Herne. . Barzan Ramo flüchtete vor drei Jahren aus seiner Heimat. In Herne, klagt der 26-Jährige, findet er keinen Job und keinen Anschluss. Zukunft ist nach einem Jahr weiter ungewiss.
Als er seine Heimat verließ, da war Barzan Ramo 23 Jahre alt, ein junger Chemie-Student, kurz vor seinem Abschluss. Er lebte in Qamischli, eine Stadt im Nordosten Syriens, an der Grenze zur Türkei. Heute ist Barzan Ramo 26 Jahre, der junge Mann mit dem lockigem Haar und den hellwachen Augen lebt jetzt schon seit über einem Jahr in Herne – fühlt aber, dass er noch immer nicht angekommen ist.
„Ich möchte mich in die Gesellschaft eingliedern, ich wäre gerne ein Teil des Systems, aber es ist schwer.“ Was er sich wünscht? „Natürlich würde ich gerne arbeiten“, sagt er. Barzan Ramo läuft durch die Wohnung in der Flüchtlingsunterkunft an der Dorstener Straße, die teilt er sich mit fünf weiteren Männern aus Syrien. Ramo spricht gut Deutsch. Er besuchte Kurse der Awo, der VHS, auch eine ehrenamtlich engagierte Frau half dem Syrer beim Lernen. Er hatte Glück. Glück, das viele seiner Leidensgenossen nicht haben. Es gibt kein Anrecht auf Sprachkurse, lediglich die Möglichkeit des Besuchs. Und auch hier gilt natürlich: Freie Plätze müssen da sein. Der junge Mann aus Syrien kämpfte sich durch, ist klug, ehrgeizig. Aber arbeiten darf er nicht. So wollen es die Gesetze.
Arbeit zu finden ist schwer
Die ersten drei Monate nach der Einreise haben Flüchtlinge ein Arbeitsverbot, anschließend einen nachrangigen Arbeitsmarktzugang. Sollte eine Stelle gefunden werden, muss sie über die Ausländerbehörde genehmigt werden. „Das bedeutet, dass erst geprüft wird, ob nicht ein Deutscher oder ein EU-Bürger die Stellen annehmen könnte“, erklärt Anja Stahl vom Flüchtlingsrat Herne. „Das kann zwischen drei und vier Wochen dauern. Ein weiteres Problem, da viele Arbeitgeber rasch eine Arbeitskraft benötigen“, weiß Anja Stahl. Eine Arbeit zu finden ist für Flüchtlinge nur dann möglich, wenn sie über gute Kontakte und Netzwerke verfügen. Gerade diese Netzwerke aber fehlten vielen Flüchtlingen, wie Barzan Ramo bedauert. „Gerne wäre ich mehr mit Deutschen zusammen.“ Gemeinsam auf dem Fußballfeld stehen, zusammen kicken, später noch etwas plaudern, das wäre ein Ansatz. „Doch die meisten Menschen bemerken uns nicht.“
Barzan Ramo möchte nicht nur von der Gesellschaft geduldet werden, er möchte dazugehören. Seine Mutter und die fünf Geschwister leben noch immer in der Türkei, in Istanbul. Er selbst flüchtete nach Bulgarien, ein Weg, der ihm sehr schwer fiel. Menschenschmuggler brachten ihn durch den Wald der türkisch-bulgarischen Grenze in das junge EU-Land. Er arbeitete für „Médecins Sans Frontières“, eine humanitäre internationale unabhängige Organisation. Doch Barzan wollte weiter, wünschte sich, es bis nach Deutschland zu schaffen. „Ich wollte nach West-Europa, wollte eine gute Zukunft“, sagt er. „Hier gibt es doch die besten Möglichkeiten.“ Doch sein Verfahren läuft noch immer, nach über einem Jahr sei seine Zukunft noch immer ungewiss, weil er über Bulgarien und nicht direkt aus Syrien nach Deutschland kam, klärt Brigitte Bartels vom Fachbereich Soziales die Lage. Brigitte Bartels betont, dass es auf der anderen Seite in Herne viele Sozialarbeiter und Ehrenamtler gebe, die sich um die Probleme der Flüchtlinge kümmerten. Auch Anja Stahl sagt: „Am Zechenring haben viele Ehrenamtler zahlreiche Kurse ins Leben gerufen. Es ist schön, dass sich dort etwas entwickelt hat.“
Für Barzan Ramo reicht das aber nicht aus. Er sagt: „Ich wünsche mir einfach mehr Zivilcourage.“