Herne. . Die Hühnerleitersiedlung in Wanne bietet manche Überraschung: So wächst dort eine Palme - und mitten im dortigen Schalke-Land gibt es kühne BVB-Fans.

Wanne, das wissen Eingeborene bestens, ist beinahe schon so etwas wie der „Parkplatz“ für die Schalke-Arena. Auf Grund der räumlichen Nähe ist die Dichte der S04-Fans in Wanne ziemlich hoch. Die Hühnerleitersiedlung macht da keine Ausnahme, wie ein kleiner Spaziergang offenbart.

An den Fahnenmasten in den Gärten weht vielfach die königsblaue Fahne. An der Mathilden­straße 16 blickt die Briefträgerin stets auf das Schalke-Logo, wenn sie die Post bringt. Es prangt auf dem Briefkasten. Es ist längst nicht das einzige Logo an, im und hinter diesem Haus. Das gehört Dietmar Meyer. Obwohl sich die WAZ und Bezirksbürgermeister Ulrich Koch, der uns beim Spaziergang begleitet, nicht angekündigt haben: Meyer öffnet gerne seine Tür.

Er lebt seit Jahrzehnten in der Hühnerleitersiedlung. Meyer ist im Vorruhestand, zuvor hat er 34 Jahre als Hauer vor Kohle gearbeitet. Auf insgesamt acht Zechen sei er eingefahren, erzählt er. „War ‘ne schöne Zeit.“ Spricht man mit Bergleuten, schimmert in ihren Worten immer ein Bedauern über das Ende des deutschen Steinkohlebergbaus 2018 durch.

Meyer hat das Haus an der Mathildenstraße gekauft, nachdem es die Veba in den 80er-Jahren renoviert hatte. Im Garten hat er die Gartenlaube, gemeinsam mit Kollegen, um- und ausgebaut. Das heißt: Eine große Schalke-Fahne und diverse andere Fanartikel machen die Laube beinahe zu einer Art Schrein. Für die nötige Geselligkeit sorgt eine stattliche Bar mit Theke. Man spürt: An der Mathildenstraße lebt das klassische Ruhrgebiet. Mit ganz kleinen Abweichungen, wenn man auf Details achtet. Selbstverständlich werden viele der großzügigen Gärten noch für den Anbau von Obst und Gemüse gebaut, doch in einem Garten wiegen sich die Blätter einer Palme im Wind - Karibikflair in Wanne-Nord...

Super sei es in der Siedlung, so Meyer, der selbstverständlich auch ein Schalke-T-Shirt trägt. Die Bewohner kämen untereinander bestens klar. Man kennt sich, man schätzt sich. Diese Erkenntnis erschließt sich um so mehr, wenn man weiß, dass der Anteil der türkischen Anwohner stattlich ist.

Von einem friedlichen Nebeneinander berichtet auch Ulrich Koch. Was er damit meint, offenbart ein Blick auf die andere Seite der Emscherstraße. Dort liegt der Tennisclub Blau-Weiß Wanne. Tennis und Bergarbeitersiedlung - da treffen eigentlich zwei grundverschiedene Welten aufeinander. Doch Probleme habe es zu keiner Zeit gegeben, erzählt Koch, der sich selbst vor Jahren in dem Club engagierte.

Die friedliche Ko-Existenz pflegt auch Meyer. Warum? Ein Nachbar ist so kühn und hat mitten im Schalke-Land eine BVB-Fahne in seinem Garten gehisst. Meyer: „Ist trotzdem noch mein Freund.“