Herne. . Bei den Wohnungseinbrüchen verzeichnet die Polizei eine Steigerung um 56,6 Prozent. DerTäterkreis stammt verstärkt aus Südosteuropa.
Sie haben bei der Jahrespressekonferenz zwar nicht die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Aber man sah, dass die dramatisch gestiegene Zahl der Wohnungseinbrüche der Polizeipräsidentin und ihrem Kripo-Chef Kopfzerbrechen bereiten. Kerstin Wittmeier und Andreas Dickel präsentierten am Montag Zahlen, wie sie bei Statistiken dieser Art nur selten vorkommen: Um sage und schreibe 56,6 Prozent nahm die Zahl der Wohnungseinbrüche in Herne zu, von 576 auf 902.
Und hier kann man – zynisch ausgedrückt – noch froh sein: In Witten, ebenfalls im Präsidiumsbereich gelegen, stieg die Zahl von 2014 auf 2015 auf fast das Doppelte. „Wir haben unser Ziel, die sicherste Region im Ruhrgebiet zu werden, nicht erreicht“, bedauerte die Polizeipräsidentin. Im Gegenteil, landesweit lägen Bochum, Witten und Herne ganz weit oben in der Einbruchsstatistik. Auch die Aufklärungsquote in diesem Bereich wirkt entmutigend: Bei gerade einmal sieben Prozent aller Wohnungseinbrüche konnte erfolgreich ermittelt werden. Und hier waren es laut Polizei überproportional viele sogenannte reisende Banden oder Täter, die sich aus Südeuropa (Schwerpunkt Serbien) kommend im Ruhrgebiet niedergelassen hätten, die die Polizei dingfest machen konnte. „Die Anzahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen ist auf 48 Prozent gestiegen“, bilanzierte Kerstin Wittmeier, relativierte aber: „Bei einer Aufklärungsquote von sieben Prozent ist es schwierig, auf die Täterstruktur zu schließen.“ Kripo-Leiter Dickel machte deutlich, dass die Polizeiarbeit nicht immer von Erfolg gekrönt sei, wie im Falle zweier Ermittlungskommissionen, die auf Einbrecherkönige angesetzt waren. „Die haben auch Kinder für Einbrüche eingesetzt.“ Nicht aber die Nationalität an sich sei verantwortlich für Kriminalität, sondern das große Gefälle zwischen Wohlstand und Armut in Europa. „Deshalb haben wir die Verantwortung, alle Menschen zu integrieren“, appellierte die Polizeipräsidentin.
Erfreulich sei lediglich, dass die Zahl der versuchten Einbrüche auf 45 Prozent gestiegen sei: Fast jeder zweite Einbruch gehe ins Leere. Das liege an den besseren Sicherheitsstandards: „Die Bürger haben viel Geld in Sicherheitstechnik investiert, das macht sich bezahlt“, erläuterte Kerstin Wittmeier. Mehr Einbruchsabrüche seien aber auch darauf zurückzuführen, dass Nachbarn besser auf der Hut seien. Immer mehr Täter fühlten sich gestört.
Auch die Zahl der gesamten Straftaten stieg – u.a. durch die vermehrten Wohnungseinbrüche – in Herne an. Verzeichnete die Polizei im Jahr 2014 noch 14 171 Delikte, waren es im vergangenen Jahr 15 570. Das waren allerdings, so machte Kripo-Chef Andreas Dickel deutlich, nicht viel mehr als 2013 (15 474) und viel weniger als 2009, als die Statistik sogar fast 22 000 Straftaten aufwies. 48 Prozent wurden aufgedeckt.
Positiv bewertet die Polizei, dass sich die Gewaltkriminalität auf relativ niedrigen Niveau bewege, obwohl die Zahl der Fälle in Herne von 1269 auf 1409 stieg, die der Raubdelikte von 113 auf 137. „Es gibt hier keine Bereiche, die sich zu No-Go-Areas entwickeln“, stellte Kripo-Chef Andreas Dickel fest. Die Wahrscheinlichkeit, im öffentlichen Raum Opfer einer Straftat zu werden, sei nach wie vor gering.
Das gelte auch für Sexualdelikte, zum Beispiel Vergewaltigungen. „Frauen brauchen keine Angst vor einem Mann zu haben, der plötzlich aus dem Gebüsch springt“, erläuterte Dickel. Vergewaltigung und Missbrauch spielten sich vorwiegend im „Nahbereich“ ab, also in der Familie, im Freundes- und Bekanntenkreis. 138 sogenannte „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ wurden angezeigt, 40 mehr als im Jahr zuvor.