Herne. . Der Verband Bildung und Erziehung hat vor wenigen Wochen die digitale Ausstattung an Schulen kritisiert. Doch in Herne ist man offenbar zufrieden.
Die Kritik des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) vor wenigen Wochen war harsch: „An den Schulen bestehen unhaltbare Zustände“, hatte VBE-Bundesvorsitzender Udo Beckmann mit Blick auf die IT-Ausstattung gesagt. Die digitale Schule werde als Privatangelegenheit auf die Lehrer abgeschoben. Es gebe überalterte Technik, Schulen werde eine zeitgemäße IT-Ausstattung (also Computer und Internetzugang) verweigert. Die WAZ Herne hat in Herner Schulen nach der Ausstattung gefragt. Das Ergebnis: Der überwiegende Teil ist zufrieden mit den bestehenden Möglichkeiten.
Wie in der Realschule an der Burg in Eickel: An diesem Morgen widmen sich die Mädchen und Jungen der Klasse 5c dem Reimschema und bilden dazu Wortpaare wie Krücke und Mücke oder Mutter und Butter. Allerdings: Alle Kinder haben ein Laptop vor sich aufgeklappt und tippen die Wörter ein statt sie in ein Heft zu schreiben. Später tragen die Schüler in Gruppen das Wilhelm-Busch-Gedicht „Fink und Frosch“ vor. Das wird mit Lautsprechern aufgezeichnet und noch mal abgespielt, damit die anderen Schüler den Vortrag bewerten können. Alle Ergebnisse können gespeichert und in späteren Unterrichtsstunden wieder abgerufen werden.
Die Arbeit mit und an dem Laptop geht inzwischen deutlich über das Reimen hinaus. Bilder können mit dem Programm „Paint“ auf den Bildschirm gemalt werden, die Realschüler haben auch schon Filme zum Satz des Pythagoras erstellt. In Mathe gibt der Rechner eine Rückmeldung, ob die Aufgabe richtig gelöst ist. So wird der Lernweg transparent.
Doch ganz so schnell neigt sich die „Kreidezeit“ nicht dem Ende zu, die Tafel ist nach wie vor wichtiger Bestandteil des Unterrichts. „Etwa 20 Prozent finden mit dem Notebook statt“, sagt Lehrer Stefan Kindermann. Und: Die Programme orientieren sich an den Schulbüchern. Der Rechner ist eine Ergänzung.
An der Realschule verfügen immer mehr Kinder über diese Ergänzung. Von etwa 500 Schülern haben bereits fast 300 ein Notebook, die Tendenz ist steigend. Die Perspektive: eine hundertprozentige Versorgung. Möglich wird dies durch die Option, ein Laptop entweder zu kaufen oder es für 30 Euro im Monat zu leasen. Dies ermögliche es Familien, einen Computer anzuschaffen, Einkommensschwache könnten gefördert werden, so Kindermann. Bei den Laptops ist die private und die schulische Nutzung getrennt, die Schule spielt die Software für den Unterricht auf.
Im Großen und Ganzen kann die Ausrüstung der Schule als Vollversorgung betrachtet werden. Jeder Lehrerraum verfügt über einen Rechner mit Beamer, Lautsprecher und Leinwand, es gibt vier Smartboards mit Internetzugang, einen Informatikraum mit 18 Rechnern. Dass diese Ausrüstung mit den entsprechenden Lehrinhalten gefüllt wird, dafür sorgen nicht zuletzt fünf Informatiklehrer, von denen zwei Erfahrungen in Unternehmen haben. Stefan Kindermann bringt die Situation der Schule auf folgende Formel. „Es gibt eigentlich keine Situation, in der es keine Möglichkeit gibt, etwas mit dem Rechner zu machen.“
Whiteboards gehören inzwischen zum Standard
Eine komplette Darstellung der Computerausstattung aller Herner Schulen würde den Rahmen sprengen, deshalb nur einige Beispiel:
Das Otto-Hahn-Gymnasium (OHG) hat in 24 Räumen Whiteboards installiert. Bei den Boards handelt es sich um weiße Tafeln,auf die in digitaler Form geschrieben oder gemalt werden kann. Der angeschlossene Computer kann in der Art eines Touchscreens bedient werden, indem man z.B. auf die Menüs von Programmen wie Powerpoint, Excel, Browser tippt. Handschriftliche Notizen können unkompliziert in digitalen Text umgewandelt werden, die Schrifterkennung funktioniert sehr gut. Das OHG bietet vor Beginn des Schuljahres Schulungen an den Whiteboards an. Am OHG hält man die und methodischen Möglichkeiten der Boards für „bestechend“.
Zusätzlich stehen den Schülern zwei Informatik-Räume und ein mit PCs ausgerüstetes Selbstlernzentrum zur Verfügung. Das Lehrerzimmer und zwei weitere Arbeitsräume sind mit internetfähigen PCs bestückt, die die Lehrer bei der Unterrichtsvorbereitung unterstützen.
Das Gymnasium Eickel sieht sich laut Schulleiterin Magdalene van Merwyk „im Großen und Ganzen gut versorgt“. In allen Räumen gibt es Internetzugang, drei vollständig ausgestattete Computerräume stehen zur Verfügung, außerdem gibt es vier Smartboards, zahlreiche Dokumentenkameras sowie Beamer. Für Lehrer gibt es in einem Lehrerarbeitsraum neun Computerarbeitsplätze. Einige Lehrer verschicken Haus- und Lernaufgaben per Mail.
Das Haranni-Gymnasium hat inzwischen in den fünften Klassen eine Tablet-Klasse eingerichtet. Die läuft laut Koordinator Thorsten Wroblewski „richtig gut“, die Kinder würden sehr schnell eine Medienkompetenz entwickeln. Auch am „Haranni“ gehören Internetzugang, Whiteboards und Computerarbeitsplätze für Lehrer zur Ausstattung. Wroblewski: „Wir sind sehr zufrieden.“
Die Hauptschule Hölkeskampring nennt folgende Ausstattung:
Alle Räume sind vernetzt; in etwa zehn Klassenräumen steht je ein PC für die Schüler; zwei weitere Klassenräume verfügen über interaktive Tafeln; in zwei PC-Räumen gibt es je einen Lehrer- und insgesamt 26 Schülerarbeitsplätzen; in der Hausaufgabenbetreuung (Offener Ganztag) steht den Betreuern ein PC zur Verfügung.
Auch die Realschule Sodingen fühlt sich „im Rahmen des Möglichen ganz gut versorgt“. Die Schule ist voll vernetzt, auch dort gehören Whiteboards zum Standard. Darüber hinaus gibt es einen Medienwagen, um Rechner, Beamer etc. in verschiedenen Klassenräumen einzusetzen.
Einhetliche Ausstattung für Grundschulen beschlossen
Die Situation an den Grundschulen beschreibt Petra Schachner, Lehrerin an der Freiherr-vom-Stein Grundschule und Mitglied in der Projektgruppe Medien der Stadt Herne, so: In der Projektgruppe wurde eine einheitliche Ausstattung mit digitalen Medien beschlossen:
Pro Klasse ein Computer mit Flachbildschirm und Drucker; ein Computerraum mit 15 Computern mit Flachbildschirmen und einem Drucker; einheitliches Mobiliar – Tische und höhenverstellbare Drehstühle. Darüber hinaus sind fast alle Grundschulen vernetzt, so dass an jedem Arbeitsplatz auch das Internet genutzt werden kann. Jede Schule verfügt über einen Laptop und einen Beamer.
Medienbildung im Unterricht der Grundschulen, so Schachner, habe eine zentrale Bedeutung erlangt. Schon ab Klasse 1 lernten die Schülerinnen und Schüler den Umgang mit dem Computer. Sie arbeiteten mit ausgewählter Software oder mit online Programmen. Seit Jahren finanziere die Stadt Herne die Online-Programme Antolin (Leseförderung) und Zahlenzorro (Mathematik) für alle Grundschulen in Herne. In Klasse 3 und 4 nutzten die Schülerinnen und Schüler vermehrt das Internet zum Informieren und Recherchieren.