Herne. . Was sich Flüchtlinge wünschen – wenn sie in Deutschland leben dürfen. Das Eine-Welt-Zentrum nimmt an einer Kampagne der Bundesregierung teil.

Zwei Welten prallen am Mittwochnachmittag aufeinander, oder ganz viele und das auch noch im Eine-Welt-Zentrum. Eine Wohlfühl-Kampagne der Bundesregierung, die feststellen will, was die Menschen in Deutschland – über den schnöden Mammon hinaus – glücklich macht. Und Flüchtlinge aus aller Herren Länder, von denen manche froh wären, wenn sie überhaupt in Deutschland bleiben dürften. Und nicht – wie Enner Toveriani aus dem Kosovo – bald abgeschoben werden sollen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Stellvertreter Sigmar Gabriel haben den sogenannten „Bürgerdialog“ initiiert, der unter dem Motto „Gut leben in Deutschland“ mit über 100 Veranstaltungen über das Land verteilt herausfinden soll, was die Bürger wünschen. Nur ein einziges Mal werden – allerdings – Flüchtlinge befragt. Und das haben sich das Forum Menschenrechte in Wuppertal und das Eine-Welt-Zentrum Herne auf die Fahnen zu schreiben, die sich für das Forum bewarben. Und so saßen gut 20 Migranten im Stuhlkreis und berichteten von ihren Lebens-Träumen. Moderiert wurde das Ganze von einem Mitarbeiter einer Kommunikations- und Strategieberatung, die den Auftrag von der Bundesregierung ergattert hatte. Für Hans-Peter Meister war es das erste Mal, dass er „Gut leben in Deutschland“ leiten dufte. Zwei Vertreter der Bundesregierung führten Protokoll, später soll man alles im Internet nachlesen können.

Meister verteilte bunte Karten, insgesamt dreimal sollten die Flüchtlinge im Laufe der Veranstaltung ihre Wünsche darauf schreiben oder das, was sie in Deutschland toll finden oder was man hier besser machen sollte. Oder alles, so genau wusste das niemand. „Saubere Stadt“, schreibt eine Frau aus Ägypten beispielsweise. Andere schreiben Familie, Gesundheit oder Bildung und ein Mann aus Syrien notiert: „Gott sei Dank bin ich in Deutschland in Sicherheit!“

Das Elementarste – und das wünschten sich alle Anwesenden, egal ob aus Vietnam, dem Irak oder dem Niger – ist Arbeit und eine gute Ausbildung. „Mir geht es eigentlich ganz gut hier“, erzählte Jean Marc Behalal im Gespräch mit dieser Zeitung. Aber einen festen Job hätte er gerne, arbeitet nur als Aushilfe in einer Kanzlei, weil er in Kamerun Jura studiert hat. In seiner Heimat sei er verfolgt worden, weil er sich für Menschenrechte einsetzte und dabei mehrmals in Polizeigewahrsam gelandet.

Pfarrer ist skeptisch

Ein junger Mann aus dem Kongo schreibt „Auto“ auf seinen Zettel, Emid aus Syrien „good Job“ und der 18-jährige Awad aus dem Irak „ein gutes Leben, einen Job und sicheres Umfeld“. Erst in der dritten Runde dann, nach der Pause, gehen die Flüchtlinge ans Eingemachte, schildern ihre Nöte in diesem Land, kritisieren alltägliche Verletzungen ihrer Menschenwürde und erbärmliches Verhalten deutscher Behörden.

Teilnehmer aus dem Eine-Welt-Kreis, die den Flüchtlingen zur Seite stehen, erwarten von der Aktion der Bundesregierung keine großen Erfolge. Auch Pfarrer Martin Domke, der das Eine-Welt-Zentrum leitet, nicht. „Die Menschen freuen sich natürlich, endlich mal eine Plattform zu bekommen. Aber es wird sich noch herausstellen, ob hier nur Nebelkerzen gezündet wurden oder ob etwas Substantielles dabei herauskommt.“

Fest steht jedenfalls, das die Bundesregierung es dem jungen Mann aus Eritrea nicht Recht machen kann: Mohamedsied Behret scheint sogar in seinem dicken Winterpullover noch zu frieren und sich nur eines zu wünschen: mehr Sonne, viel mehr Sonne.