Herne. . Schleswig-Holsteins stellvertretender Ministerpräsident Robert Habeck war am Donnerstagabend Gast des Mai-Empfangs der Grünen in der Alten Druckerei.

Eine Premiere mit Hindernissen: Mit einstündiger Verspätung trifft Schleswig-Holsteins grüner Umwelt- und Landwirtschaftsminister Robert Habeck am Donnerstag gegen 19 Uhr zu seinem ersten Besuch in Herne ein. Die Grünen-Fraktion hat derweil bei ihrem Mai-Empfang in der Alten Druckerei für die rund 120 Gäste aus Verwaltung, Politik, Verbänden, Wirtschaft und Kirchen die Wartezeit durch die Eröffnung das Büfetts verkürzt.

Der 46-jährige Politiker aus Kiel, ein promovierter Philosoph, serviert in seiner Rede zusätzlich schwere Kost: Die Gesellschaft unterliege zurzeit einem extremen Wandel, sagt er. Bis zur Bundestagswahl im September 2017 werde das Gemeinwesen aus den Angeln fliegen, wenn nicht ein Diskurs eingeleitet werde, der Zusammenhalt, Solidarität und vor allem das Lösen von Problemen in den Vordergrund rücke. Die Alternative sei eine Kultur, die die Krise weiter schüre und den Populismus befördere, so Robert Habeck in Richtung AfD.

Auch einen Hauch Selbstkritik lässt der frühere Schriftsteller – er verfasste vor der Polit-Karriere mit seiner Ehefrau Andrea Paluch mehrere Romane – anklingen: Die Grünen neigten bisweilen zu einer „höheren Wahrheitsmoral“ und glaubten deshalb, nicht mehr streiten zu müssen.

Seiner Bewerbung fürs Amt des Grünen-Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl widmet Habeck in seiner (frei gehaltenen) halbstündigen Rede übrigens keine Silbe. Am Ende gibt es freundlichen Applaus, doch das Publikum schwindlig geredet - diese Fähigkeit hatten Medien dem gebürtigen Lübecker zugesprochen - hat er niemanden.

Gruppenbild (noch) ohne Minister: die erweiterte Ratsfraktion der Herner Grünen um Fraktions-Chef Thomas Reinke (hinten 4.v.li.) beim Mai-Empfang in der Alten Druckerei.
Gruppenbild (noch) ohne Minister: die erweiterte Ratsfraktion der Herner Grünen um Fraktions-Chef Thomas Reinke (hinten 4.v.li.) beim Mai-Empfang in der Alten Druckerei. © MARTIN KERSTAN PHOTOGRAPHY / FUN

Im Zeichen des Kampfes hat zuvor die Begrüßung der Grünen-Gäste durch Ratsfraktions-Chef Thomas Reinke gestanden. Auch wenn es 2016 keinen Wahlkampf gebe, so der 42-Jährige, so gebe es doch zahlreiche Kämpfe auszufechten – um jeden Cent für den städtischen Haushalt, um die (von der Verwaltung gestutzte) Umweltverwaltung, um die Freifläche An der Linde, um die Integration von Flüchtlingen . . .

Neuerliche Kritik am Verfahren

Nicht zuletzt gehe es auch darum, für Völkerverständigung einzutreten, so Reinke. Diese werde auch durch eine Städtepartnerschaft mit dem Istanbuler Bezirk Beşiktaş gefördert: „Wir werden im Rat für eine Partnerschaft stimmen, auch wenn wir Kritik am Verfahren haben.“

Gegen 21.30 Uhr verlässt der letzte Gast den Grünen-Empfang. Für Robert Habeck ist die Herne-Premiere noch nicht beendet. Nach einer Übernachtung im Hotel Sicking auf der Bahnhofstraße tritt er erst am frühen Freitagmorgen die Rückfahrt in den hohen Norden an.

Splitter vom Mai-Empfang

– Diesen Seitenhieb auf die CDU konnte sich Grünen-Fraktions-Chef Thomas Reinke nicht verkneifen: „Bei uns werden alle Mitglieder des Verwaltungsvorstandes eingeladen.“ Wie berichtet, hatte die CDU bei ihrem Jahresempfang (Grünen-)Dezernentin Gudrun Thierhoff nicht auf die Gästeliste gesetzt. Die CDU hatte übrigens trotz einer Einladung keinen Vertreter in die Alte Druckerei entsandt.

– OB Frank Dudda war dagegen unter den Gästen des Maiempfangs. Er erhielt eine besondere Begrüßung durch Thomas Reinke, der 2015 bekanntlich ebenfalls zur OB-Wahl angetreten war. Der Grüne berichtete, dass Dudda in Istanbul morgens um 5.55 Uhr den ersten (Jogging-)Termin mit dem Beşiktaş-Bürgermeister hatte. Reinke: „Da habe ich mir gedacht: Gut, dass Du nicht gewonnen hast.“