Herne. . Tim Meyer spricht mit Hernern über ein Thema, über das gerne geschwiegen wird. Die Antworten hält er in einem Gestaltungsprojekt fest.
Wie erleben Sie den Tod? Habt Ihr Angst vor dem Tod? Wie gut kennen Sie den Tod? Der Herner Tim Meyer stellt Fragen zu einem Thema, über das viele Menschen nicht gerne sprechen – sozusagen über das „letzte Tabu“. Und er findet Herner, die mit ihm reden möchten. Deren Antworten hält er fest, in bewegtem Bild, und stellt sie ins Netz. Was als Seminararbeit an der FH Dortmund im Studiengang Film & Sound begann, soll jetzt noch größer werden: Ein Film zum Studienabschluss, der vielleicht auch im TV-Sender interessiert.
Aber warum begeistert sich ein 24-jähriger lebensfroher Student für den Tod? Tim Meyer hatte ein Schlüsselerlebnis: Als ihm am Dortmunder Bahnhof ein rund 75-Jähriger mit langem weißen Rauschebart und kniehohen Lackstiefeln begegnete, freute er sich, dass in der heutigen Gesellschaft alles erlaubt scheint. Und er fragte sich gleichzeitig, ob es noch Tabus gebe? Die anschließende Zugfahrt nutzte er zum Grübeln – und kam zu dem Schluss: „Den Tod schieben wir immer noch ganz weit weg.“ Nun interessiert ihn, warum das so ist.
Im Seminar stellte er die Idee für ein Dokumentationsprojekt vor. Nur wollte er keinen durchgehenden Film produzieren, mit dramaturgischem Aufbau, Offtext und allem, was dazu gehört, sondern seine Protagonisten und das, was sie sagen, ungeschnitten wirken lassen. So ist eine Website entstanden, auf der sich Gäste wie bei Youtube durch einzelne Interviewszenen klicken können. Im Nachhinein sei das ganze dann doch sehr gut von Professor Fosco Dubini aufgenommen worden, der eigentlich vom klassischen Film komme und mit dem Internet nichts am Hut habe. Und vor allem aus dem Freundes- und Bekanntenkreis habe es viel positive Resonanz gegeben: „Freunde haben mir berichtet, dass sie mit ihren Familien über den Tod gesprochen haben, nachdem sie zusammen mit ihren Eltern die Beiträge geschaut hatten.“
Zu Wort kommen darin die Psychologin Susanne Ernst-Behn, die stellvertretende Fachbereichsleiterin der Berufsfeuerwehr Herne, Katharina Timm, die Leiterin des Lukas Hospiz Herne, Anneli Wallbaum, sowie die Oberbrandsmeister Torsten Burmistrzak und Marco Michalke. Die meisten Kontakte hätten auf seine Anfrage positiv reagiert: „Ich bin erstaunt, wie schnell wir uns gefunden haben.“ Nur Bestatter hätten nicht mitmachen wollen. „Schade“, findet Tim Meyer.
Aber er sei ja auch noch nicht am Ende. Eifrig arbeitet der Student bereits am Folgeprojekt. Und diesmal soll es ein richtiger Film werden. Die bisher durchweg positive Resonanz hätte gezeigt, dass er sein Thema unbedingt weiter verfolgen muss. Und eine persönliche Sache sei da auch noch: „Ich habe die Frage, warum der Tod in unserer Gesellschaft so schlimm ist, für mich noch nicht beantworten können“, erklärt der 24-Jährige. Also möchte er nicht Halt auf halber Strecke machen und im Folgeprojekt noch mehr Menschen zu Wort kommen lassen. Diesmal nicht nur Herner, die explizit mit dem Tod zu tun haben, sowie beim aktuellen Projekt, sondern auch Menschen von Nebenan, die er in der Stadt beim Bäcker, an der Tankstelle oder auf der Straße trifft.