Herne. . Drei städtische Mitarbeiter beschäftigt und bezahlt die SPD-Ratsfraktion zurzeit. Die in Herne gängige „Ausleih-Praxis“ stößt auf Kritik.
Mit der Wahl von Frank Dudda hat es nicht nur in der Verwaltung personelle Veränderungen gegeben, sondern auch in der Geschäftsstelle der SPD-Fraktion: Die Genossen haben alle drei mit Dudda ins Rathaus gewechselten Mitarbeiter durch Stadtmitarbeiter ersetzt, die auf freiwilliger Basis von der Verwaltung an die Fraktion „ausgeliehen“ worden sind. Die in Herne seit 1985 gängige Praxis stößt nicht nur in der Opposition auf Vorbehalte, sondern auch bei Ratskooperationspartnerin CDU.
Wie berichtet, hat OB Dudda seinen bisherigen Fraktionsgeschäftsführer Lothar Przybyl zum Büroleiter im Rathaus gemacht. Bis 2009 war Przybyl Chef der städtischen Musikschule. Aus der SPD-Fraktion zurück in die Verwaltung wechselte nach sechs Jahren auch der frühere Ordnungsamtsmitarbeiter Mike Hoffmann. Bisher nicht bei der Stadt beschäftigt war Fraktionssekretärin Jasmina Ehrlich, die von Frank Dudda nach dem Wahlsieg ebenfalls mit in die Verwaltung genommen worden ist.
Im Gegenzug konnte die SPD drei neue Stadtmitarbeiter für die Fraktion gewinnen. Schierecks letzter OB-Referent Michael Hasler ist neuer Fraktionsgeschäftsführer. Zum Trio gehören außerdem Patrick Eikelkamp, der jüngst seine Ausbildung in der Verwaltung abgeschlossen hat, sowie die bisher in der städtischen Pressestelle beschäftigte Manuela Haake. Die drei Mitarbeiter werden von der SPD-Fraktion bezahlt. Sie blieben jedoch offiziell Mitarbeiter der Stadt und hätten ein „uneingeschränktes Rückkehrrecht“, so Stadtsprecher Christoph Hüsken.
Bei der Kommunalaufsicht gibt es keine rechtliche Bedenken. Auf Anfrage erklärt Christian Chmel-Menges von der Bezirksregierung Arnsberg, dass ein Oberbürgermeister ein „umfassendes Organisations- und Weisungsrecht“ besitze. Genehmigungen durch Arnsberg seien ebenso wenig nötig wie eine Berichtspflicht der Kommune.
Und wie fängt die Verwaltung den Mitarbeiterverlust auf? „Die Aufgabenverteilung wird einzelfallbezogen durch entsprechende organisatorische und personalwirtschaftliche Maßnahmen sichergestellt“, erklärt Stadtsprecher Hüsken auf Anfrage.
In einigen anderen Städten werde dieses Verfahren ähnlich praktiziert. Zum Beispiel: in Bochum, wie die dortige Pressestelle bestätigt. In der Nachbarstadt Gelsenkirchen rekrutieren die Fraktionen dagegen ihr Personal traditionell auf dem „freien Markt“.
Als „rechtlich wohl in Ordnung, aber politisch nicht ganz so eindeutig“ bezeichnete Linke-Ratsfrau Veronika Buszewski die Herner Praxis. Sie kritisiert unter anderem, dass die SPD-Fraktionsgeschäftsführung ein „Sprungbrett“ für Beförderungen sei - wie zum Beispiel bei Wolfgang Neige (HCR) und Horst Tschöke (GMH). Buszewski kritisiert zudem die Tatsache, dass die SPD aktuell gleich drei Stadtmitarbeiter beschäftige. Auch CDU-Fraktions-Chef Markus Schlüter stößt sich an der Zahl.
CDU kann Beförderunspraxis nicht nachvollziehen
Die Beschäftigung von Stadtmitarbeitern in den Ratsfraktionen sei grundsätzlich in Ordnung, sagt CDU-Fraktions-Chef Markus Schlüter. Überhaupt nicht nachvollziehbar ist für den Christdemokraten allerdings, dass in Herne Stadtmitarbeiter während ihrer Tätigkeit für die SPD-Fraktion von der Verwaltung befördert beziehungsweise höhergruppiert würden. Zwar übernehme die Fraktion die höheren Personalkosten, doch nach Rückkehr zur Stadt kämen aufgrund der Höhergruppierungen nur noch Führungspositionen für SPD-Geschäftsführer in Frage, so Markus Schlüter.
Ansonsten spreche aber nichts gegen das Verfahren, auch wenn es aus finanziellen Gründen eigentlich nur noch für die SPD als stärkste Fraktion in Frage komme, so Schlüter. Der CDU-Mann weiß, wovon er spricht: Die Herner CDU-Ratsfraktion hat vor Jahren mit Erwin Telkemeier auch einmal einen Stadtmitarbeiter als Fraktionsgeschäftsführer beschäftigt.
Insgesamt sieben Mitarbeiter haben dagegen die Sozialdemokraten seit 1985 in der Ratsfraktion beschäftigt. Aus Sicht der SPD hat sich das Verfahren bewährt – für beide Seiten. Zum einen beschäftige die Fraktion Mitarbeiter mit Verwaltungskenntnis. Andererseits erhielten Stadtmitarbeiter die Möglichkeit, auch „die andere Seite“ kennenzulernen, sagt Fraktions-Chef Udo Sobieski.
Der amtierende SPD-Fraktionsgeschäftsführer Michael Hasler weist die Kritik an der Beförderungspraxis zurück. Die Möglichkeit, beruflich weiterzukommen, mache den Job „attraktiver“. Das sei auch nötig, denn: Es sei gar nicht so einfach für eine Fraktion, Verwaltungsmitarbeiter zu gewinnen.
Stress, Zeitdruck und die Belastung seien „sehr speziell“. Michael Hasler: „Das ist nicht jedermanns Sache.“