Herne. . Seit 1960 versorgt Steinmeister seine Kunden in Eickel. Lose Fruchtgummis und Lakritz sind nach wie vor der wichtigste Bestandteil im Sortiment.
Die Bude? Löst bei mir als eingeborenem Wanne-Eickeler eine meiner frühesten Kindheitserinnerungen aus. Als kleiner Junge erhielt ich Samstagsmorgens von meinem Vater den Auftrag, fünf Brötchen zu holen. Dazu reichten in den frühen 70er-Jahren 60 Pfennig. Dass ich normale Brötchen haben wollte, musste ich damals nicht dazu sagen - es gab nur normale. Mehrkorn? Damals unbekannt. Zumindest an der Bude. Auch meine erste Tüte mit Fußballbildern kaufte ich auf meinem Weg zur - längst abgerissenen - Pavillonschule.
Es war die Saison 1973/74. Der Wuppertaler SV spielte noch in der Bundesliga, auch Rot-Weiss Essen. Manche Spieler hatten Koteletten, die so lang waren, dass sie nahtlos in die Brustbehaarung übergingen. Und 50 Pfennig für ein Eis nach dem Fußballspiel im Eickeler Park investierte ich den Braunen Bär, das Eis mit dem Karamell-Kern.
Die Bude meines Vertrauens in jenen Tagen hieß: Steinmeister.
Diesen Namen verbindet man selbstverständlich längst mit dem Getränkestand auf der Cranger Kirmes. Die Bude an der Ecke Burgstraße/An der Burg diente quasi als Keimzelle. Noch heute ist sie in Familienbesitz. Inhaber ist Andreas Steinmeister.
Gebaut wurden Haus und Bude im Jahr 1960 von Oskar Steinmeister. Schaut man sich die Standorte anderer Kioske an, war dieser nicht wirklich typisch. Keine Zeche in der Nähe, dafür viele Ein-, Zwei- oder Vier-Familienhäuser. Aber: Die Pavillonschule war in der Nähe, später kam die Realschule an der Burg hinzu. „So eine Bude steht und fällt mit einer Schule“, erzählt Andreas Steinmeister. Das heißt: Es gibt genug Klümpchen-Kundschaft. Eine ganze Wand mit 36 Boxen unterschiedlichster Fruchtgummis und Lakritze hat Steinmeister. Diese seien immer noch der wichtigste Bestandteil des Sortiments. „Und unsere Gummis sind immer weich“ betont Steinmeister. So wie die Getränke immer kalt seien - dank des Kühlkellers und des Kühlschranks mit Baujahr 1960!
Einen Ruhetag gibt es nicht
Gelernt hat der heute 56-jährige Steinmeister die Buden-Branche sprichwörtlich von der Pike auf. Schon als Kind stand er hinter der Theke und hat verkauft - und wenn ich mich recht erinnere, auch an mich. Auch seine Geschwister Bernd, Gerd-Peter und Carola halfen mit. Im Angebot war damals auch Fisch. Eingelegte Bratheringe zum Beispiel. Wegen ihres Aussehens wurden sie auch „Kanalaffen“ genannt. „Die sind uns mal geklaut worden, und die leeren Gläser haben wir dann im Park wiedergefunden“, erinnert sich Steinmeister.
Die ganze Familie stand jedoch nicht nur im Kiosk in Eickel, sie bewirtschaftete auch die Zuschauer bei den Spielen der Handballer und der Fußballer des DSC Wanne-Eickel. So begannen viele Sonntage morgens in der Sporthalle Wanne-Süd und fanden nachmittags im Stadion ihre Fortsetzung. Andreas Steinmeister muss Tausende Würstchen gegrillt haben. 1987 übernahm er den Kiosk als Inhaber - Bernd Steinmeister war bereits 1981 mit dem Bierstand auf Crange in eine andere Richtung gestrebt.
Das Wort Ruhetag kennt Andreas Steinmeister nicht: „Wir haben an 365 Tagen von 7 bis 21 Uhr geöffnet.“ Die Schichten teilt er sich mit Jennifer Engelmann, die auch schon als Kind Kundin war, und zwei Teilzeitkräften. Auch wenn er mit den heutigen Problemen - wie Einbrüche - zu kämpfen habe. Seine Bude dient ebenfalls als Treffpunkt, wo die Weltlage im Allgemeinen und die Lage in der Fußball-Bundesliga im Besonderen diskutiert wird. Wie aufs Stichwort macht beim WAZ-Besuch Postbote Roger Petzke Station. Neben der Briefzustellung bleibt immer noch ein wenig Zeit für eine Plauderei. So lautet Steinmeisters Fazit nach 56 Jahren: „Das Geschäft läuft immer noch.“