Herne. . Der Herner Schäftemacher Hartmut Seidich plädiert dafür, dass Kinder stärker ihr handwerkliches Talent in der Schule testen können.

Bei Global Playern denkt man zuerst an große Konzerne, doch auch das Handwerk ist international tätig, selbst wenn es versteckt in einer Sackgasse in Wanne-Eickel liegt – so wie der Schäftemacher Hartmut Seidich. Der Meister eines inzwischen seltenen Handwerks (die WAZ berichtete mehrfach) erhielt gestern Besuch des FDP-Landtagsabgeordneten Ralph Bombis.

Der Vorsitzende der Enquete-Kommission des NRW-Landtags zur Zukunft des Handwerks – und als solcher fand er sich bei Seidich erstens in einem kleinem Museum wieder und bei einem Handwerk, das auf gutem Wege ist auszusterben. Vor fünf Jahren zählte Seidich noch fünf Unternehmer bundesweit. Als Ausbildungsberuf sei der Schäftemacher bereits ausgestorben, erzählte Seidich. Lediglich in Österreich werde sie noch angeboten. In Deutschland ist diese Lehre Bestandteil des Schuhmacherhandwerks. Doch aus das befindet sich unter erheblichen Druck, Billigimporte machen der aufwendigen – und damit teureren – Handarbeit Konkurrenz. Auch wenn Seidichs Betrieb mit seiner Spezialisierung auf schwierige orthopädische Versorgungen (Amputationen oder Fehlbildungen) eine Nische im Markt gefunden hat, die eben auch über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt ist, mache der Kostendruck der Krankenkassen das Geschäft schwieriger.

Berufsbild wird neu strukturiert

Bombis erfuhr, dass das Berufsbild des Schumachers in Zukunft neu strukturiert werden soll. Seidich wird versuchen, sein tiefes Wissen in diesen langwierigen Prozess einzubringen. Er sieht auch für orthopädische Schäfte in Zukunft einen stabilen Bedarf. Als Gründe nannte er die Alterung der Gesellschaft und die steigende Zahl von Diabetes-Erkrankungen.

Erstaunlich: Seidich hat trotz des außergewöhnlichen Handwerks keine Probleme, Auszubildende zu finden. Zwei haben gerade ihre Gesellenprüfung erfolgreich absolviert und bleiben im Unternehmen, eine junge Frau wird demnächst ihre Ausbildung beginnen. Er lege bei der Auswahl der Bewerber keinen Wert auf Zeugnisse, diese zeigten lediglich eine Momentaufnahme. Seidich plädiert dafür, Schülern mehr Möglichkeiten zu geben, ihre Talente im Handwerk zu entdecken, etwa durch einen Praktikumstag pro Woche.