Die DLRG in Wanne-Eickel feiert an diesem Samstag ihren 90. Geburtstag. Die WAZ sprach aus diesem Anlass mit Vize-Chefin Ursel Müller.
Die DLRG Wanne-Eickel hat Grund zu feiern: Am heutigen Samstag zelebriert die Ortsgruppe ihren 90. Geburtstag, vor allem aber ist kaum ein Verein so gut aufgestellt wie die Lebensretter aus Unser Fritz. Die WAZ sprach mit Ursel Müller (70), der stellvertretenden Vorsitzenden.
Frau Müller, viele Vereine klagen über Nachwuchssorgen. Die Deutsche Lebens-Rettungsgesellchaft, kurz DLRG, in Wanne-Eickel aber sagt: Uns geht’s gut. Wie kann das sein?
Müller: Wir haben 1000 Mitglieder, davon sind drei Viertel Kinder und Jugendliche – Nachwuchssorgen haben wir wirklich nicht, wir sind der größte Wassersport betreibende Verein in Herne, sogar größer als der Ruderverein Emscher. Das funktioniert nur, weil wir viel Werbung machen und uns in der Öffentlichkeit zeigen. Schauen Sie sich die ganzen Feste an, die wir veranstalten: Daran verdienen wir nix, es geht nur um Werbung für die DLRG. Außerdem profitieren wir davon, dass die Mondritter seit Jahresbeginn den Jahresbeitrag für alle Wanne-Eickeler Grundschulen bezahlen. Das sind jeweils 60 Euro, dadurch können die Kinder günstig an unseren Kursen teilnehmen. Deshalb boomt im Moment die Schwimm-Ausbildung.
Noch vor ein paar Jahren war die DLRG in einer ernsten Krise. Ist die überstanden?
Als der Kanal verbreitert wurde, hat uns jahrelang ein Bauzaun den direkten Zugang zum Wasser abgeschnitten. Die Arbeiten haben sich in die Länge gezogen, in der Zeit haben wir 200 Jugendliche verloren. Ich konnte sie verstehen, was sollten sie auch bei der DLRG, wenn sie nichts machen konnten. Aber inzwischen haben wir viele Mitglieder zurück gewonnen.
Wozu braucht es überhaupt die DLRG? Das Schwimmen im Kanal ist gar nicht erlaubt.
Offiziell ist es verboten, aber es wird stillschweigend geduldet. Wir betreuen neun Kilometer Strecke zwischen den Stadtgrenzen zu Gelsenkirchen und Castrop-Rauxel. Ärger haben wir vor allem mit Brückenspringern. Es gab auch schon Unfälle, wenn die zum Beispiel auf ein vorbeifahrendes Ruderboot geprallt sind – zum Glück gingen die halbwegs glimpflich aus. In letzter Zeit haben wir aber keine schweren Unglücke gehabt. Manche Jugendliche beschweren sich: Boah, hier ist ja nix los. Ich sage dann immer: Mensch, seid doch froh!
Von 90 DLRG-Jahren in Wanne-Eickel haben Sie fast 50 aktiv miterlebt.
Nicht nur der Verein, der ganze Stadtteil hat sich sehr verändert. Als ich Ende der 60-er zur DLRG Wanne-Eickel kam, waren drüben neben der heutigen Künstlerzeche nur Bäume und Büsche, an der Stelle, wo nun unser Vereinsheim steht, war Brachland. Dazu ist an der Alleestraße eine ganz neue Siedlung entstanden.
Wie haben Sie den Neubau des Vereinsheims erlebt?
Wir hatten früher einen ausrangierten Eisenbahnwaggon, das war unsere Rettungswache. Als der Kanal verbreitert wurde, musste der Waggon weg, und wir mussten uns was überlegen. Zuerst hatten wir an Container gedacht, aber da sagte mein Mann: Quatsch, lieber was Richtiges. Also haben wir das Grundstück gekauft und das Haus gebaut. Wir haben nur so viel Geld ausgegeben, wie wir wirklich hatten. Deshalb hat der Bau neun Jahre gedauert – aber wir haben keine Mark Schulden gemacht.
Viel Risiko für einen gemeinnützigen Verein. Haben Sie über die Mitgliedsbeiträge hinaus noch Einnahmen?
Letztes Jahr hatten wir Glück, da hat ein Gericht uns insgesamt 10 000 Euro an Bußgeldern zugesprochen. Davon haben wir den Parkplatz asphaltiert. Ich würde mir aber wünschen, dass wir mehr Unterstützung von der Stadt und von Sponsoren bekämen. Allein der Sprit für die Boote kostet pro Saison um die 600 Euro. Oder dass man uns mal 20 Kisten Mineralwasser überlässt. Für die Stadt oder eine Firma wäre das ein Klacks. Für uns sind das große Summen.
Stört es Sie, wenn jemand Sie Oma nennt?
Ach was, in Wanne bin ich bekannt als „die Omma von der DLRG“. Da habe ich gar kein Problem mit. Manchmal habe ich in der Schwimm-Ausbildung Kinder, deren Großeltern schon bei mir schwimmen gelernt haben.
Stimmt es, dass die DLRG sogar verantwortlich dafür ist, dass es Sie nach Wanne-Eickel verschlagen hat?
Ja, über meinen Mann, den ich während einer DLRG-Sommerfreizeit in Südfrankreich kennengelernt habe. Er ist Wanne-Eickeler, deshalb bin ich 1969 hierhin gezogen. Ich bin in Warburg bei Paderborn geboren und habe später in Münster gelebt. Damals hätte ich nie gedacht, dass ich in Wanne eines Tages so bekannt sein würde. Es gibt hier kaum jemanden, der mich nicht kennt.
Und Sie wurden ausgezeichnet, haben sogar das Bundesverdienstkreuz für Ihr Engagement für die DLRG erhalten.
Ach, das ist Nebensache. Es gibt Leute, die hängen sich das an die Wand – so etwas würde ich nie machen. Man nimmt’s an, weil’s Werbung für den Verein ist. Aber ich weiß nicht mal, welcher Bundespräsident die Urkunde unterschrieben hat. Die liegt zuhause irgendwo in der Schublade.