Herne. . Hernes OB Horst Schiereck hat seine letzte Ratssitzung geleitet. Als Dank für seine Arbeit gab es Geschenke, lobende Worte – und zwei Umarmungen.
Schaut man bei Wikipedia nach, der freien Enzyklopädie im Internet, dann ist Horst Schiereck gar nicht mehr Chef im Rathaus. „Er war von 2004 bis 2015 Oberbürgermeister der Stadt Herne“, ist dort zu lesen. Richtig ist: Sein Nachfolger Frank Dudda tritt sein Amt erst am 21. Oktober an, bis dahin ist Horst Schiereck Oberbürgermeister. Und doch ist es für den 67-Jährigen – spätestens seit der OB-Wahl am 13. September – ein Abschied auf Raten. Siehe Montagnachmittag: Da leitete Schiereck seine letzte Ratssitzung.
Weil dadurch nach elf Jahren mit dem SPD-Mann an der Spitze des Rates ein Kapitel Stadtgeschichte zugeschlagen wurde, gab es warme Worte, Blumen, zwei Umarmungen und sogar Geschenke – natürlich vor der eigentlichen Sitzung, streng nach Protokoll.
Lob für gute Sitzungsführung
Erich Leichner, Bürgermeister und somit Stellvertreter Schierecks, ging sogar ans Mikrofon. Er bedankte sich bei seinem Parteifreund für die elfjährige gute Zusammenarbeit mit den Stadtverordneten „und die meistens faire Sitzungsführung“. Da Schiereck auch als Rentner künftig auf die kostspieligen Schulferien angewiesen sei – seine Frau ist Lehrerin –, schlug Leichner dem OB vor, sich etwas Geld dazuzuverdienen. Und zwar so, wie es die WAZ kürzlich vorgeschlagen hat: als Trainer für gute Sitzungsführung. „Dann sind wir alle topfit darin.“
Lob für Schierecks Sitzungsführung gab es auch von den Linken. „Das haben Sie erstklassig gemacht“, sagte Ratsherr Andreas Ixert, der mit einem Blumenstrauß nach vorne ging und eigens für diesen Anlasse einen schwarzen Anzug angezogen habe: „Ich werde Sie vermissen, deshalb trage ich Trauer“, erklärte Ixert, dessen Partei selten auf einer Wellenlänge mit dem scheidenden OB lag.
Auch die Grünen fochten über die Jahre manches Sträußchen mit Schiereck aus. Er sei nicht immer nett gewesen, manchmal sogar mies, sagte Fraktionschefin Dorothea Schulte am Mikrofon. Um einzuschränken: „Sie sind in den letzten Jahren wesentlich gelassener geworden.“ Trotz aller Kritik gab es persönliche Geschenke: Schulte überreichte Schiereck eine Papiertasche, drinnen waren selbst gemachter Sanddornlikör aus Früchten von der Königsgruber Halde sowie selbst gemachte Marmelade von einer Herner Streuobstwiese und nicht zuletzt eine Flasche Wein.
Von den beiden großen Parteien SPD und CDU gab es Blumen – und besagte Umarmungen: Frank Dudda, der scheidende SPD-Fraktionschef, herzte seinen Vorgänger einmal kurz vor der Bank des Rathauschefs, da nutzte auch Horst Severin, der ebenfalls mit Blumen von der CDU bereitstand, die große Chance, einmal die Arme um den Oberbürgermeister schließen zu können.
Grünen-Kritik an Dudda
Alles gut? Nicht ganz: Dass der scheidende SPD-Fraktionschef Dudda nicht selbst das Wort ergriffen und ein paar Abschiedsworte für seinen Nachfolger gesprochen, sondern Bürgermeister Leichner nach vorne geschickt habe, das habe sie „völlig irritiert“, sagte Grünen-Fraktionschef Schulte nach der Sitzung. In Richtung ihres ehemaligen Kooperationspartners ätzte sie: „Es gehört sich, seinen Nachfolger in guter Art persönlich zu verabschieden.“