Herne. . Der Christdemokrat Hans-Jürgen Koch, Vorsitzender der Senioren-Union, wünscht sich für Herne ein Seniorenamt.

Leonhard Kuckart, Vorsitzender der Senioren-Union NRW, hat die Einrichtung von Seniorenämtern in den Kommunen gefordert (die WAZ berichtete). Diese sollen sich um die Belange älterer Menschen kümmern. Die WAZ sprach über diesen Vorstoß mit Hans-Jürgen Koch (75) dem Vorsitzenden der Herner Senioren-Union.

Ein Jugendamt hat Herne bereits. Wird es in naher Zukunft auch ein Seniorenamt geben?

Hans-Jürgen Koch: Ich plädiere dafür. Ich bin der Meinung, dass eine solche Einrichtung sehr sinnvoll wäre. Die Forderung ist ja auch nicht neu: Schon im August 2015 hat Herr Kuckart das Thema auf einer Veranstaltung der Herner Senioren-Union angesprochen.

Was spricht aus Ihrer Sicht für ein Seniorenamt?

Im Jugendamt ist das Kindeswohl das oberste Wohl. Warum soll es nicht auch ein Seniorenamt geben, das sich um das Wohl älterer Menschen kümmert? Dort könnten Angebote gebündelt werden und Ältere, alleinlebende Menschen ohne Familienangehörige könnten von einem Seniorenamt betreut werden.

Halten Sie es denn für realistisch, dass für die Einführung von Seniorenämtern die Gemeindeordnung geändert wird?

Auf dem CDU-Landesparteitag wird zunächst mal über einen Antrag zur Änderung der Gemeindeordnung entschieden. Ich sehe durchaus Chancen, dass dies am Ende gelingen wird. Ich habe auch gehört, dass die grüne Landesministerin Barbara Steffens, die unter anderem für Pflege und Gesundheit zuständig ist, diese Forderung unterstützt - mit der Einschränkung, dass die Kommunen hier Gestaltungsspielräume erhalten. Im Übrigen gibt es schon Seniorenämter in der Stadt Nürnberg.

Eine weitere Forderung der Senioren-Union NRW ist die Einrichtung von Seniorentagesstätten mit Tagesplätzen für ältere Menschen.

Im Seniorenbeirat und in der Herner Pflegekonferenz haben wir darüber schon diskutiert. Frau Sonnenschein und Herr Dr. Krause vom Deutschen Roten Kreuz haben mir gesagt, dass wir in Herne mit diesen Sentas - Seniorentagesstätten - gut bestückt seien. Ich wies aber darauf hin, dass diese bestehenden Angebote in der Regel von montags bis freitags gelten nicht aber fürs Wochenende. Gerade hier sehe ich eine Entlastung für betreuende Angehörige.

Herr Kuckart wünscht sich nach dem Vorbild der Kitas einen Rechtsanspruch auf einen Platz in der Seniorentagesstätte. Sie auch?

Ja, dadurch würde mehr Nachdruck entstehen. Warum sollte bei der Seniorentagesstätte nicht der gleiche Rechtsanspruch wie bei den Kitas möglich sein?

Eine weitere Forderung des Vorsitzenden der Senioren-Union NRW lautet, dass feste Altersgrenzen in Beruf und Gesellschaft aufgehoben werden sollen.

Dieser Forderung schließe ich mich an. Wir sprechen in diesem Zusammenhang natürlich nicht über Straßenbauarbeiter oder Dachdecker, die in ihren Berufen hohen Belastungen ausgesetzt sind. Die Älteren sind heute länger fit als die Generation ihrer Eltern oder Großeltern. Ältere wünschen sich, dass es die Möglichkeit gibt, auf freiwilliger Basis zu arbeiten. Viele Menschen, die über 70 Jahre sind, fühlen sich noch fit. Ich zähle mich übrigens auch dazu.

Haben die alten Menschen keine Lobby in der heutigen Gesellschaft, wie Herr Kuckart beklagt?

Das ist richtig. Auch die Senioren-Union hat es vielfach schwer, sich in der CDU Gehör zu verschaffen - aber wir arbeiten daran.

Wird in Herne denn genug für Senioren getan?

Auch in Herne gibt es keine starke Lobby. Wir müssen uns auch hier zu Wort melden. Die bestehenden Gremien wie der Seniorenbeirat oder die Pflegekonferenz sind aber recht gut verankert.

Das beherrschende Thema in den Medien war zuletzt nicht die Einführung eines Seniorenamts, sondern die Diskussion über die Altersarmut. Diese droht nach Berechnung von Experten breiten Bevölkerungsschichten ab 2030. Ist dieses Thema nicht viel dringender als die Forderung nach Seniorenämtern und Seniorentagesplätzen?

Natürlich. Die Senioren-Union beschäftigt sich längst mit diesem Thema. Auf dem CDU-Bundesparteitag im Dezember kam unser Antrag zur Altersarmut aber nicht durch. Wir hatten gefordert, dass die Rente zur Vermeidung von Altersarmut auf einem Niveau von 50 Prozent eingefroren werden sollte. Wir geben nicht auf, der nächste Parteitag kommt bestimmt.

Und was sagen Sie zu der aktuellen Forderung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, das Renteneintrittsalter auf 70 Jahre zu erhöhen?

Ich stimme Herrn Schäuble zu. Ich denke, dass wir uns aufgrund der demografischen Entwicklung in der Gesellschaft dieser Diskussion stellen müssen.

Zur Person

Seit 2005 führt Hans-Jürgen Koch (75) in Herne die Senioren-Union. Die eigenständige Organisation hat vor Ort 115 und auf Bundesebene 56 000 Mitglieder.

Koch ist für die Union auch Bezirksverordneter in Eickel. Ein mit einem deutlich höheren Zeitaufwand verbundenes Ratsmandat habe er aus beruflichen Gründen nicht anstreben können, sagt der frühere Leiter eines Möbelmarktes in Soest.

Hans-Jürgen Koch ist verheiratet und hat zwei Kinder sowie zwei Enkelkinder.