Herne. . Die Stadt hat gemeinsam mit vier freien Trägern zwei Anlaufstellen für Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien geschaffen.

Durch die starke Zunahme der Flüchtlingszahlen ist die Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien nach Herne zuletzt etwas aus dem Blick geraten. Diese findet aber nach wie vor statt: Zurzeit sind 1674 Rumänen und 777 Bulgaren offiziell gemeldet.

„Darunter sind auch Gruppen, die sich nicht so leicht integrieren lassen“, sagt Sozialdezernent Johannes Chudziak. Um Konflikte beim Zusammenleben zu begegnen und die Integration von Menschen aus den beiden EU-Staaten zu verbessern, hat die Stadt mit vier freien Trägern ein von Bund und Europäischer Union gefördertes Projekt initiiert. „LiHA - Leben in Herne - Anlaufstellen für Bürgerinnen und Bürger aus Rumänien und Bulgarien“ heißt das bereits am 1. März gestartete Programm.

So sperrig der Name, so ambitioniert das Projekt: Dank einer Förderung von rund einer Million Euro können über einen Zeitraum von drei Jahren 5,5 Vollzeitstellen geschaffen werden. 4,25 Stellen sind unter dem Dach der freien Träger Caritas, Plan B Ruhr, GfS und IFAK bereits besetzt – allesamt von schon länger in Deutschland lebenden Muttersprachlern aus Rumänien und Bulgarien.

Überhöhte Mietpreise

In den Anlaufstellen im Rathaus Wanne und im DRK-Haus Berliner Platz in Herne-Mitte bieten sie individuelle Orientierungshilfe zu Bereichen wie Wohnen, Bildung, Gesundheit, Arbeit und „Rund ums Auto“. „Wir wollen Menschen durch ein niederschwelliges Angebot helfen“, sagt Ulrike Sorge von der Stadt-Koordinierungsstelle Zuwanderung Südosteuropa.

Die Stadt, die freien Träger und die neuen Mitarbeiter der beiden Anlaufstellen präsentierten am Mittwoch im Rathaus Wanne das Konzept des neuen Projekts.
Die Stadt, die freien Träger und die neuen Mitarbeiter der beiden Anlaufstellen präsentierten am Mittwoch im Rathaus Wanne das Konzept des neuen Projekts. © Frank Dieper, Stadt Herne

Dass sich Menschen aus Südosteuropa auf den Weg nach Deutschland machten, habe auch mit „kriminellen Schlepperstrukturen“ zu tun, so Johannes Chudziak. In Armutsvierteln lebende Rumänen und Bulgarien würden in ihrer Heimat „gezielt angeworben“, indem ihnen eine Perspektive auf ein besseres Leben versprochen werde, erklärt der Sozialdezernent.

In Herne und in anderen Kommunen würden sie dann häufig zu völlig überhöhten Mietpreisen in Häusern untergebracht. Und: Weil sie selbst mit einfachsten Regeln zum Beispiel in Sachen Müllentsorgung nicht vertraut seien, seien Konflikte vorprogrammiert.

Rund 20 „Problemhäuser“ hat die Stadt nach eigenen Angaben zurzeit unter Beobachtung. Auswüchse wie einst zum Beispiel auf der Horsthauser Straße (wir berichteten) gebe es aktuell aber nicht, heißt es.

Ansprüche auf staatliche Leistungen haben die Zuwanderer nicht – abgesehen vom Kindergeld. „Viele Familien sind hoch verschuldet und mit der Miete ein halbes Jahr im Rückstand“, berichtet Iona Martoiu (Plan B Ruhr) aus ihrer Praxis in der Wanner Anlaufstelle.

Die mangelnden Sprachkenntnisse stellten die größte Herausforderung dar. „Das zieht einen ganzen Rattenschwanz an Problemen nach sich“, erklärt Caritas-Mitarbeiter Horatiu Dancu.

Zahl der Zuwanderer stieg stark an

Rumänen und Bulgaren genießen seit Anfang 2014 wie alle EU-Bürger das Recht auf Freizügigkeit. Seitdem ist die Zahl der Zuwanderer aus diesen Ländern stark gestiegen: Lebten Ende 2013 noch rund 1200 Rumänen und Bulgaren in Herne, so sind es aktuell 2450. Seit 2015 stagniere die Zahl jedoch, so die Stadt.