Herne. . Die Produktion von runderneuerten Reifen in Herne steht auf der Kippe. Grund: Der Bundesrechnungshof sieht sie nicht mehr als förderwürdig an.
Die Runderneuerung von Lkw-Reifen gehört seit der Gründung von Reifen Stiebling zum Unternehmenskonzept. Doch dieses Geschäftsmodell steht womöglich auf der Kippe – und damit die Produktionsstätte an der Jean-Vogel-Straße. Denn: Die finanzielle Förderung von runderneuerten Reifen soll in Zukunft de facto wegfallen und damit Kostenvorteile gegenüber Neureifen.
Hintergrund ist die sogenannte De-Minimis-Förderung für das Transportgewerbe. Dabei werden Einnahmen aus der Lkw-Maut dafür verwendet, Speditionen finanziell zu unterstützen, die Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit oder zum Schutz der Umwelt ergreifen. In diesem Sinne wird auch der Kauf von runderneuerten Reifen bezuschusst, die dadurch preiswerter sind als neue.
Dies war in der Vergangenheit kein Problem, doch nun sieht der Bundesrechnungshof bei runderneuerten Reifen keine positiven Wirkungen mehr für die Umwelt. Dabei werde wissentlich vom Bundesrechnungshof ignoriert, dass diese runderneuerten Reifen unter Umweltgesichtspunkten in der Produktion besser abschneiden als Neureifen, so Hans-Jürgen Drechsler, Geschäftsführer des Bundesverbands Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerks (BRV). „Im Vergleich zu Neureifenproduktion sinkt der Energieaufwand um die Hälfte und der Wasserverbrauch ist um 80 Prozent niedriger. Es wird bis zu 70 Prozent weniger Rohöl benötigt, und es werden im Schnitt 80 Kilogramm weniger Rohstoffe eingesetzt“, so Drechsler.
Darüber hinaus sieht er eine weitere Diskriminierung: Förderfähig seien in Zukunft nur noch Reifen, die in Hinsicht auf Geräuschentwicklung und Rollwiderstand ein EU-Reifenlabel vorweisen können. Doch das können Runderneuerte nicht, weil die EU sie ausdrücklich von dieser Verordnung ausgenommen hatte. Der Grund: Bei einer Runderneuerung wird die Karkasse (das Gerüst des Reifens) mit einem Laufreifen zusammengefügt. Durch unterschiedliche Hersteller und Profile ergeben sich bis zu 8000 unterschiedliche Reifenkombinationen. Sie alle einzeln für das EU-Label zu prüfen, würde Kosten von Millionen Euro verursachen.
Pläne für neue Produktion
Dies hatte die EU eingesehen – der Bundesrechnungshof nicht. Sollte er nicht einlenken, seien in Deutschland 61 Betriebe mit fast 2000 Beschäftigten in ihrer Existenz gefährdet. Die runderneuerten Reifen, die in der Vergangenheit gefördert wurden, würden bei den Unternehmen in etwa ein Viertel des Umsatzes ausmachen.
Reifen Stiebling produziert pro Jahr etwa 12 000 Reifen, unter anderem beliefert das Unternehmen ÖPNV-Unternehmen, darunter die HCR. Inhaber Christian Stiebling würde gerne eine neue und größere Produktionsstätte errichten, ein Grundstück in Dortmund hat er bereits gekauft. Doch ohne eine Fortführung der Förderung dürften diese Pläne hinfällig sein.