Herne. . Seit August ist das Netzwerk „Zukunft durch Innovation“ in Herne am Start. Ziel ist es, Mädchen und Jungen für technische Berufe zu begeistern.
Im vergangenen Jahr hat das Netzwerk „Zukunft durch Innovation“ (zdi) eine Koordinierungsstelle in Herne gegründet. Das Netzwerk hat sich zum Ziel gesetzt, bei Kindern und Jugendlichen die Begeisterung für die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) zu entfachen. Netzwerkleiter Ekkehard Hostert zieht im Gespräch mit WAZ-Redakteur Tobias Bolsmann eine erste Zwischenbilanz und erläutert, wie eng die Maschen des Netzwerks in Zukunft geknüpft werden sollen.
Herr Hostert, im August ist die Koordinierungsstelle des zdi offiziell an den Start gegangen. Was ist seitdem geschehen?
Hostert: Wir haben zum Beispiel an der Realschule an der Burg erstmals eigenständig und selbst organisiert Kurse durchgeführt. Wir haben die achten Klassen einen Tag lang begleitet mit drei verschiedenen Workshops. Unter anderem beim Archäologische Museum. Das ist ein Ort gelebter MINT-Bildung. Archäologie ist zwar sicherlich Geschichte, aber auch im wesentlichen Naturwissenschaften. Das Museum gehört zu den neuen Akteuren im Netzwerk.
Das heißt, Sie wollen das Netzwerk in den nächsten Jahren enger knüpfen...
Ja, aber zu Beginn stand eine Bestandsaufnahme. Welche MINT-Aktivitäten gibt es in Herne? Wo können wir andocken, um das gewinnbringend weiter zu entwickeln? Dabei sind wir zu zwei wesentlichen Schlüssen gekommen, die unsere Arbeit bestimmen werden.
Welche sind das?
Erstens: Es gibt in Herne keine Universität oder Großforschungseinrichtung. In anderen zdi-Regionen sind die Aktivitäten unter anderem in den Hochschulen verankert. Das ist in Herne nicht möglich. Wenn ein Herner Schüler eine Uni von innen kennenlernen möchte, muss er fahren, zum Beispiel nach Bochum. Wir müssen uns zur Studienorientierung also nach außen orientieren. Zweitens: Wir haben keine Labore, auf die wir zugreifen können, wir haben keine technische Ausrüstung, wir müssen die Infrastruktur für unsere Tätigkeit neu schaffen. Also müssen wir unsere Ressourcen stark bündeln. Das machen wir zunächst in drei Fächerbereichen. Der erste Bereich heißt Technik, weil es da ein reichhaltiges Angebot anderer zdi-Netzwerke gibt, so dass wir Kurse und Konzepte aufgreifen können. Der zweite Teil orientiert sich sehr stark an der Unternehmenslandschaft in Herne. Das wird der Bereich Informatik sein. Mit der Gesundheitswirtschaft, der Logistik und den Software- und IT-Unternehmen glauben wir, dass wir etwas für den Fachbereich Informatik tun sollten. Der dritte Teilbereich wird Biologie und Biotechnologie sein vor dem Hintergrund, dass mit Solar-Bioproducts doch eine Forschungseinrichtung in Herne angesiedelt werden soll. Das ist der Teil, der am weitesten fortgeschritten ist. Wir haben erste eigene Kursideen entwickelt, die jetzt an Herner Schulen übertragen werden. Eine Idee lautet „Mikroorganismen, unsere alltäglichen Begleiter“. Dabei schnüren wir einen Experimentierkoffer und gehen mit Dozenten an Schulen, um mikrobiologisches Arbeiten zu vermitteln.
Das was rauskommt, sind also immer Kurse für die Schüler?
Ja. Wir werden im ersten Schritt Projekte in Schulen durchführen und werden uns zunächst konzentrieren auf die Jahrgänge ab Klasse 8. Dort beginnt die Berufs- und Studienorientierung, das wird auch finanziell gefördert. Die eigentliche zdi-Idee beginnt aber in der Kita und endet mit dem Übergang von der Schule ins Studium oder den Beruf. Wir wollen daher zukünftig auch in Herne mit Kitas oder Grundschulen zusammenarbeiten. Es gibt ja zum Beispiel das Haus der kleinen Forscher am Emschertal-Berufskolleg oder am Otto-Hahn-Gymnasium die „kleinen Einsteine“, bei der ältere Schülerinnen und Schüler an Kitas und Grundschulen naturwissenschaftliche Ideen verankern.
Wie groß soll das Netzwerk langfristig werden?
Jeder, der teilnehmen will, ist herzlich eingeladen. Die Resonanz ist immer sehr hoch, wenn wir an Schulen gehen. Wir erleben immer wieder, dass wir mit experimentierfreudigen Workshops immer noch eine Lücke füllen, die im Schulalltag so nicht gefüllt werden kann. Der Unterricht ist oft theoretisch und das Geld für solche Workshops fehlt. Wir können eine Erweiterung des Schulangebotes ermöglichen.
Stimmt denn die Klage, dass das Interesse an den MINT-Fächern sinkt?
In der Breite fehlt der Nachwuchs an den Unis vielleicht gar nicht. Das Problem liegt eher darin, dass wir eine hohe Zahl an Studienabbrechern haben. Die Berufs- und Studienorientierung soll ja dazu dienen, Schülern viel früher einen Einblick in das Tätigkeitsfeld zu geben, so dass sie fundierter ihre Wahl treffen können. Wenn junge Menschen teilweise mit 17 Jahren Abitur machen, wissen sie noch gar nicht, wo die Reise hingehen soll. Bei den Lehrstellen fehlen die passenden Bewerber oft schon heute. zdi will Schule mit Unternehmen und Hochschule enger verzahnen, so dass die Studien- und Berufsentscheidung der Schüler praxisnäher stattfindet. Die Unternehmen sollen geeignete Bewerber frühzeitiger identifizieren können.
Muss man denn nicht auch bei Lehrern Begeisterung entfachen?
Wie gesagt, nehmen die Schulen unsere Grundidee sehr gerne auf. Den Lehrern fehlen oft einfach die Möglichkeiten. Die Workshops greifen ein Interesse der Unternehmen und auch der Lehrer auf, da können wir wie ein Beschleuniger wirken, weil die gesamte Organisation durch uns gemacht wird.