Herne. . In dem Wanne-Eickeler Volkstheater sehen zum Jahreswechsel wieder 1500 Gäste die Ruhrpott-Version von „Dinner for One“ mit Christian Stratmann und Thomas Rech.
Christian Stratmann wird sich spätestens am Mittwoch sein Kleid aussuchen. Gut, dass sein „Revuepalast“ in Herten einen Fundus hat mit Roben für den, sagen wir mal, nicht ganz so schmalen Herrn. Und wie jedes Jahr wird sich der Prinzipal des Mondpalastes am Silvestertag in die glamouröse Robe quetschen, notfalls unter Zuhilfenahme von Klebeband passend machen, was nicht passt, seine Ohrringe anlegen und auf die Bühne staksen, um ein knappes Stündchen lang mit „Dinner for Wan(ne)“, der Ruhrpott-Version von „Dinner for one“, das Jahr ausklingen zu lassen. Wie immer „unglaublich nervös“, das weiß er schon jetzt, und nicht richtig textsicher. Aber genau so wollen die Zuschauer ihren Wanne-Eickeler Theaterchef sehen. „Dat gleiche Spielken wie letztes Jahr?“ „Dat gleiche Spielken wie jedet Jahr!“
Seit zehn Jahren erlaubt sich Christian Stratmann jedes Silvester den Spaß, selbst auf der Bühne zu stehen. „Es muss ja nicht perfekt sein“, ist seine Devise. „Ich bin eben kein Schauspieler.“ Unverzichtbarer Partner ist Thomas Rech, sein früherer Intendant, der sich heute noch jeden 31. Dezember frei hält. Halten muss, besser gesagt, denn aussteigen ist nicht möglich, hat der Prinzipal beschlossen, und so wird Jaköbchen auch morgen wieder Omma Soffie in der Zechensiedlung zum 90. Geburtstag Essen auf Rädern servieren.
Kultsketch aus Engand umgeschrieben
Rech war es auch, der den englischen Kultsketch von 1963 so umschrieb, dass aus den ursprünglich 18 Minuten ein Ruhrgebiets-Stückchen in theaterüblicher Länge wurde. „Mal sind es 40, mal 45 Minuten, je nachdem wie ich in Form bin“, sagt Rech und lässt durchblicken, dass er meistens richtig gut drauf ist. Dann improvisiert er drauflos und nimmt Christian Stratmann auch schon mal sein Textblatt weg, was diesen komplett aus dem Takt bringt. In einer dazu erfundenen Rahmenhandlung führt Theaterinspizient Egon Pasulke (Dirk Emmerich) in die Geschichte ein. Der Kern des Stückes bleibt dagegen unverändert. Die Hauptrolle des trinkfesten Butlers spielt Rech selbst. Jaköbchen tischt „einen Hauch von Graupensuppe“ mit Kirschwässerken auf, anschließend Brathering mit „Wanner Flächenbrand“, gefolgt von Karnickel (mit Asti) und Eierlikör zum Pudding.
Vier Gäste an der Tafel
Zur Geburtstagsgesellschaft gehören in Wanne-Eickel weder Mr. Winterbottom noch Admiral van Snyder, sondern Obersteiger Klimaschewski, Tambourmajour Schwerdtfeger, Küster Behrend vonne Maria-Hilf-Kirche und Omma Soffies alte Flamme Hans-Werner Höttges, der stets zum Flirt aufgelegte Gründungsvorsitzende des Taubenvereins Wanne-Eickel. Und statt des Tigerfells liegt Pasulke als Stolperfalle auf dem Fußboden ...
Zehn Jahre geht das nun schon so, und ein Ende ist nicht in Sicht. „Für mich ist das ein großer Spaß“, erklärt Christian Stratmann, auch wenn er am Silvestertag richtig Stress hat. „Ich muss am Eingang stehen, mich dann in das Kleid zwängen, und nachher den Gästen auf Wiedersehen sagen“ - und das dreimal, um 16, um 18 und um 20 Uhr. Danach feiert er im Revuepalast, während Thomas Rech von seinen drei Kindern erwartet wird. Sie sitzen traditionell in der letzten Vorstellung. „Ich hör dann meinen Sohn das mitsprechen“, sagt Rech. Wie der Siebenjährige sind viele der 1500 Zuschauer pro Silvestertag Wiederholungstäter. Sie werden diesmal übrigens einen neuen Pasulke erleben. Dirk Emmerich hatte etwas anderes vor, an seiner Stelle spielt Axel Schönnenberg den Inspizienten. Zur Probe, so darf vermutet werden, wird es Christian Stratmann auch diesmal nicht schaffen. Dat gleiche Spielken wie jedet Jahr.
Im Theater: Die drei Vorstellungen im Mondpalast am Silvestertag sind seit Monaten so gut wie ausverkauft. Am Dienstagmittag meldete die Theaterkasse zwischen sechs und acht freie Plätze für die einzelnen Vorstellungen. Kartentelefon: WAN 588 999.
Im Fernsehen: Das WDR-Fernsehen strahlt am Donnerstag, 31. Dezember, um 21.45 Uhr wie in jedem Jahr eine 2007 gedrehte Fassung des „Dinner for Wan(ne)“ aus. In ihr spielt allerdings Silke Volkner anstelle von Christian Stratmann die Omma Soffie.