Herne. . Der Boom der Pelzmode liegt lange zurück. Kürschner wie Klaus Wältermann führen einen Überlebenskampf - und sehen dennoch Chancen.
Als der Kürschnermeister und Mützenmacher Hugo Wältermann 1895 an der damaligen Hindenburgstraße 325 einen Kürschnerbetrieb eröffnete, konnte er nicht ahnen, dass sein Betrieb noch in der dritten Generation bestehen würde. „Ich bin schon stolz auf unsere Familientradition“, erklärt Klaus Wältermann und blickt auf 120 Jahre Kürschnerhandwerk in Wanne-Eickel zurück.
Der jetzige Inhaber übernahm das Geschäft 1988 von seinem Vater. „Eigentlich wollte ich ja studieren, doch dann nahm mich mein Vater mit auf eine große Pelzmesse nach Frankfurt. Als ich dort Promis wie Udo Jürgens und schöne Frauen in ihren Pelzroben sah, war ich von dem Gedanken fasziniert, diese tolle Bekleidung herzustellen“, erklärt der 63-Jährige mit einem Augenzwinkern.
Während des großen Booms in den 60er- und 70er-Jahren arbeitete er nächtelang durch, so groß war die Nachfrage für Pelzkleidung. „Man konnte sich der gesellschaftlichen Wertschätzung sicher sein. Es war für viele Menschen erstrebenswert, für Pelzmode zu sparen und sich etwas zu gönnen“, so Wältermann.
Heute hingegen herrsche eine gewissen Bescheidenheit, da die Nachfrage sehr stark nachgelassen habe. Grund: die kritische Berichterstattung. Diese sei überzogen und werde dem Pelz als natürliches Produkt nicht gerecht. Oder anders gesagt: „Wir produzieren nachhaltige, wärmende Mode aus den Zinsen der Natur. Damit meine ich natürliche, nachwachsende Ressourcen.“ Dabei hält er ein grün gefärbtes Iltisfell in der Hand, das er zu einer modernen Jacke fertigte. Auch wenn der große Boom der 70er- und 80er-Jahre vorüber ist, sieht er dieses Handwerk nicht ganz vor dem Aus: „Wir kämpfen zwar ums Überleben, aber die Besonderheit der Kürschnerei ist eben auch eine wirtschaftliche Chance.“
Viele junge Leute ließen geerbte Pelzwaren recyceln. Diese wirtschaftliche Nische nahm er zum Anlass, ein Tochterunternehmen zu gründen. „Ich habe eine Second-Hand-Firma gegründet und vermarkte Alt-Pelze weltweit. Es kommt vor, dass wir Nerze nach Südamerika oder Sibirien verkaufen.“ Es sei eine wirtschaftliche Chance, einen Trend aufzugreifen. „Dies sehen auch Kritiker als positiv an, alte Pelze nicht einfach zu entsorgen, sondern daraus warme Kleidung zu fertigen“, ergänzt Wältermann. In zwei Jahren geht er in den Ruhestand. Dann wird die Familientradition zwar ein Ende haben, aber es gibt einen Nachfolger. Sein langjähriger Mitarbeiter Edward Chrobok wolle das Ruder auf der Hauptstraße übernehmen.