Herne. . Diskussionsteilnehmer kritisierten die miserable Arbeit der Stadtverwaltungbei der Koordination von ehrenamtlichen Helfern.
Massiver Kritik war die Stadtverwaltung am Donnerstagabend im Awo-Heim in Herne-Mitte ausgesetzt. Bürger kritisierten auf einer Diskussion zum Thema „Menschliche Flüchtlingspolitik“ die schlechte Unterstützung der Menschen, die Flüchtlingen helfen wollen. Die Stadt hat dafür eigens zwei neue Stellen eingerichtet, die im „Koordinationsbüro zur Förderung der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit“ tätig sind. Doch, so meinte eine Zuhörerin im Publikum: „Seitdem dauert es noch länger als vorher. Das funktioniert überhaupt nicht. Wenn man dort anfragt, gibt es kaum Rückmeldungen.“ Fest steht: Wer Flüchtlingen helfen möchte und bei der Stadt Information sucht, muss erst einmal ein Formular ausfüllen – und dann warten, bis jemand antwortet.
Rund 30 Interessierte nahmen an der Veranstaltung mit dem Thema „Wie schaffen wir eine menschliche Flüchtlingspolitik in unserer Stadt?“ teil, davon einige mit Wut im Bauch. Auch der Mitorganisator des Abends, Gerd Müller vom Arbeitskreis Flüchtlinge Zechenring, äußerte vorsichtige Kritik: „Ab und zu muss man der Verwaltung auf die Füße treten.“ Ehrenamtliche brauchten beispielsweise dringend Schulungen, das würde die Behörde aber nicht anbieten. Außerdem fügte Müller an: „Die Ehrenamtsstelle der Stadt hat den Überblick über die Flüchtlingsarbeit überhaupt nicht.
Anja Stahl, Sprecherin des Herner Flüchtlingsrates, forderte eine Verfahrensberatung für Asylbewerber, viele Flüchtlinge würden sich im Gesetzesdschungel verirren und brauchten professionelle juristische Hilfe.
Unerwartet hoher Andrang
Die Stadt sei durch den unerwartet hohen Andrang von Flüchtlingen überfordert, meinte ein Zuhörer, und Carsten Tamm vom Sozialdezernat der Stadt machte mit Zahlen und Grafiken deutlich, warum die derzeitige Herausforderung derart übermächtig ist: Die Zahl der Asylbewerber in Deutschland sei ca. viermal so hoch wie noch vor einem Jahr, und entsprechend auch in Herne. 2805 Flüchtlinge leben derzeit in der Stadt, 600 davon in Notunterkünften. 730 Flüchtlinge wohnen in städtischen Heimen, rund die Hälfte davon aus Balkanländern, also mit einer sehr ungewissen Zukunft in Deutschland.
Wer Flüchtlingen helfen will, der braucht zuerst einmal selber Hilfe, muss lernen, wie man mit den Menschen umgeht, deren Sprache man nicht kennt und auch nicht deren Probleme, deren Vergangenheit, die oftmals unerträglich schrecklich ist. „Die Stadt hat hier die Verantwortung, die Ehrenamtlichen in die Flüchtlingsarbeit zu integrieren, damit die Menschen, die helfen wollen, nicht ins Leere laufen“, erklärte Tamm. Ein Diskussionsteilnehmer sah das jedoch völlig anders: „Die Behörden müssen die Schnapsidee aufgeben, Ehrenamtliche zu koordinieren. Die Verbände haben bei der Selbstorganisation der Ehrenamtlichen viel mehr Erfahrung.“
Behördendickicht ein Problem
Das Behördendickicht sei das größte Problem, meinte Gerd Müller und zeigte, wie es trotzdem geht: In den Flüchtlingsunterkünften am Zechenring packt er seit Jahren selbst an, malt, spielt und lernt Deutsch mit Kindern und Erwachsenen. Ein Formular hat er dafür nicht ausgefüllt.