Die Forderungen nach Erhalt des Doppelbockgerüsts auf Pluto reißen nicht ab. Neben Bürgern hat auch SPD-Ratsherr Banski Stellung genommen.

„Mit Bestürzung“ hätten sie von den Plänen der RAG gelesen, das denkmalgeschützte Doppelbock-Fördergerüst auf Pluto abzureißen, berichten die WAZ-Leser Anja Putsche und ihre beiden Mitbewohner.

Ihr Brief an die WAZ im Wortlaut.

„Mit Bestürzung lasen wir in der Samstagausgabe der WAZ von den Abrissplänen der RAG auf dem Gelände der ehemaligen Zeche „Pluto“.

2013 haben wir ein halbes Zechenhaus in der Wilhelmstraße gekauft. Stolz haben wir es „Haus Pluto“ getauft – Wohnen unter’m Förderturm! Wir neuen Bewohner stammen alle drei aus ganz verschiedenen Landstrichen Deutschlands ab und haben doch sogleich das Besondere dieses Wahrzeichens empfunden! Auch viele Besucher von auswärts haben uns seitdem bewundert und beneidet um diese „exklusive Wohnlage“ mit dem herrlichen Blick auf den Turm, und dies in Herne-Wanne-Eickel, in dem auch nach der Stadtteilentwicklung immer noch als Problembezirk geltenden Bickern.

Dieser Turm muss also was ganz Besonderes sein! Und nun soll dieser weg, einfach verschwinden wie schon so zahlreiche andere Zeugen der Bergbauvergangenheit im Revier in den letzten Jahrzehnten?

Unsere klare Meinung: Das darf nicht passieren!!!

Der Förderturm gilt als „Kleiner Bruder“ des weltbekannten Doppelstrebenbockgerüstes von Zollverein 12 und ist dabei sogar 1m höher! Er ist als Landmarke für Wanne weitläufig sichtbar und hat durch die beiden benachbarten Bergehalden Pluto-Wilhelm und Thyssenhalde, die Erzbahntrasse, die „Hühnerleiter“-Bergarbeitersiedlung sowie den weiterhin ansässigen Standort der RAG gute „Partner“ um die Bergbautradition im Revier und im Besonderen in der Stadt Herne weiterleben zu lassen.

In der Stadt Herne war der Bergbau einst dominierend, es gab elf Zechen mit 45 Schächten auf Herner Stadtgebiet! Was ist davon heut noch zu sehen?

Gerade mit Blick auf Stahlgerüst-Fördertürme gibt es lediglich noch zwei, eines mit dem Schachtgerüst „Teutoburgia“ auf Alt-Herner-Stadtgebiet im Stadtbezirk Sodingen und eben das Fördergerüst Schacht 3 von Pluto-Wilhelm im Stadtbezirk Wanne!

So hat z.B. ein ehemaliges Fördergerüst der Zeche „Friedrich der Große“ den Weg in die Nachbarstadt Dortmund gefunden und wird nun auf Zeche „Zollern 2/4“ jährlich von 1.000den Besuchern bewundert. Auch gibt es weitere Beispiele, wie ein wertschätzender Umgang mit Zeugnissen des Bergbaus aussehen kann. So wurde z.B. das Fördergerüst des Schachtes „Polsum 1“ (Zeche „Westerholt“) 2010 von einer Firma erworben, welche Schachtsteuerungen und Schachtsignalanlagen herstellt. Diese demontierten die schwere Stahlkonstruktion und bauten diese in Haiger auf der Kalteiche in unmittelbarer Nähe der A45 wieder auf, wo es uns jetzt als Schulungszentrum und weithin sichtbare Landmarke bei jeder Autobahnfahrt gen Süden erfreut.

Und dies soll hier im Epizentrum des Bergbaus, unterstützt durch die RAG oder ihre hauseigene Stiftung nicht möglich sein? Man könnte dazu mit den Bürgern des Stadtteils sicher auch Ideen für eine weitergehende Nutzung finden, z.B. als attraktiven Aussichtsturm.

Oder kollidiert eine Instandsetzung mit Plänen weiterer Gewerbeansiedlungen bzw. einem Straßenbau auf dem Zechengebiet?

Enorme Bedeutung für Menschen der Region

Uns macht es große Sorgen, wie mit dem Erbe des Bergbaus hier verfahren werden soll. Gerade nun, wo im Jahr 2018 die letzte Zeche des Reviers in Bottrop schließt und auch die Generation aktiver Bergleute damit „ausstirbt“, werden doch solche Zeugnisse der Vergangenheit immer wichtiger und haben für die Menschen in unserer Region eine enorme Bedeutung!

Wir denken, dass viele Menschen in der Stadt das ähnlich sehen werden, haben sie doch trotz jahrzehntelanger Nachteile durch den Bergbau (Stichworte u.a. „Emscherduft“, Bergschäden, viele Vorurteile durch Bürger außerhalb des Reviers) sich stets zu ihren Traditionen bekannt und diese als eigene Geschichte begriffen. Und das sagen wir als „Zugezogene“, einfach aus vielen Beobachtungen und Begegnungen der letzten Jahre! Das Revier ist eine ganz besondere Region in Deutschland, die oft benannte „Kumpel-Mentalität“ der Menschen hier benötigt auch ihre Symbole.

Vor dem Hintergrund, dass der Stadtteil Herne-Wanne-Bickern auch nach vielen Investitionen in die Stadtteilförderung weiterhin als Problemstadtteil gilt, wäre es u.E. fatal, hier ein wichtiges Wahrzeichen einfach dem Abriss freizugeben. Wir plädieren für den Erhalt des Förderturms!!!“ (A. Putsche, B. Schönheit, S. Meißler)

Banski fordert mehr als nur Proteste 

Auch der SPD-Stadtverordndete Henryk Banski hat Stellung genommen. Seine Meinung: „Ich habe eine solche Reaktion aus Wanne-Eickel erwartet und es wird wahrscheinlich auch nicht die letzte sein. Ich bin nicht in Deutschland geboren, lebe aber hier im Ruhrgebiet seit fast 55 Jahren und es ist meine Heimat. Als Schüler habe ich in den Sommerferien in der Kokerei Stinnes 3/4 in Gladbeck gearbeitet und mich auch über den schwarzen Rand an dem Kragen meines weißen Hemdes geärgert. Solche Bauwerke, wie der Förderturm der Zeche Pluto in Bickern, gehören in unsere Landschaft und zu unserer Geschichte. Sie sind wichtige Landmarken und veranlassen unsere Enkelkinder zu der Frage „was?“ und „warum?“. Gibt es einen besseren Anlass zum gelebten Geschichtsunterricht und zur Identifikation mit dem Revier? Wie aber das Beispiel aus Castrop-Rauxel (Erin) zeigt, gibt es „mehrere Wege nach Rom“. Ich bin davon überzeugt, dass, bei einer entsprechenden Vereinsgründung und Mittel-Akquise von heimatliebenden Wanne-Eickleern (und vielleicht auch einigen Hernern) es ein bessere Grundlage für ein Gespräch mit der RAG und deren Stiftung gebe als nur ein Protest.“