Andreas Spahlinger ist neuer Leiter der Herner Feuerwehr. Die WAZ hat den 50-Jährigen zum Interview getroffen.
Anfang März hat Andreas Spahlinger (50) seinen Job als Feuerwehrchef in Herne angetreten. Die WAZ sprach mit dem gebürtigen Tübinger, der aus Koblenz nach Herne kam.
Die Wachen der Feuerwehr sind veraltet, die Ausrüstung ist unmodern, es fehlt an Personal. Haben Sie Ihren Wechsel nach Herne schon bereut?
Spahlinger: Nein, überhaupt nicht. Mir war ja klar, dass es bei der Feuerwehr in Herne viele Baustellen und damit viel zu tun gibt. Aber das macht die Arbeit ja auch so reizvoll und so spannend.
Zuletzt waren Sie Chef der Feuerwehr- und Katastrophenschutzschule Rheinland-Pfalz in Koblenz. Warum wollten Sie vom Schreibtisch wieder zurück in den aktiven Dienst?
Die Schule war sehr praxisnah. Aber: Ich wollte zurück an die Front, zurück zur Berufsfeuerwehr, und jetzt hat sich die Möglichkeit eröffnet. Ich bin 50, und da wurde es Zeit für den Wechsel, denn als Feuerwehrbeamter tritt man ja in der Regel mit 60 in Ruhestand.
Warum zieht es Sie ins Ruhrgebiet?
Ende der 90er Jahre war ich ja schon mal bei der Feuerwehr in Bochum. Da habe ich mich sehr wohl gefühlt. Ich schätze die offene Art der Menschen im Ruhrgebiet.
Sie haben die Baustellen angesprochen, die Sie in Herne antreffen. Wo brennt es am meisten?
Ich bin ja gerade mal drei Wochen da. Was als erstes angepackt werden muss, kann ich noch nicht sagen, ich muss mir erst ein Bild machen, auch über die personelle Situation. Deshalb führe ich in diesen Tagen viele Gespräche.
Was ist Ihr erster Eindruck zum Zustand der Wachen?
Die Wachen sind so alt wie sie sind. Dass da Bedarf für eine Modernisierung ist, sieht man. Siehe in Herne-Mitte: Die normalen Drehleiterwagen passen gar nicht durch die Tore. Und wir brauchen viel mehr Fläche. Einsatzfahrzeuge, ständig einsatzbereit und angeschlossen an den Strom, stehen auf dem Hof im Freien, ebenso Abrollbehälter und Atemschutz, das bekommt der Technik nicht. Beim Fahrzeugbestand insgesamt, zumindest bei der Berufsfeuerwehr, sieht es nicht ganz so schlecht aus. Der Löschzug im ersten Abmarsch, also der, der am häufigsten ausrückt, ist etwa in einem vernünftigen Zustand.
In Tübingen geboren
Andreas Spahlinger, Jahrgang 1965, wurde in Tübingen geboren und trat 1982 in die Freiwillige Feuerwehr ein. Er studierte Maschinenwesen an der Universität Stuttgart.
Erste Berufsstation war die Leitung des Schulleiterbüros der Landesfeuerwehrschule Baden-Württemberg. Von 1997 bis 1999 war er Abteilungsleiter u. a. für Organisation und Rettungsdienst bei der Bochumer Feuerwehr, anschließend Bezirksbrandmeister beim Regierungspräsidium Tübingen und zuletzt von 2013 bis 2016 Leiter der Feuerwehr- und Katastrophenschutzschule Rheinland-Pfalz.
Spahlinger ist verheiratet und hat drei Kinder (17, 20 und 22 Jahre alt).
Wie gern arbeiten denn Ihre Mitarbeiter in einer alten, unmodernen Wache?
Für die Kollegen der Wachabteilung, also die im 24-Stunden-Dienst, ist die alte Wache kein angenehmer Arbeitsplatz. Wir brauchen keine Wellness-Tempel, aber die Mitarbeiter müssen sich wohl fühlen. Nicht anders sieht es übrigens in der Wache 2 aus: Sie ist in einem alten Gebäude untergebracht, das wunderschön ist — aber leider ziemlich marode. Da müssen wir natürlich vorankommen.
Durch Neubauten?
Ja, es wird wesentlich sein, neue Standorte für die Wachen zu finden. Sie müssen finanzierbar sein und taktisch an der richtigen Stelle, das heißt: relativ zentral liegen. Durch die große Ost-West-Ausdehnung der Stadt ist auch klar: Wir werden zwei Wachen brauchen, eine Wache reicht da nicht aus.
Bei allen Baustellen, die es in Herne gibt, interessiert die Bürger vor allem eines: Ist die Feuerwehr rechtzeitig vor Ort?
Da sehe ich keine Probleme. Wie schnell man ist, ist nicht abhängig von der Situation in den Wachen. Dadurch, dass es bei uns so beengt ist, haben wir ja sogar kurze Wege.
Sind denn Rettungswagen, wie vom Gesetzgeber vorgegeben, auch in Herne innerhalb von acht Minuten vor Ort?
Wir haben einen Gutachter beauftragt, der derzeit genau das prüft. Da warten wir auf die Ergebnisse.
Können Sie schon was über den Zustand der Freiwilligen Feuerwehr sagen?
Vorab: Ich habe mit 16 selber bei der Freiwilligen Feuerwehr angefangen, war dort 30 Jahre aktiv. Ich weiß also, was sie kann und leistet. In Herne haben wir weniger Ehrenamtliche als wir haben sollten. Das liegt zum einen am veränderten Freizeitverhalten der Menschen. Es wundert mich aber auch nicht, dass uns die Leute angesichts der baulichen Situation und der veralteten Technik nicht die Bude einrennen. Aber: Da sind wir auf einem guten Weg, so viel kann ich schon sagen.
Ihre Bestellung zum Feuerwehr-Chef war ja nicht ganz einfach – um es vorsichtig zu sagen. Vize-Chefin Katharina Timm ging bekanntlich gerichtlich dagegen vor. Ist mit ihr eine vertrauensvolle Zusammenarbeit überhaupt möglich?
Absolut! Wir haben uns unter vier Augen zusammengesetzt und ausgetauscht. Ihr Vorgehen war ja nicht gegen mich gerichtet, sondern gegen das Verfahren der Stadt. Und das war ihr gutes Recht als Beamtin. Dass es Formfehler im Verfahren gab, ist bekannt, und die wurden korrigiert. Heute haben wir ein hervorragendes Verhältnis. Im Übrigen: Auch die Kollegen im Führungsdienst, die ich bisher kennen gelernt habe, sind sehr offen und sehr motiviert. Sie blicken nach vorne, sind begeistert, dass es weiter geht und dass wir hoffentlich vieles erreichen für die Feuerwehr.
Sie waren auch politisch engagiert, konkret: CDU-Vorsitzender in Ihrer Heimatgemeinde Dußlingen. Aus Ärger über den damaligen CDU-Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Stefan Mappus, sind Sie aus der Union ausgetreten. Denken Sie über einen Wieder-Eintritt in die CDU oder den Eintritt in eine andere Partei nach?
Nein. In meiner Position ist es gut, wenn man parteipolitisch unabhängig ist. Politisch engagiert war ich damals in erster Linie, weil ich mich kommunalpolitisch einbringen und etwas für meine Gemeinde erreichen wollte.
Entweder / Oder
„Tatort“ oder „Chicago Fire“?
„Mord mit Aussicht“! Die Krimiserie aus der Eifel ist überzogen, von den Schauspielern aber genial gespielt. Da kommen „Tatort“ und „Chicago Fire“ nicht mit.
Urlaub am Meer oder in den Bergen?
Beides gleichzeitig – und zwar an der Costa Brava in Spanien. Da ist das Mittelmeer, und nur eine Stunde entfernt ein richtiges Gebirge zum Wandern.
Pop-Musik oder Rock-Musik?
Am liebsten Musik aus den 1980er Jahren – etwa Bryan Adams oder Sting.
Tee oder Kaffee?
Kaffee. Und zwar mit viel Milch und Zucker. Im Arbeitsalltag trinke ich so vier bis fünf Tassen.
Basketball von den Tigers Tübingen oder Fußball von VfB Stuttgart?
VfL Bochum. Basketball ist nicht so meine Sportart. Ich kann mich beim Fußball für die Ruhrgebietsvereine begeistern, vor allem für den VfL Bochum. In meiner Bochumer Zeit war ich auch beruflich oft im Stadion.