Herne. . Viel Applaus für Bernd Staklies und Lucas M. Werner im Tigerpalast. Produktion verbindet Elemente von Schauspiel, Körpertheater und Lichtshow.
Nur selten haben Zeus und Co. aus der griechischen Mythologie einen großen Auftritt in der Öffentlichkeit; die Allmächtigen sind anno 2015 aus der Mode geraten. Doch in Bernd Staklies „Prometheus-Projekt“ im Tigerpalast beherrschen sie auf der Bühne die Welt und die Gegenwart.
Der Theater-Chef verschmilzt in einer ungewöhnlichen Produktion Elemente von Schauspiel, Körpertheater und Lichtshow. Verbaler Schlagabtausch und reales Muskel-spiel wechseln sich ab, und das Premierenpublikum reagiert begeistert auf diese Kombination. Der Applaus gilt wohl in erster Linie dem Körpereinsatz des jungen Lucas M. Werner, der am Ende verschwitzt im Scheinwerferlicht steht. Auch die Rolle des schönen Apollon wäre Bernd Staklies’ Sohn auf den gut gebauten Leib geschneidert, aber er verkörpert im Tigerpalast Prometheus, den rebellischen Menschenfreund. Als solcher fordert er die Götter zum Kampf heraus, und bei diesen Action-Szenen gegen unsichtbare Gegner kommt der 21-Jährige den Grenzen der kleinen Bühne beängstigend nahe, die für kraftvoll-elegante Bodenakrobatik knapp dimensioniert ist.
Menschen mit Ablenkung versorgt
Prometheus’ Gegenspieler ist Göttervater Zeus, und in dieser Rolle fühlt sich Bernd Staklies richtig wohl. Er gibt den Herrn des Olymp als abgebrühten, zynischen Geschäftsmann, der die Macht über alles liebt. Zeus und Prometheus hecheln bei ihrem Treffen zunächst die Verwandtschaft durch und enden bei den blutigen Kapiteln der göttlichen Geschichte. Denn nichts können die Götter so gut und ausdauernd wie streiten. Prometheus ist des blutigen Gemetzels müde, er wünscht den Menschen, die er geschaffen hat, nur das Beste und will es mit ihnen teilen. Zeus will die Welt für sich. Er versorgt die Menschen, die er verachtet, mit Ablenkung: Mit Internet und Instagram, mit iPads und Smartphones. Denn sie wollen nur spielen. Was ihnen fehlt, ist Geist und Vernunft: Diesen göttlichen Funken entwindet Prometheus aus Zeus Hand und schenkt ihn seinen geliebten Menschenkindern. Für den Gewaltakt muss er büßen. Doch seine Idee ist unsterblich, am Ende beherrscht die Prometheus-Gestalt die Bühne, und er triumphiert mit Goethes Ode über die Götter: „Hier sitz’ ich, forme Menschen nach meinem Bilde.“
Vater und Sohn haben das Stück gemeinsam erarbeitet. Ihre spielerische Auseinandersetzung mit dem üppig besetzten Personaltableau des Olymp ist ein bisschen lang geraten. Lucas Werners körperbetonte Einsätze kommen zur rechten Zeit und sind schön inszeniert, ebenso wie das rasante Spiel mit dem hellen Licht des Geistes auf dunkler Bühne. Dann schaut und staunt das Publikum, und die pädagogische Absicht des Stücks legt die verdiente Pause ein.