Herne. . Das von der Stadt favorisierte Konzept „Neue Höfe“ fürs ehemalige Hertie-Haus hat im Planungsausschuss die nächste Hürde genommen.

Die Zukunft des Hertie-Hauses bewegt Herne: Aufgrund des großen Bürgerandrangs musste der Planungsausschuss am Dienstagnachmittag kurzerhand vom kleinen Sitzungssaal des Rathauses in den Ratssaal umziehen. Dort nahm der bereits von der Stadt favorisierte Entwurf der Landmarken AG die nächste Hürde.

Mit den Stimmen von SPD, CDU und FDP, einer Enthaltung der Grünen und bei Gegenstimmen von Linke und Piraten-AL stellte sich der Ausschuss hinter das Landmarken-Konzept für ein Wohn- und Geschäftshaus in dem ehemaligen Kaufhaus auf der Bahnhofstraße.

In mehreren Beiträgen von Stadt, Politik und der Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG) als Eigentümerin der Immobilie wurde deutlich, was wohl auch bei der finalen Abstimmung am 15. März im Rat mitentscheidend für das Modell der Aachener Gesellschaft sein dürfte: Die Landmarken AG schöpft mit ihren „Neuen Höfen Herne“ – anders als die beiden Mitbewerber in der Finalrunde – bei den Verkaufsflächen längst nicht alle Potenziale aus, sondern setzt mit zwei großen Ankermietern vor allem auf Qualität. Oder um es mit Elisabeth Majchrzak-Frensel (SPD) zu sagen: „Hier entsteht kein neues Einkaufszentrum.“

Keine Zweifel an der Umsetzung

SEG-Chef Rainer Overath machte noch drei weitere große Qualitäten geltend: Das Konzept überführe das Denkmal Hertie-Haus „in eine neue Zeit“, öffne sich mit großen Gastronomieflächen zum Robert-Brauner-Platz und könne auch zur Belebung der nördlichen Bereichs der Fußgängerzone Bahnhofstraße beitragen. Angesichts der Tragfähigkeit des Konzepts habe er keinen Zweifel daran, dass die bereits aufgenommenen Gespräche der Landmarken AG mit potenziellen Mietern erfolgreich sein werden.

Während SPD, CDU, Grüne und FDP dem Landmarken-Projekt viel Lob zollten, äußerten Piraten-AL und Linkspartei Kritik. Beide Fraktionen beklagten die „Intransparenz“ des Verfahrens und die zu geringe Berücksichtigung des Segments Wohnen beziehungsweise studentisches Wohnen.

Er könne die Kritik zum Teil nicht nachvollziehen, erklärte Planungsdezernent Karlheinz Friedrichs. Er erinnerte an den jahrelangen Stillstand: „Wir bekommen endlich das, was wir uns wünschen. Andere Städte werden uns darum beneiden.“

SEG-Chef Overath kündigte an, dass man nach der Entscheidung des Rates in den Vertragsgesprächen alle rechtlichen Möglichkeiten nutzen werde, damit das vorgelegte Konzept auch umgesetzt werden könne. Wie berichtet, könnte der Baubeginn für die „Neuen Höfe Herne“ im Frühjahr 2017 und die Eröffnung im Herbst 2018 erfolgen.

Die Konzepte im direkten Vergleich 

„Neue Höfe Herne“ vom Bewerber Landmarken AG, (LAG) „Althoff Quartier“ von List Retail oder „Shopping Plaza“ von der Immobilien-Treuhand GmbH (ITG) – die drei von der Stadt mit Unterstützung der Büros Stadt + Handel und Neufeld ausgewählten finalen Konzepte fürs ehemalige Hertie-Haus im direkten Vergleich.

Nutzflächen

Hier gibt es bereits deutliche Unterschiede: Während die Landmarken AG für die Neuen Höfe mit 13 440 Quadratmeter plant (mit Nebenanlagen), stehen in den Entwürfen für die Shopping Plaza von ITG 16 150 Quadratmeter (ohne Nebenanlagen und Parkplätze) und fürs Althoff Quartier von List 23 099 Quadratmeter zu Buche. Die Differenz von bis zu 10 000 Quadratmetern ist leicht zu erklären: Während die LAG das Parkhaus neben dem Hertie-Haus integrieren (und zum Teil umbauen) will, planen List und auch ITG den Abriss des bestehenden Parkhauses, um einen Erweiterungsbau mit zusätzlichen Einkaufsflächen sowie Parkplätzen zu schaffen.

Einzelhandel

Zwischen den Polen „keine Angaben“ bis „sehr konkret“ schwanken die Konzepte in Bezug auf Mietinteressenten. Was die Bewerber verbindet: Alle drei planen mit einem Lebensmittelvollsortimenter. Der LAG-Entwurf sieht aber neben dem im Untergeschoss angesiedelten Lebensmittelmarkt nur einen weiteren Ankermieter vor, während List und ITG zahlreiche Interessenten für ihre üppigeren Verkaufsflächen aufführen. List benennt: Kaufland/Edeka, aus dem Textilbereich TK Maxx und Adler sowie Reno/CCC Shoes. Das Konzept von ITG hat ebenfalls einen hohen Konkretisierungsgrad. Aufgelistet werden: Edeka, Aldi, Rossmann, Expert (Elektro), Vedes Spielwaren, Intersport sowie Kaufhaus EK Bielefeld. Die Größen der Einzelhandelsflächen:
– LAG: 4607 m² auf drei Etagen (erstes Untergeschoss bis erstes Obergeschoss).
– List: 8572 m² auf zwei Etagen (Erdgeschoss und erstes Obergeschoss).
– ITG: 10 665 m² auf zwei Etagen (Erdgeschoss und erstes Obergeschoss).

Gastronomie

Das LAG-Konzept eröffnet Raum für zwei große Gastronomie-Betriebe auf insgesamt 1365 m², die sich zum Robert-Brauner-Platz öffnen sollen. List gibt nur 495 m² für Gastronomie an (ohne Details), während ITG hier 1180 m² vorsieht, und zwar unter anderem für eine größere Trend-Gastronomie wie Extrablatt oder Vapiano, eine Bäckerei und eine Espresso-Bar.

Dienstleistungen/Büros

Die Landmarken AG setzt in diesem Segment im Gegensatz zu den Mitkonkurrenten einen Schwerpunkt und plant 1741 m² im dritten Obergeschoss ein für Büronutzung, Praxis und Pflegedienst. Während List diese Komponente gar nicht berücksichtigt, geht ITG von 215 m² im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss für „Sanitätshaus, Friseur und Reisebüro“ aus.

Freizeit

LAG und List planen anders als ITG mit einem rund 2000 m² großen Fitnessstudio im zweiten Obergeschoss. List führt als Mietinteressenten „All-in-One-Fitness“ an. Das Studio ist zurzeit in Essen an zwei Standorten präsent.

Wohnen

Seniorengerechtes Wohnen auf 1196 m² (973 m² seniorengerechtes Wohnen, 223 m² Singlewohnungen) möchte die Landmarken AG im dritten und vierten Obergeschoss realisieren. List will auf 2366 m² im dritten und vierten Obergeschoss Singles, Studenten und Zwei-Personen-Haushalte unterbringen. Deutlich größer plant ITG mit rund 4100 m² fürs Wohnen. Konkret: 46 Generationenwohnungen im Hertie-Haus sowie ein Geschoss für Wohnungen auf dem Erweiterungsbau. Als mögliche Partner benennt ITG zwei örtliche „Player“: den DRK-Kreisverband Herne und Wanne-Eickel und den ASB-Regionalverband Herne-Gelsenkirchen.

Parken

LAG gibt 530 Parkplätze auf vier Ebenen des Bestandparkhauses an; einzelne Bereiche der Neuen Höfe sollen durch einen Umbau direkt ans Parkhaus angebunden werden. List geht von 311 Stellplätzen im ersten und zweiten Obergeschoss des Althoff Quartiers und ITG von 359 Stellplätzen in der Tiefgarage der Shopping Plaza aus.

Details/Besonderheiten

Die Vorgaben des Denkmalschutzes – Erhalt der Fassade beziehungsweise der Stahlstreben – erfüllen alle drei Konzepte. Und: Alle potenziellen Investoren planen mit einem Innenhof.