Herne. .

Ob es nun „die älteste“ Trinkhalle im Ruhrgebiet ist oder „eine der ältesten“, weiß auch Ralf Piorr nicht, zumal nicht feststeht, wann der Kiosk mit der Fortuna auf dem Dach eigentlich genau gebaut worden ist. Es muss zwischen 1896 und 1906 gewesen sein. „Der Gelsenkirchener Mineralwasserfabrikant Franz Erlemeier hat 1896 sein Geschäft gegründet“, hat der Historiker herausgefunden, „und 1906 ist er gestorben“. Nun rüstet sich der historische Kiosk für einen besonderen Tag: Am 20. August wird im Ruhrgebiet der Tag der Trinkhallen gefeiert, und für diesen Anlass will sich das Büdchen im Hof des Heimatmuseums in Unser Fritz möglichst authentisch im Look der 70er Jahre ausstaffieren.

Ralf Piorr ist als Kurator für die Neukonzeption des Heimatmuseums verantwortlich, das die nachindustrielle Geschichte Hernes bis 1980 nachzeichnen will. Die Trinkhalle ist gedacht als „narrativer Endpunkt“ der neuen Dauerausstellung. Was Piorr über die Bude herausgefunden hat, widerspricht mancher Information, die über sie kursiert. So thront auf ihrem Dach nicht etwa Germania, sondern die Glücksgöttin Fortuna. Die Trinkhalle habe zunächst am Gelsenkirchener Stadtgarten gestanden, bevor sie Erlemeiers Nachfolger an der Gelsenkircher Straße in Wanne aufgebaut habe. „Dort war sie in Betrieb bis 1971 und wurde dann für 1500 Mark vom damaligen Wanne-Eickeler Stadtarchivar Rudolf Zienius gekauft.“ Seit 1978 steht der Kiosk im Hof des Heimatmuseums.

Momentan trägt Ralf Piorr für den Trinkhallen-Tag Werbematerialien zusammen, die den Geist der Endsiebziger atmen. Natürlich darf die WAZ nicht fehlen. „Die Funke Mediengruppe lässt eine 70er-Jahre-Werbung reproduzieren“, erklärt Piorr. Sie wird am Fuße des Kiosks angebracht. „Ein wunderschönes „Hör zu“-Schild habe ich beim Trödler gefunden“, berichtet er von seinen Ankäufen. Zuletzt kam eine Roth-Händle-Werbung von 1977 dazu, auf Emaille, die kurz darauf von Plastik abgelöst wurde. Weitere Werbeträger aus der Zeit sind willkommen, ob für Schlegel Pils oder Javaanse Jongens-Tabak. „Das Problem ist, festzustellen, wie alt die Schilder sind“, sagt Piorr. Material aus den 80er Jahren oder jünger scheidet aus, bei älteren Objekten ist er nicht ganz so streng. Auf seiner Wunschliste ganz oben: „Eine Langnese-Werbetafel mit ,Brauner Bär’ und ,Grünofant’.“ Historische Zeitungen zu finden sei das geringste Problem: Ypps, Mad oder Bravo gibt es auf Flohmärkten zu kaufen.

Ralf Piorr selbst ist kein Kind des Reviers, kennt aber das Phänomen Bude auch aus seiner niedersächsischen Heimatstadt Einbeck: „Da habe ich meine Comics und Mohrenkopfbrötchen gekauft. Aber hier im Ruhrgebiet ist das eine ganz andere Institution.“

Am Tag der Trinkhallen am 20. August nehmen außerdem in Herne teil: Trinkhalle Oelmann an der Edmund-Weber-Straße 229, Elkes Bude an der Richard-Wagner-Straße 84, Kiosk Yildiz an der Wiescherstraße 18, Trinkhalle am Stadtgarten an der Vinckestraße 93 und der Kiosk Bergmann, Horsthauser Straße 156.

Mehr über die Aktion im Internet auf www.tagdertrinkhallen.ruhr