war Mahlberg Geschäftsführer des Amateurtheaterverbandes NRW, seit vielen Jahren ist der Rechtsanwalt der Justiziar des Verbandes.
Zehn bis 15 Stunden arbeitet er pro Woche für die „Komödie am Park“.