Herne. . WAZ öffnet Pforten: Ralf Piorr führte eine Gruppe durch das Haus in Unser Fritz. Dort wird noch renoviert.
Vom Heimatmuseum alter Prägung ist nicht viel übrig geblieben in Unser Fritz. So wie viele Besucher und Besucherinnen das Haus in Erinnerung haben, mit seinem etwas skurrilen Nebeneinander von aufgespießten Schmetterlingen, Ofensammlung und Drogerie Kleffmann werden sie es nicht wieder erleben, wenn sich Anfang 2017 die Türen an der Unser-Fritz-Straße wieder öffnen. Was sie stattdessen erwartet, erklärte ihnen Ralf Piorr beim Rundgang „WAZ öffnet Pforten“ anhand von Grafiken und - zum sichtlichen Vergnügen der Gäste - auch anhand von Exponaten, die diese zum Teil noch aus ihrer eigenen Jugend kannten.
Von 1890 bis 1980 reiche die stadtgeschichtliche Spanne, die man abbilden wolle, hatte Ralf Piorr ausgeführt, der Kurator der entstehenden Dauerausstellung. Da stand die Gruppe noch draußen und sah sich die „Baustelle“ erst einmal von außen an. Hannelore Schlieker war als leitende Architektin eingeladen, etwas zur Bauweise der über 100 Jahre alten früheren Schule beizusteuern und über die Umbauarbeiten zu berichten. Unter ihrer Regie sind im Museum in den letzten Jahren u.a. das Dach gedämmt und Fenster erneuert worden, und auch die ursprünglichen Farben wurden wieder herausgeholt. Warum der Umbau sich hinzieht - Stichwort Brandschutz - und warum es keinen Aufzug ins Obergeschoss gibt - Stichwort Denkmalschutz - erläuterte sie später beim Gang durchs Haus, das immerhin jetzt durch eine Rampe zugänglich ist.
Über knackende Noppenfolie betreten die Besucher das „Klassenzimmer Anno 1900“. Hier übernimmt Peter Schneller, der frühere Leiter des Bochumer Schulmuseums. Schneller freut sich, dass sein Schmuckstück demnächst wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. „Hier wurden Kinder zu absolutem Gehorsam und Soldatentum erzogen“, sagt er, allzu nostalgischen Gefühlen entgegensteuernd. „40 bis 80 Kinder saßen in so einer Klasse“. Jetzt haben sich die Besucher in die Bänke gequetscht. Einer bemängelt den Hall. Hannelore Schlieker verspricht, sich noch einmal Gedanken zu machen.
Unterhalten und erinnern
Ralf Piorr nutzt den Klassenraum, um Skizzen der zukünftigen Museumsräume an die Leinwand zu werfen, in denen neun Jahrzehnte Alltagsgeschichte ihren Ausdruck finden sollen. „Wir wollen hier die Geschichte der Menschen in Herne und Wanne-Eickel zeigen“, sagt Piorr. „Es geht darum zu unterhalten und zu erinnern.“ Auch die Arbeit von Frauen und die Geschichte von Migranten wird berücksichtigt.
Unterhalten fühlt sich die Gruppe schon beim Blick in halb leere Räume: „So ein orangenes Telefon hatten wir“, freut sich eine Besucherin. Ein transportabler Plattenspieler mit einer Single von Jürgen Marcus ruft ähnliches Entzücken hervor. Ralf Piorr weiß zu jedem Stück eine Geschichte zu erzählen, zur Öldose von Goldin wie zur Miele-Waschmaschine aus den 50ern. Durch die (abgeklebte) Drogerie Kleffmann geht es weiter in Magazine. Überall warten Exponate, die Privatleute und Firmen dem Museum überlassen haben. „Ich darf mich auch auf Flohmärkten herumtreiben“, bekennt Ralf Piorr am Ende des Rundgangs. „Das macht viel Spaß, die Sachen zusammen zu suchen.“