Herne. . Manuela Wansel aus Herne kämpfte im Streik-Sommer in vorderster Reihe für eine Aufwertung der Berufe im Sozial- und Erziehungsdienst - vergeblich.
Vier Wochen lang sind im Sommer die städtischen Kindertagesstätten dicht gewesen, Verdi rief die Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst zum Streik auf. Mit Erfolg: Die Erzieher waren im Ausstand, die Kitas dicht. An vorderster Streikfront mit dabei war Manuela Wansel, Sprecherin der Verdi-Fachgruppe Kindertagesstätten. Nun, vor Weihnachten, ist bei ihr längst der Alltag eingekehrt. Und die Ernüchterung: „Wir haben fast nichts erreicht, die Macht der Arbeitgeber hat gewonnen“, resümiert die 49-Jährige. Und fügt an: „Das ist ein Schlag ins Gesicht der Erzieher.“
Zum Gespräch mit der WAZ trifft sich Manuela Wansel, die von Kollegen und Freunden nur „Elli“ genannt wird, in der Kita an der Ludwigstraße in Wanne. Denn dort stehen noch immer die Hauptforderungen der Gewerkschaft bunt auf Fenster gemalt: „Aufwertung jetzt“ und „Wir sind es wert“. Dazwischen: „richtig gut“. Richtig gut ist es für die Erzieher und Sozialarbeiter aber nicht gelaufen – trotz des harten Tarifstreits. Statt der geforderten Lohn-Erhöhung von durchschnittlich zehn Prozent habe es am Ende nicht mal 3,5 Prozent gegeben, und aufgewertet worden seien die Berufe schon mal gar nicht, kritisiert Wansel.
Deshalb sitzt der Frust tief. Bei ihren Kollegen, aber auch bei ihr. Hinzu kommt: Sie habe nach der Urabstimmung auch schon mal den Frust von dem einen oder anderen Kollegen abbekommen, sprich: sei mit verantwortlich gemacht worden für das schlechte Ergebnis. Nach dem Motto: Sie sei ja die zuständige Verdi-Sprecherin.
Das sind die „Menschen 2015“
Auch in diesem Jahr stellen wir wieder Menschen vor, die im abgelaufenen Jahr von sich reden gemacht haben: die etwas Besonderes geleistet, eine ungewöhnliche Idee gehabt haben, denen Gutes oder Schlechtes, ja Spannendes widerfahren ist.
Zum Auftakt stellen wir Manuela Wansel vor, die Sprecherin der Verdi-Fachgruppe Kitas. Die 49-Jährige, seit 1988 Erzieherin bei der Stadt, war Ansprechpartnerin der Verdi-Mitglieder aus dem Sozial- und Erziehungsdienst, die im Sommer streikten.
Sie ist gebürtige Wanne-Eickelerin, besuchte die Realschule an der Burg; heute lebt „Elli“ Wansel in Recklinghausen. Nach Stationen u. a. in den Kitas Hof-, Michael, Mont-Cenis- und Plutostraße ist sie seit zwei Jahren freigestelltes Personalratsmitglied.
Das sei sie, aber eben „nur“ ehrenamtlich, sagt die gebürtige Wanne-Eickelerin, die seit zwei Jahren freigestelltes Mitglied im Personalrat der Stadtverwaltung ist. Oder andersherum: „Ich bin Verdi-Mitglied wie alle anderen Erzieher auch, die gestreikt haben.“ Und doch hat sie sich kräftig reingehängt im Streik: Sie half, die Menschenkette vor dem Rathaus oder das Groß-Treffen im Mini-Zoo zu organisieren, sie brachte die Streiklisten in Kitas, hielt Ansprachen, stand Kollegen Rede und Antwort.
Streikhochburg Herne
Dass am Ende nichts bei dem Arbeitskampf herausgekommen sei, nennt die gelernte Erzieherin „ganz bitter“. Vor allem auch deshalb, weil Herne eine Streikhochburg gewesen sei, sogar die Sozialarbeiter hätten sich komplett eingereiht. „Ganz nüchtern“, sagt sie, bleibe festzuhalten: „Mehr war nicht drin.“ Auf ihrer Gefühlsebene, fügt sie an, gäre es aber noch immer: „Es ist eine Frechheit, dass die Arbeitgeber sagen, wie wichtig wir ihnen sind – um uns dann im Regen stehen zu lassen.“
Und wie ist das Verhältnis zu den Eltern, die während des Streiks über Tage, ja Wochen eine Betreuung finden mussten? Und denen die Erzieher nun täglich begegnen? „Wir wurden zum Teil persönlich angegriffen von Vertretern des Stadtelternrats“, erzählt Wansel. Und natürlich könne sie verstehen, dass viele Eltern in große Nöte gekommen seien. Allein: „Wir waren einfach dran, wir mussten dicht machen und raus auf die Straße gehen.“ Vielleicht, sagt sie, hätte mehr Druck der Eltern – nicht auf die Erzieher, sondern auf die Arbeitgeber – zu einem besseren Ergebnis geführt. Einem Ergebnis, fügt sie an, dass am Ende auch den Kindern zu Gute gekommen wäre.
Etwas Gutes, meint die Erzieherin, habe der Streik dann aber doch gehabt: „Das Selbstbewusstsein der Erzieher ist gewachsen, sie haben es geschafft, Forderungen zu stellen.“ Wer weiß, vielleicht können die Erzieher das im kommenden Jahr erfolgreich anwenden: Dann beginnt die Tarifrunde im öffentlichen Dienst.