Während die Stadtwerke Herne nach eigenem Bekunden zurzeit rechnen, in welchem Ausmaß sie ihre Tarife im Frühjahr billiger anbieten, nimmt die Landeskartellbehörde die aktuellen Preise von landesweit 140 örtlichen Versorgern ins Visier, um Missbrauch ...
... aufzudecken Es ist eine drei- bis viermal jährlich stattfindende Routine-Abfrage der im NRW-Wirtschaftsministerium angesiedelten Behörde. Angesichts jüngster Prüfergebnisse des Bundeskartellamtes und der erst zum Oktober um mehr als 30 % erhöhten Preise der hiesigen Stadtwerke dürfte sie bei Verbrauchern indes auf außerordentliches Interesse stoßen.
Grund hierfür sind auch die jüngsten Missbrauchsverfahren des Bundeskartellamtes gegen 33 überregional tätige Gasversorger und die daraus resultierende Zusage von 29 Unternehmen, ihren Kunden in der Summe 127 Mio Euro aus ihrer Preissetzung von 2007 und 2008 zurückzuerstatten. Die nachträgliche Preissenkung ist Ergebnis eines sogenannten Vergleichsmarktkonzeptes, das das Bundeskartellamt bei seiner Missbrauchsaufsicht verwendet: So hatte die Behörde für das Jahr 2007 die Erlöse der untersuchten Unternehmen mit denen preisgünstigerer Anbieter verglichen. Das Amt stellte Preismissbräuche fest, mit den Unternehmen einigte man sich auf besagten, 127 Mio Euro schweren Vergleich.
Jetzt ist das Landeskartellamt an der Reihe. In dessen Aufgabenbereich fallen die Energieversorger, deren Netze nur in NRW liegen. Die Behörde werde "Anbieter, deren Preise auffällig über dem Landesdurchschnitt liegen, zur Stellungnahme auffordern und dort, wo es Anzeichen für Preismissbrauch gibt, Kartellverfahren zur Preissenkung einleiten", heißt es in einer Mitteilung des NRW-Wirtschaftsministeriums. Laut dessen Sprecher Joachim Neuser sind Ergebnisse in 14 Tagen zu erwarten. Im Zuge entsprechender Abfragen in der Vergangenheit seien jedes Mal "fünf, sechs Preismissbrauchsverfahren" eingeleitet worden.
Bisher waren die Stadtwerke Herne hierbei unauffällig geblieben. Mit Wirkung zum 1. Oktober jedoch hatte das kommunale Energieunternehmen seine Gaspreise um teilweise mehr als 30 % erhöht. Auch wenn die Stadtwerke ihre Preise im Gegensatz zu anderen Anbietern lange stabil gehalten hatten: So ein Aufschlag war zu jenem Zeitpunkt deutschlandweit einmalig . . .
Stadtwerke-Vertriebsleiter Andreas Meise sagte zur WAZ, die jüngste Erhöhung sei - als Plangröße - bereits bei der letzten Abfrage der Kartellbehörde im September Prüfgegenstand gewesen und nicht beanstandet worden. "Ich hoffe nicht, dass die weihnachtliche Bescherung jetzt noch kommt", so Meise mit Blick auf "eine Menge Arbeit", die zu leisten sei, würde das Landeskartellamt eine Stellungnahme zu außerordentlich hohen Preisen einfordern.
Nach einer aktuellen Zusammenstellung des Verbraucherportals Verivox.de stehen die Stadtwerke Herne beim Gaspreis für einen jährlichen Musterverbrauch von 20 000 Kilowattstunden im NRW-Vergleich zwangsläufig nicht mehr so gut da wie noch vor der Preiserhöhung im Oktober. Verivox vergleicht von 145 Anbietern deren günstigsten Tarife zum Stichtag 1. Januar 2009. Der Stadtwerke-Tarif "rewirflamme vario" landet dabei im oberen Viertel der teuersten Produkte. Mit 1644 Euro Kosten im Jahr liegt der Herner Musterhaushalt auf Platz 35 der teuersten Anbieter. Im Ruhrgebiet ist das Gas nur in den Städten Duisburg, Witten, Oberhausen, Mülheim/Ruhr und im Kreis Recklinghausen teurer als in Herne. Die Stadtwerke Essen sind mit 1430 Euro billigster Anbieter im Revier. Kunden in Bad Honnef schneiden im Vergleich am besten ab: Sie zahlen 1389 Euro für 20 000 Kilowattstunden.